1352/J XXIII. GP

Eingelangt am 10.07.2007
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ANFRAGE

 

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Rechnungshof-Bericht über den Verkauf von Bundeswohnbau­gesellschaften

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahr 2000 fasste der Bundesminister für Finanzen den Beschluss, die fünf Bundeswohnbaugesellschaften mit insgesamt 61.864 Wohnungen zu veräußern. Diese Maßnahme war Teil eines Regierungsprogramms, das eine Konzentration der staatlichen Leistungen auf Kernfunktionen und somit eine Veräußerung von Bundesbeteiligungen an Unternehmungen vorsah. Die daraus erzielten Erlöse sollten zur Tilgung der Staatsschulden und zur Verringerung des Budgetdefizits beitragen.

 

Entgegen dem Rat von Experten wurden die fünf Bundeswohnbaugesellschaften nur als Gesamtpaket angeboten, statt erlösmaximierende Einzelpakete zu schnüren. Dadurch entstand der Republik ein Schaden in der Höhe eines mehrstelligen Millionenbetrags.

 

Bei der Verkaufsabwicklung der BUWOG beanstandete der Rechnungshof nicht nur die extrem kostenaufwendige Abwicklung des Verkaufsverfahrens durch einen beauftragten Rechtsanwalt (Das Honorar des Rechtsberaters für das Verkaufsverfahren soll sich in einer Größenordnung über 600.000 Euro bewegt haben, und die Leistung wäre kostengünstiger durch BMF gewesen.), sondern auch die hohen Kosten (8 Mio Euro) durch die Beauftragung der Lehman Brothers mit der Beratungsleistungen (Bewertung, ... etc) und der Auslobung samt der Planung und Umsetzung des Verkaufs. Dabei sollen Tagsätze von bis zu 13.000 Euro gezahlt worden sein, obwohl das Sachverständigenwissen durch lokalen österreichischen Institutionen bereitgestellt wurde (vgl dazu Wahrnehmungsberichte des Rechungshofes 2003/4, III-51, XXII.GP und 2007/3, III-44, XXIII.GP).

 

Für die Geschäftsanteile wurden letztlich 860,78 Mio Euro bar erlöst, für die gleichzeitig verkauften Forderungen des Bundes gegenüber diesen Gesellschaften weitere 155,50 Mio Euro. Zusätzlich zu diesem Kaufpreis erfolgte die Übernahme der auf den 61.864 Wohnungen lastenden Schulden in Höhe von 1.436,40 Mio Euro, sodass das Gesamttransaktionsvolumen 2.452,68 Mio Euro betrug.

 

Dabei kritisiert der Rechnungshof (Bericht 07/3):

 

„Erlössteigernde Maßnahmen beim Verkauf wären möglich gewesen.

 

Der Verkauf von vier der fünf Bundeswohnbaugesellschaften erfolgte als Gesamtpaket. Nach Ansicht des RH wäre es zweckmäßig gewesen, auch im Rahmen der letzten Angebotsrunde Angebote für den Erwerb von einzelnen Gesellschaften bzw Teilpaketen einzuholen.

 

Die Folgewirkungen der Einräumung eines Vorkaufsrechts an der ESG Wohnungsgesellschaft mbH Villach für das Land Kärnten, dieses wurde allerdings nicht in Anspruch genommen, führte zu einer Erlöseinbuße von 3,61 Mio EUR.

 

Vor dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften hatte der Bund das Recht, für frei werdende Wohnungen Personen als Mieter vorzuschlagen (Einweisungsrecht). Der letztgültige Kaufvertragsentwurf ließ eine eindeutige Regelung hinsichtlich der Einweisungsrechte des Bundes bei 5.539 BUWOG–Wohnungen nicht klar erkennen.

 

Eine chronologische und durchgängige Dokumentation der von den Bietern im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Einzelnen vorgebrachten Änderungswünsche erfolgte nicht. Aus der Aktenlage konnte nicht nachvollzogen werden, nach welchen Gesichtspunkten die Änderungswünsche einzelner Bieter berücksichtigt wurden.“

 

Dadurch wurden weder das Ziel der Erlösmaximierung noch das zeitliche Ziel erreicht. Grob geschätzt entstand der Republik Österreich durch die Vorgangsweise des Kabinetts Grassers und des Ministers ein Erlös-Entgang in der Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags.

 

Als Erklärung dafür drängt sich die Vermutung auf, dass der ehemalige Finanzminister in einem näheren Verhältnis zu Lehman Brothers gestanden haben könnte, da ja auch andere Privatisierungen über dieses Konsortium abgewickelt wurden, das auch mit der Familie Swarowski in Kontakt stehen soll.

 

Zu untersuchen wären daher die Auftragsbeziehungen des damaligen Finanzministers zu Lehmann Brothers bzw ob weitere Beauftragungen im BMfF bzw unter Einflussnahme des Finanzministers bei der ÖIAG erfolgt sind.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.             Warum wurde nur das Gesamtpaket von vier Gesellschaften angeboten, statt einzelne Anbote einzuholen?

2.             Warum wurde dem Land Kärnten das Vorkaufsrecht ohne entsprechendes Entgelt eingeräumt, was sich letztlich als erlösmindernd herausstellte?

