1168/J XXIII. GP
Eingelangt am 04.07.2007
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Anfrage
des Abgeordneten Dr. Martin Graf
und anderer Abgeordneter
an die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend: Interventionen für Michail Cherney.
Über Michail Cherney, geboren 1952 in Usbekistan (auch Mikhail, Michael, Mike Chernoy oder Tschernoy genannt) wurde seitens des Bundeskriminalamtes 2005 ein Profil erstellt. Dem entsprechend besteht gegen Cherney ein Einreiseverbot in Frankreich wegen „Gefährlichkeit und Zugehörigkeit zur russischen Großkriminalität"; es laufen Ermittlungen in der Schweiz wegen „Verdachts der Geldwäsche"; Untersuchungen wegen „unklarer Transaktionen" in der BRD; es gibt eine Anklage wegen „Betrugs" in Israel; ein Verfahren wegen „Zugehörigkeit zu kriminellen Organisationen" in den USA sowie ein weiteres Einreiseverbot in Großbritannien und auch eines in Bulgarien.
Im Jahr 2002 drohte darüber hinaus wegen Politikerbestechung und Betrug die Aberkennung der Staatsbürgerschaft in Israel. Cherney wollte daraufhin nach Österreich einreisen, was ihm jedoch auf Grund der zahlreichen internationalen Ermittlungen und Anklagen vorerst verweigert wurde.
Gemäß einem Aktenvermerk des Bundeskriminalamtes vom 2.10.2003 (Bearbeiter: Bartl) fand am 30.9.2003 eine Besprechung mit GD Heinz Sundt von der Telekom Austria und Mag. Erich Zwettler u. a. vom Bundeskriminalamt statt. Dabei führte Mag. Zwettler aus, dass gegen den früheren Inhaber der bulgarischen MobilTel EAD, Michail Cherney, massive Vorwürfe existieren, die ihn als Mitglied einer kriminellen Organisationen aus den GUS vermuten lassen. Diesbezüglich würden aktuell polizeiliche Ermittlungen in mehreren westeuropäischen Ländern laufen. In Israel sei man bemüht, Cherney die israelische Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Im Zusammenhang mir dem offenkundig von der Telekom Austria beabsichtigten Kauf der bulgarischen MobilTel würden in Österreich derzeit journalistische Recherchen geführt, die offensichtlich auf negative Berichterstattungen zu dem beabsichtigten Kauf gerichtet sind. Im Klartext: Es war den Sicherheitsbehörden klar, dass es sich bei Cherney um ein gefährliches Individuum handelt.
Gemäß einem Aktenvermerk des Bundeskriminalamtes vom 22.10.2003 (Bearbeiter: Bartl) wurde Cherney im Mai 2003 in Visum erstellt. Dieses Visum sei auf Intervention des Kabinetts der Frau Außenministerin, damals Dr. Benita Ferrero-Waldner, erstellt worden und zwar mit der Begründung, dass größtes geschäftliches Interesse der BAWAG bestünde. Das Visum wurde ausgestellt, obwohl laut gegenständlichem Aktenvermerk Herr Reiserer, Leiter der Konsularabteilung bei der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv, seine Bedenken mitgeteilt habe, da er die Sache Cherney gut kenne und von in Israel laufenden Ermittlungen wisse.
Das auf Interventionen der damaligen Bundesministerin für äußere Angelegenheiten ausgestellte Visum war bis 26.11.2003 befristet. Cherney beantragte eine Verlängerung, der jedoch aus genannten Gründen nicht stattgegeben wurde. Daraufhin setzte eine neue Interventionswelle ein. Laut Aktenvermerk des BKA vom 1.12.2003 hat am selben Tag der „frühere politische Funktionär und nunmehriger Lobbyist und Wirtschaftstreibende" Josef Taus angerufen und sich betreffend
„Michail Cherney" erkundigt. Es wurde Taus mitgeteilt, dass eine neuerliche Visumausstellung nicht in Frage komme, weil „aufgrund einer Ausschreibung der französischen Sicherheitsbehörden im Sireneverbund" dem Antragsteller Cherney „keine Einreise in das Bundesgebiet gem § 10 Abs 2, Z 3 und 4 des Fremdengesetzes gestattet wird" und dass „aus Sicht der Kriminalpolizei ebenfalls erhebliche Bedenken dagegen bestehen." Bei seiner Befragung vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister am 27.6.2007 gab Taus zu Protokoll, dass er „aus Kreisen der Familie Schlaff' um diese Intervention gebeten worden sei.
Dies tat den Interventionen jedoch keinen Abbruch, denn nur 10 Tage später, am 11.12.2007 intervenierte der Generaldirektor der Casinos Austria, Leo Wallner für Cherney. Gem. „Notiz für den Herrn Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit" vom 15.12.2003 „relevierte GD Wallner/Casinos Austria die Sichtvermerks-angelegenheit Hr. Michael Cherney (ISR) und ersuchte, dass das BMI mit RA Dr. Winischhofer (Kanzlei Schuppich, Sporn und Winischhofer) Kontakt aufnehmen möge, der den Fall behandelt." Dr. Winischhofer ist der Rechtsanwalt von Michail Cherney. In der Notiz geht es noch weiter: „Zuletzt erging ein Schreiben von Fr. Dr. Schrefler-König/BMI an ÖB Tel Aviv am 9. Dezember (da. ZI. 1343.061/2-11/3/03), in dem mitgeteilt wurde, dass das Visum gem. § 11 Abs. 1 Z 1 FrG zu versagen wäre." Der Schlusssatz in der Aktennotiz ist fettgedruckt: „Laut GD Wallner würde der angegebene Visa-Versagungsgrund aber nicht mehr bestehen".
Letztendlich hatten die Sicherheitsbehörden nach Ablauf des Visums von Michail Cherney am 26.11.2003 kein weiteres Interesse, einen staatenlosen Oligarchen innerhalb der Landesgrenzen zu beherbergen. Es nutzen die Interventionen von Taus und Wallner offenbar nicht, das Visum zu verlängern. Jene Intervention von Ferrero-Waldner im Mai 2003 zur Ausstellung eines Visums hingegen schon.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage:
1) Ist Ihnen dieser Fall bekannt?
2) Mit welcher Begründung wurde interveniert?
3) Von welchen Stellen bzw. Personen wurde um Intervention ersucht?
4) Mit welcher Begründung?
5)
Wie oft und für wen wurde beim BMI betreffend Ausstellung
von Visa
interveniert (ab dem
Jahr 2000)?