1589/J XXIII. GP
Eingelangt am 05.10.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des
Abgeordneten Vilimsky
und weiterer
Abgeordneter
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Gesetzesnovelle im Glücksspielbereich
Das österreichische Glücksspielmonopol steht
immer häufiger unter massiver Kritik. Nicht
nur
in der öffentlichen Diskussion, sondern auch in den Entscheidungen
der heimischen
Gerichte und Behörden sowie in einem
EU-Vertragsverletzungsverfahren.
So haben das Handelsgericht Wien und das Landesgericht
Korneuburg Anträge der Omnia
Communication-Centers
GmbH auf Erlass einstweiliger Verfügungen gegen die
Spieleaktivitäten von bwin,
Cashpoint und Wettpunkt abgewiesen. Die Gerichte begründen
die
Klagsabweisung damit, dass das österreichische Glücksspielgesetz
mehrfach EU-widrig
sei.
Zuletzt stuft das Oberlandesgericht Wien in seinem
Beschluss vom 25. Juli 2007
insbesondere
die Beschränkung der Anzahl der Glücksspielkonzessionen
sowie die
Erfordernis des
Sitzes im Inland für Konzessionäre als EU-widrig ein.
Auch die Medienbehörde wies den Antrag der Omnia auf
Untersagung der
Werbeschaltungen für bet-at-home und bwin in ORF und ATV ab.
Seit Herbst letzten Jahres läuft ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen
Kommission gegen die Republik Österreich im Glücksspielbereich. Im Zentrum des
Verfahrens stehen der Spielerschutz sowie das Verbot der Bewerbung ausländischer
Glücksspiele.
Die EU-Kommission setzte mit der Einleitung des
Vertragsverletzungsverfahrens gegen
Österreich
einen ersten Schritt gegen die vorherrschenden monopolistischen Strukturen.
Auch
wenn Österreich allem Anschein nach das Glücksspielmonopol
gegenüber der EU-
Kommission weiterhin vehement verteidigt, zeigt ein Blick auf die Fakten, wie
Recht die
Kommission mit ihrem
Schreiben vom 12. Oktober 2006 hat:
•
Im Bereich der Diskriminierung der ausländischen
Spieler in den österreichischen
Spielbanken
weist der Geschäftsbericht 2006 der Casinos Austria aus, dass
davon
rund
1/3 der Casino-Besucher in Österreich betroffen sind, da sie ausländische Gäste
sind, deren
Spieleinsatz jedoch rund 70% des Gesamtumsatzes beträgt.
•
Im Hinblick auf die Werbebeschränkungen für
nicht-staatliche Anbieter zeigt im
Gegenzug
der Blick auf die Werbeausgaben des Monopolanbieters, dass diese sich
im
Jahr 2006 auf rund Euro 38 Millionen beliefen und allein im ersten Quartal 2007
bereits Euro 8
Millionen betrugen. Damit ist der Monopolanbieter unter den Top 4 bei
den Werbeetats österreichischer
Unternehmen im Jahr 2006.
Die massive
Werbetätigkeit des Monopolanbieters ist als Anreiz und
Ermunterung des Bürgers zu
klassifizieren,
an staatlichen Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen,
damit
der Staatskasse daraus maximale Einnahmen zufließen. Der Europäische
Gerichtshof äußert sich klar, dass fiskalische Ziele
keine Rechtfertigung für das
Glücksspielmonopol
sind.
Eine Analyse von Kreutzer, Fischer & Partner vom Juli
2007 zum österreichischen
Glücksspielmarkt
zeigt auf, dass selbst eine teilweise Liberalisierung des Glücksspielmarkts
einen enormen volkswirtschaftlichen Effekt hätte. Zusätzlich zu
wachsenden Steuern von
rund
170 Millionen Euro pro Jahr würden mindestens 300 zusätzliche
Arbeitsplätze
geschaffen. Das
Steuervolumen aus dem Monopolbereich ist hingegen rückläufig und ist seit
2004 um rund 30 Millionen Euro geschrumpft.
Wie aus Beamten-Kreisen zu erfahren war, plant das Finanzministerium eine
umfassende
Novelle des Glücksspielgesetzes und weiterer Gesetze, die
das Glücksspiel betreffen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten
Abgeordneten an den Bundesminister
für Finanzen folgende
Anfrage:
1.
Was ist der Grund, dass sich Österreich unter jene
EU-Mitgliedsstaaten einreiht, die
das Glücksspielmonopol -
als letztes aller Monopole
- weiterhin vehement
verteidigen, obwohl der Europäische
Gerichtshof in seinen Entscheidungen klar
aufzeigt,
dass es dafür nur noch dann eine Rechtfertigung gibt, wenn ein EU-
Mitgliedstaat das Glücksspiel einschränken oder abschaffen will?
2.
Wir rechtfertigen Sie es gegenüber der Europäischen
Kommission, dass hinter dem
österreichischen Glücksspielmonopol das Ziel der
Gewinnmaximierung steht?
3.
Was ist der Grund, dass Österreich die Interessen der
Monopolanbieter Casinos
Austria
AG und Österreichische Lotterien GmbH
selbst in Anbetracht der
Entscheidungen
der heimischen
Gerichte und Behörden
gegen das
Glücksspielmonopol mit solchem Nachdruck
verteidigt?
4.
Ist es richtig, dass Herr Dr. Peter Erlacher, der als Abteilungsleiter für Glücksspiel im
Finanzministerium
mit 2007 ins Management der Casinos Austria AG gewechselt ist?
5.
Ist es richtig, dass Herr Dr. Peter Erlacher
ein 5-jähriges Rückkehrrecht
ins
Ministerium
hat?
6.
Gibt es eine direkte oder indirekte Beteiligung der Casinos Austria AG
an der Omnia
Communication-Centers
GmbH?
7. Wenn ja, seit wann?
8.
Davon ausgehend, dass die geplanten Gesetzesnovellen für den Glücksspielbereich
EU-konform sind:
Welche Gesetze werden von der Novelle betroffen sein?
9. Was sind die Kernpunkte der Novelle?
10.
Wird durch die Gesetzesnovellen sichergestellt, dass Inhaber von
Konzessionen im
EU-Raum gleiche
Wettbewerbsbedingungen vorfinden?
11. Wenn nein, warum nicht?
12. Bedarf die Gesetzesvorlage einer Notifizierung bei der Europäischen Kommission?
13.
Ist es richtig, dass
die Besteuerung von in Österreich
nicht ansässigen
Glücksspielanbietern ebenfalls Inhalt der
Gesetzesnovellen ist?
14. Wenn ja, ist der Aspekt der
mangelnden Steuerharmonisierung im EU-Raum und der
Doppelbesteuerung berücksichtigt?
15.
Wird durch die
Gesetzesnovellen sichergestellt, dass
es nicht zu einer
Diskriminierung der
in Österreich ansässigen Unternehmen gegenüber den Anbietern
mit Sitz im Ausland kommt?
16. Ist Ihnen
bekannt, wie viel dem österreichischen Staatshaushalt an Lohnsteuern
und
Lohnabgaben
verloren gehen, wenn privaten Glücksspielanbietern der Zugang zum
österreichischen Glücksspielmarkt verwehrt wird?