3.             Warum fehlt eine aktenmäßige Begründung?

4.             Können Sie ausschließen, dass rein politische Erwägungen – ein Entgegenkommen gegenüber Landeshauptmann Haider – dafür ausschlaggebend waren? Wenn ja, warum?

5.             Aus welchen Gründen nahm das Land Kärnten das Vorkaufsrecht nicht in Anspruch und tat dies aber erst am Tag des Verkaufs und „Last and Final Offers 2“, dem 15.Juni 2004, kund?

6.             Warum wurde eine derart knappe Entscheidung geduldet und letztlich auf einen 3% Aufschlag verzichtet?

7.             Wie können Sie die damit verbundenen Erlöseinbuße von 3, 61 Mio Euro rechtfertigen?

8.             Die kurzfristige Kaufoption für die ESG Villach führte zu einem Bietersturz, sodass der zuerst zweitgereihte Bieter auf Grund seines höheren Anbots für die ESG Villach den Zuschlag bekam. Wodurch können Sie Absprachen zwischen dem Land Kärnten und dem Bieter ausschließen, da ja aus dem Schreiben des Landtages die Kenntnis über die Bieter hervorgeht?

9.             Nach welchen Gesichtspunkten wurden die Änderungswünsche einzelner Bieter zu den Vertragsentwürfen berücksichtigt, warum liegt keine durchgängige Dokumentation vor?

10.        Der Wert der BUWOG-Wohnungen liegt vor allem in der Verkaufsoption. Diese war jedoch durch die Einweisungsrechte des Bundes vorerst nicht gegeben.  Wodurch können Sie ausschließen, dass zum Zeitpunkt des Zuschlags im Juni 2004 bereits eine informelle Abmachung über den Verzicht der Einweisungsrechte an den 5.539 BUWOG-Wohnungen zwischen dem Bieter 1 und der Republik bestand, da ja bereits mit Vertrag vom 18.2.2005 der Bund endgültig auf diese Rechte verzichtete?

11.        Wie können Sie sich diese Vorgangsweise angesichts der Tatsache erklären, dass bereits am 26.4.2004 der zweite, nicht erfolgreiche Bieter einen Verzicht des Bundes auf die Einweisungsrechte verlangte?

12.        Welche Rolle spielten bei diesen Vorgängen das ehemaligen Kabinettsmitglied Traumüller? Lag die Verantwortung für die Aufhebung der Einweisungsrechte nicht allein bei ihm?

13.        Handelt es sich dabei nicht um in Summe erhebliche, für die Republik schädliche Vorgangsweisen Ihres Vorgängers? Wenn nein, warum nicht?

14.        Wie beurteilen Sie die Tatsache der völlig überhöhten Honorare des Rechtsberaters, die der RH kritisiert (S. 89, 2003/4)?

15.        Um welche Person/Kanzlei handelt es sich dabei?

16.        Wie lautet die genaue Honorarsumme?

17.        Bestand ein persönliches Naheverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und Mitgliedern des Ressorts bzw des Kabinetts bzw des Ministers Grasser?

18.        Wie hoch waren die einzelnen Tagsätze, die an Lehman Brothers bezahlt wurden? Welche Eigenleistung stand dem gegenüber, angesichts der intensiven Tätigkeit österreicherischer Institutionen, die Leman Brothers mit den lokalen Gegebenheiten vertaut machten?

19.        Wie beurteilen Sie die persönlichen Verflechtungen zwischen dem ehemaligen Finanzminister und dem Consulter Karl Heinz Muhr, der sich (laut Profil vom 30.6.03) dafür einsetzte, dass Lehman Brothers zum Preis von 10 Mio Euro mit Bewertung und Privatisierung von Bundeswohnbaugesellschaften beauftragt wurde, eine Leistung, die von österreichischen Banken oder der BIG bei weitem kostengünstiger erbracht werden hätte können (vgl auch News 26/03 und 27/03)?

 

20.    Welchen Einfluss nahm Ihr Vorgänger auf die Vergabe an Lehman Brothers?

 

21.    Mit welchen sonstigen Privatisierungen, mit welchen sonstigen Beratungsmaßnahmen bzw Gutachtensaufträgen, die das BMF oder andere Bundesinstitutionen durchführten, wurde Lehman Brothers noch betraut?

 

22.    Bei welchen Maßnahmen der ÖIAG wurden Lehman Brothers beschäftigt? Sind dabei Einflussnahmen Ihres Amtsvorgängers bzw von dessen Mitarbeitern feststellbar?

 

23.    Gibt es Hinweise, dass Ihr Amtsvorgänger Einfluss auf Privatisierungsvorgänge nahm. Welche Unterlagen gibt es darüber, welche Honorare wurden in welcher Höhe bei den einzelnen Privatisierungsvorgängen an wen gezahlt?

24.    Wurden auch Zahlungen an Leman Brothers im Zuge der Schwärzung diverser Eurofighter-Akten unkenntlich gemacht?

 

25.    Können Sie ausschließen, dass im Zuge der Schwärzung von Eurofighter-Ausschussdokumenten auch Bewegungen aus dem vorstehenden Fragenkomplex 20-23 erfasst sind?