14/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.10.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Klärschlammkompostieranlage in Kautzen im Waldviertel

 

In Großtaxen, Gemeindegebiet Kautzen im nördlichen Waldviertel soll eine Klärschlammkompostieranlage mit einem Kompostiervolumen von rd. 10.000t  errichtet werden. Diese Anlage soll im „landwirtschaftlichen Nebengewerbe“ geführt werden, in dem sich drei Landwirte zusammenschließen und die Genehmigung über ein so genanntes „vereinfachtes Verfahren“ erwirkt wird. Im vereinfachten Verfahren nach dem AWG gibt es keine Parteistellung der Nachbarn und Nachbarinnen, sie haben daher keinen Rechtsschutz.

 

Die Verhandlung fand am 8. Juni 2006 statt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Frage der Luftemissionen und die Frage, ob ein Betrieb dieser Dimension überhaupt als „landwirtschaftlicher Nebenerwerb“ bezeichnet werden kann, vom Amt der NÖ Landesregierung geprüft.

 

Nach den derzeit vorliegenden Planungen sollen jährlich 8.500t Klärschlamm und 1.500t Strukturmaterial verarbeitet werden. Dies entspricht etwa 10 % des gesamten Gesamtklärschlammaufkommens in Niederösterreich. In der näheren Umgebung ist kein Bedarf für Kompost aus einer derart großen Anlage gegeben, da die größeren Kläranlagen der Region alle über eigene Kompostierungsanlagen verfügen. Das bedeutet, dass Klärschlamm über weite Strecken nach Groß Taxen angeliefert und der Kompost dann wieder abtransportiert wird.

 

Weiters ist aus Kostengründen  keine Einhausung der Klärschlammkompostmiete vorgesehen. Geruchsemissionen werden von den Betreibern offensichtlich in Kauf genommen. Die Niederschlagsmengen der vergangenen zwei Winter würden beispielsweise die Kapazitäten der geplanten Anlage übersteigen und könnten somit zu einer Überschwemmung dadurch zur Kontaminierung des Grundwassers führen.

 

Nach Ansicht von ExpertInnen sollte die Kompostierung von Klärschlamm möglichst dezentral erfolgen. Wenn größere Anlagen geplant werden, muss sichergestellt sein, dass der Klärschlammkompost in der Region angewendet werden kann. Hergestellte Kompostmenge, zulässige Aufwandsmengen und vorhandene Ackerflächen müssen zusammenpassen. Gemäß NÖ Bodenschutzgesetz kann eine derartig große Menge Kompost bzw. Klärschlamm unmöglich gesetzeskonform in der Region aufgebracht werden.

 

Das Projekt ist in dieser sensiblen und wirtschaftlich schwachen Region in keinster Weise nachhaltig, im Gegenteil, es kann die Arbeitsplatzsituation in der Region weiter verschärfen.

 

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Kann eine Anlage dieser Dimension als „landwirtschaftlicher Nebenerwerb“ bezeichnet werden?

 

2.      Wie soll gegebenenfalls der Klärschlamm entsorgt werden, sollte es den BetreiberInnen nicht gelingen, Kompost gemäß § 1 Abs. 2 Kompostverordnung zu erzeugen?

 

3.      Kann Ihrer Ansicht nach ausgeschlossen werden, dass in diesem Falle dann nicht der Klärschlamm selbst etwa auf die Felder aufgebracht wird, ohne auf die Bestimmungen der NÖ Klärschlammverordnung zu achten?

 

4.      Wer trägt die Verantwortung, sollte es durch eine Fehldimensionierung der Anlage und großen Niederschlagsereignissen zu einer Kontaminierung des Grundwassers kommen und welche Gegenmaßnahmen können dann noch gesetzt werden, um eine mögliche Gefährdung anliegender Brunnen zu vermeiden?

 

5.      Halten Sie es für sinnvoll, für eine mehrfach ausgezeichneten Gemeinde in einer strukturschwachen Region, den mühevoll und visionär erarbeiteten Status „Öko-Gemeinde“ durch eine massive Zunahme des LKW-Verkehrs und mögliche Geruchsbelästigung und Grundwasserbelastung zu gefährden?

 

6.      Ist Ihnen bekannt bzw. wurde von der zuständigen Behörde ermittelt, wie viele LKW-Ladungen Klärschlamm und Strukturmaterial im Falle des Vollbetriebes der geplanten Anlage pro Jahr angeliefert würden und zu welchen zusätzlichen NOx- und CO2-Belastungen dieser LKW-Verkehr der betroffenen Region führen würde? Wenn ja, wie hoch sind diese Zahlen/Werte, wenn nein, halten Sie es nicht für sinnvoll, diese Zahlen zu ermitteln?

 

7.      Welcher wirtschaftliche Nutzen könnte gegebenenfalls für die BetreiberInnen aus so einer Anlage gezogen werden und welche Umwegrentabilität für die Region hätte dieser Nutzen?

 

8.      Ist Ihnen bekannt oder wurde von der Behörde ermittelt, zu welcher Geruchsbelästigung eine Anlage in derartiger Dimension führen kann?  Wenn ja, wird diese Frage in die laufenden Genehmigungsverfahren mit einbezogen, wenn nein, sollte die Frage der Geruchsbelästigung nicht im Sinne der betroffenen Bevölkerung ermittelt werden?

 

9.      Welche Möglichkeiten haben die Betroffenen im Falle der Qualifikation als „landwirtschaftliches Nebengewerbe“ Maßnahmen gegen Geruchsbelästigung zu erwirken?

 

10.    Ist Ihnen bekannt oder wurde von der Behörde ermittelt, wohin der fertige Kompost verbracht werden soll?

 

 

11.    Welche Unterschiede bestehen im Bewilligungsverfahren, ob eine solche Anlage im Zusammenhang mit landwirtschaftlicher Tätigkeit einerseits nach dem AWG oder andererseits nach der GewO zu behandeln ist, insbesondere hinsichtlich der Einbeziehung möglicher Betroffener und deren Rechte? Wie beurteilen Sie mögliche Ungleichbehandlungen?

 

12.    Ist im abfallrechtlichen Verfahren zu prüfen, ob die geplante Anlage dem Flächenwidmungsplan entspricht?

 

 

13.    Welche Behörde ist für die umfangreichen Kontrollen gemäß Kompostverordnung bzw. NÖ Klärschlammverordnung zuständig und kann ausgeschlossen werden, dass die in den beiden genannten Verordnungen verankerten (sehr umfassenden)  Kontrollen die Kapazitäten dieser Behörde übersteigen?