1373/J XXIII. GP

Eingelangt am 17.09.2007
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Maßnahmen zur Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen

 

 

Die Vielfalt der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen ist das Ergebnis einer jahrhundertelangen, regional angepassten Zuchtarbeit der Bäuerinnen und Bauern. Im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft nimmt die Agrobiodiversität jedoch dramatisch ab: Von etwa 80.000 potentiellen Nutzpflanzenarten wurden in den vergangenen Jahrtausenden etwa 5.000 bis 6.000 Arten genutzt. Lediglich 150 Arten werden heute intensiver kultiviert und nur 8 von ihnen sind von Bedeutung für den Welthandel.

 

Die gegenwärtige Praxis der Sortenzulassung behindert die Vermarktung von Öko- Sorten und verstärkt die Ausrichtung der Pflanzenzucht auf einförmige Zuchtziele wie Homogenität und Hochertrag. Ein wesentlicher Teil der erhaltungswürdigen genetischen Ressourcen bzw. Landsorten liegt außerhalb des herkömmlichen Zulassungs- und Zertifizierungsverfahrens bzw. sind diese Kriterien aufgrund der genetischen Struktur der Landsorten auf diese nicht anwendbar. Züchtungsziele, bei denen kurzfristig keine ökonomische Relevanz erkennbar ist, werden vernachlässigt.

 

Bei der ökologischen Saatgutzüchtung sind neben betriebswirtschaftlichen Überlegungen auch ökologische, ethische und kulturelle Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Daher muss die ökologische Pflanzenzüchtung von schnellen Verwertungsinteressen ausgenommen werden. Angesichts des zunehmend auf Hybridsorten beschränkten Sortenangebots der Saatgutunternehmen ist es eine öffentliche Aufgabe, ein breites Spektrum an samenfesten Zuchtsorten zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dies geht über die – ebenfalls erforderliche – Erhaltung alter Sorten hinaus. Da die Probleme jahrzehntelang vernachlässigt wurden, ist eine ausreichende Methoden- und Grundlagenforschung dringend erforderlich.

 

Auch wenn das Thema Agrobiodiversität seit einiger Zeit diskutiert wird, gibt es kaum politische Instrumente zur aktiven Bekämpfung des massiven Artenverlustes. Im Wesentlichen beschränken sich bisherige Maßnahmen auf die finanzielle Förderung des Erhalts pflanzengenetischer Ressourcen im Nischenbereich. Allgemein dominiert der passive Schutz gegenüber der Unterstützung aktiver, an Verarbeitung und Vermarktung gekoppelter landwirtschaftlicher Nutzung.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Worauf zielt das nationale österreichische Programm zur nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen ab und welche konkreten Maßnahmen werden bzw. wurden bisher gesetzt?

 

2.      Warum haben Sie von der Verordnungsermächtigung im Saatgutgesetz zur Erleichterung der Inverkehrbringung von pflanzengenetischen Ressourcen bisher keinen Gebrauch gemacht?

 

3.      Was werden Sie unternehmen, damit geprüftes Saatgut von Landsorten in ausreichend großer Menge auf den Markt gebracht werden kann und ein Anbau im Rahmen der ackerbaulichen Praxis ermöglicht wird?

 

4.      Durch welche Fördermaßnahmen werden Sie die kontinuierliche In-Situ-Vermehrung des Saat- und Pflanzgutes von pflanzengenetischen Ressourcen und traditionellen Landsorten vorantreiben? 

 

5.      Welche finanziellen und personellen Ressourcen stehen der AGES für die Identifikation, Erhaltungszüchtung und Begleitforschung von Landsorten bzw. pflanzengenetischen Ressourcen zur Verfügung?

 

6.      Wie viele Forschungsmittel wurden seitens Ihres Ressorts in den letzten 5 Jahren insgesamt zum Themenbereich pflanzengenetische Ressourcen zur Verfügung gestellt?

 

7.      Wie viele öffentliche Mittel werden in Österreich zur Verfügung gestellt, um alle relevanten Kulturarten unter ökologischen Bedingungen züchterisch zu bearbeiten?

 

8.      Welche privaten Initiativen und Projekte für Ökozüchtung werden derzeit bzw. wurden in den letzten 5 Jahren in Österreich mit öffentlichen Mitteln unterstützt (bitte um eine detaillierte Auflistung der geförderten Initiativen und Projekte)?

 

9.      Wie erfolgt in Österreich die Finanzierung der Entwicklung von Öko-Sorten für den praktischen Anbau? Wie viele öffentlichen Mittel werden derzeit bzw. wurden in den letzten fünf Jahren dafür zur Verfügung gestellt?

 

10.    Wie viele öffentliche Gelder stehen für gemeinnützige Züchtungsinitiativen zur Verfügung?

 

11.    Wie viele öffentliche Gelder stehen für Grundlagenforschung und Methodenentwicklung im Bereich Ökozucht Verfügung?

 

12.    Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um bestehende Landsorten zu erhalten und weiterzuentwickeln?

 

13.    Gibt es eine entwickelte Praxis für den Übergang interessanter Sorten in „Allgemeineigentum“ nach Auslaufen des Sortenschutzes?

 

14.    Durch welche Maßnahmen (z.B. durch verbesserte Kooperationen etc.) sollen die bestehenden Förderungen im Agrarumweltprogramm zur Erhaltung genetischer Vielfalt bei Pflanzenarten effizienter gemacht werden?

 

15.    Mit welchen Ländern und Programmen, die sich mit pflanzengenetischen Ressourcen befassen, kooperieren Sie?

 

16.    Gibt es Biodiversitäts-Monitoring-Konzept, um Fortschritte oder Fehlentwicklungen überprüfen zu können? Wenn nein, warum nicht, da es sich hierbei um eine Zielsetzung des Global Plan of Action, der für Österreich rechtsverbindlich ist, handelt?

 

17.    Welche Maßnahmen ergreifen Sie bzw. haben Sie in den letzten fünf Jahren ergriffen, um die öffentliche Aufmerksamkeit für die Bedeutung pflanzengenetischer Ressourcen zu mobilisieren?