15/J XXIII. GP
Eingelangt am 30.10.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend „Weitergabe von „Antiterror-Daten" - in den USA - Kein Datenschutz!"
Die Presse berichtete am 13.September
2006 darüber („US-Firma verkauft heimische
Unternehmensdaten"), dass amerikanische Unternehmen auf legalem Weg die
Daten
europäischer - so auch österreichischer - Unternehmen erhalten, wenn
diese Waren in die USA
importieren. Im Rahmen des amerikanischen „Anti-Terrorkampfes"
müssen nämlich
ausländische Firmen detaillierte
Informationen 24 Stunden vor Versendung der Waren an die US-
Zollbehörde übermitteln.
Auf diese Daten haben - den Presseberichten zufolge - amerikanische
Bürger aufgrund des sog. Informationsfreiheitsgesetzes (Freedom of
Information Act) einen
Zugriff. Diese Daten können dann auch von Unternehmen
(US-Marktforschungsunternehmen
Piers) in den USA zum Kauf angeboten
werden, womit sich die Konkurrenten Einblick in die
Geschäftstätigkeit ihrer
europäischen Mitbewerber verschaffen können.
„..... Dass dies auch der Sinn der Daten-Veröffentlichung ist, wird auf der Homepage von Piers
ersichtlich. Dort lässt sich
ein Beispielreport herunterladen auf dem mit dicken Pfeilen mehrere
Stellen gekenntzeichnet sind.
"Identifizieren Sie Ihren Konkurrenten ", „ Sehen Sie seine
Lieferquellen ", „Decken Sie die Lieferdetails auf, lauten
die dazugehörigen Beschriftungen. Die
Firma wirbt auch damit, dass jeden Tag über 25.000 neue Ladebriefe hinzukommen.
Mittels
Abfragen lässt sich so ein gutes Bild über die
Geschäftstätigkeit einzelner Firmen in den USA
erstellen. Piers macht damit ein gutes Geschäft. Das Daten-Abonnement
kostet je nach Umfang
zwischen 300 und über 1000 Dollar pro Monat. Die Abfragen sind nochmals
extra zu bezahlen.
Die Daten erhält das Unternehmen indes gratis und auf legalem Weg. Denn
das amerikanische
Informationsfreiheitsgesetz (Freedom of Information Act) ermöglicht es
Piers, an die
Frachtpapiere zu gelangen. Das Gesetz war in den 60er Jahren geschaffen worden,
um den US-
Bürgern größtmöglichen Zugang zu den Aufzeichnungen der
Behörden zu ermöglichen. Laut
Wirtschaftkammer verstößt dies
jedoch klar gegen ein Abkommen zwischen der EU und den USA.
Denn die Daten dürften demnach nur von den Sicherheitsbehörden
eingesehen, nicht aber einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich
gemacht werden. Ausgenommen davon seien nur Informationen
über das Ursprungsland, die Warenbeschreibung und das Gewicht.
Neben der
Wirtschaftskammer sind auch bereits der Internationale Spediteurverband Fiata
und
der Bundesverband der deutschen Industrie auf die Aktivitäten von
Piers aufmerksam geworden.
Gemeinsam werde nun versucht in Brüssel Druck auf die
EU-Führung zu machen, damit dieses
Thema in den Handelsgesprächen mit den USA angesprochen wird. In
der US-Botschaft in Wien
war niemand für eine Stellungnahme erreichbar. "
(Die Presse 13.09.2006)
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1.
Sind Ihnen die beschriebenen Problemstellungen bekannt? Wenn ja, was
haben Sie bislang
dagegen unternommen?
2.
Welche Haltung nimmt zu den beschriebenen Problemstellungen die
EU-Kommission ein?
Werden Verhandlungen
mit den USA geführt? Wenn ja, wie ist der Verhandlungstand?
3.
Wie wird vom
Ihrem Ressort dieser Zugriff auf europäische (österreichische)
Unternehmensdaten (z.B. Frachtpapiere)
durch US-Amerikaner nach dem amerikanischen
Informationsfreiheitsgesetz rechtlich beurteilt?
Ist
dieser rechtlich zulässig und durch Internationale Verträge gedeckt?
Wenn ja, wodurch
konkret?
4.
Wenn nein,
warum nicht? Gegen welche internationalen Verträge verstößt aus
Sicht des
Ressorts der Zugriff auf Unternehmensdaten europäischer - so auch österreichischer
- Firmen
von US-Bürger?
5.
Wie beurteilen Sie rechtlich den Verkauf dieser Unternehmensdaten (z.B.
Frachtpapiere) von
europäischen
- so auch österreichischen - Firmen durch einzelne US-Firmen (z.B.
Marktforschungsunternehmen
Piers) an andere Unternehmen oder Privatpersonen?
Ist dieser
rechtlich zulässig und durch Internationale Verträge gedeckt?
Wenn ja, wodurch
konkret?
6.
Wenn nein, warum nicht? Gegen welche internationalen Verträge
verstößt aus Sicht des
Ressorts der Verkauf
von Unternehmensdaten europäischer - so auch österreichischer -
Firmen von US-Bürger?
7.
Ist die Auffassung richtig, dass US-Bürger unter Berufung auf den
„Freedom of Information
Act" der Zugang
auch auf alle anderen Daten, die im Rahmen der so genannten Anti-
Terrorbekämpfung den USA bzw. US-Behörden übermittelt werden
(z.B. Fluggastdaten)
erhalten können? Ist dies rechtlich
zulässig und durch Internationale Verträge gedeckt? Wenn
ja, wodurch konkret? Wenn nein, warum nicht?
8.
Werden durch
den „Freedom of Information Act" aus Sicht des Ressort die mit den
USA
vereinbarten Grundsätze des
„Sicheren Hafens" im Bereich Datenschutz aufgehoben? Wenn
nein, warum nicht?
9.
Können
ÖsterreichInnen die Grundsätze des „Sicheren Hafens" (Amtsblatt
der Europäischen
Gemeinschaft 215 vom 25.08.2000), die vom
amerikanischen Handelsministerium am 21. Juli
2000 vorgelegt wurden, in den USA auch durchsetzen?
10. Wenn, nein warum nicht?
Wenn ja,
welche rechtlichen Möglichkeiten besitzen in den USA die
ÖsterreicherInnen, um
ihre Rechte, die
Ihnen nach den Grundsätzen des „Sicheren Hafens" zustehen, auch
durchzusetzen?
11.
Werden die dem
FBI zur Überwachung bzw. zur Fahndung übermittelten Daten
europäischer BürgerInnen im
Datenbankprojekt des FBI „Investigative Data Warehouse"
verbreitet (z.B.: Fluggastdaten, Unternehmerdaten)
12.
Wenn ja, nach welchen Kriterien werden Daten von europäischen
BürgerInnen in diese
Datenbank
aufgenommen?