1603/J XXIII. GP

Eingelangt am 09.10.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend der wissenschaftlichen Kompetenz zur kritischen Befassung mit Nuklearfragen – kurz „nuklearkritischen Kompetenz“ – in Österreich.

 

Wie seit über einem Jahr bekannt, ist der Weiterbestand der wissenschaftlichen nuklearkritischen Kompetenz in Österreich in Gefahr: Der Fortbestand des Instituts für Risikoforschung (IRF) unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Wolfgang Kromp ist wegen der stattfindenden Pensionierungen von Univ. Prof. Dr. Kromp und DI. Emmerich Seidelberger nicht mehr gesichert. Bleibt das Institut an der Universität Wien, werden diese Stellen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mehr im Bereich „Nukleare Sicherheit“ nachbesetzt. Ein neuer Themenschwerpunkt bringt auch den Verlust aller weiteren MitarbeiterInnen, die in diesem Bereich tätig sind, ebenso wie den des herangebildeten wissenschaftlichen Nachwuchses.

 

Wie die Fachdiskussion bei der Interparlamentarischen Kommission zum AKW Temelin gezeigt hat, wird die wissenschaftliche nuklearkritische Kompetenz ausschließlich vom IRF getragen. Sie ist gerade jetzt unentbehrlich und wird es angesichts der Entwicklung – nicht nur in Temelin - bleiben.

 

In der Klimaschutzdiskussion wittert auch die Lobby für Nuklearenergie ihre Chance. Das zeigt nicht zuletzt die kürzlich ins Leben gerufene Forschungsplattform der EU zur Forcierung der Kernkraft. Dabei ist es ein Irrtum zu glauben, es gäbe heute sichere Reaktoren. Ein Unfall kann jederzeit und in jedem AKW passieren. Österreich ist umgeben von AKWs mit erhöhtem Sicherheitsrisiko (AKW Temelin, Bohunice, Paks, Isar 1 etc.). In der Slowakei sollen die Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce fertiggestellt werden. Umso notwendiger ist es, dass in Österreich eigenständige und unabhängige Kompetenz im Bereich nuklearer Sicherheit vorhanden ist, die bereit ist, sich kritisch mit dieser Technologie und ihren Folgen auseinander zu setzen und Nachwuchs auszubilden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

 

 

 

1.      Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die kritische wissenschaftliche Kompetenz im Bereich nukleare Sicherheit in Österreich zu sichern?

 

2.      An welchen Universitätsinstituten bzw. anderen wissenschaftlichen Institutionen gibt es unabhängige wissenschaftliche Kompetenz im Bereich nuklearer Sicherheit/Risikoforschung, die sich schon bisher kritisch mit der Kernenergie, sowie den Ursachen und Folgen von realen und potentiellen Kernkraftwerksunfällen befasst hat?

 

3.      Wie viele WissenschafterInnen haben in Österreich Kompetenz im Bereich nuklearer Sicherheit, die bisher Bereitschaft bewiesen, sich kritisch an den fachlichen Auseinandersetzungen mit nuklearen Technologien und ihren Folgen zu beteiligen? Wie viele davon verfügen über eine von Drittmittelfinanzierung unabhängige Anstellung?

 

4.      Wie hoch waren die finanziellen Mittel inkl. Personalaufwendungen für die Arbeit im Bereich nuklearer Sicherheit in den Jahren 2005 und 2006 an unseren Universitäten und anderen wissenschaftlichen Institutionen?

 

5.      Wie hoch werden die finanziellen Mittel inkl. Personalaufwendungen für die Arbeit im Bereich nuklearer Sicherheit in den Jahren 2008 bis 2010 an unseren Universitäten sein?

 

6.      Welche Aufträge hat das Wissenschaftsministerium im Bereich „Nukleare Sicherheit/ Risikoforschung“ in den Jahren 2005 und 2006 an wen vergeben (Auflistung)? Wie hoch waren die Aufwendungen?

 

7.      Welche Aufträge hat das Wissenschaftsministerium im Bereich „Nukleare Sicherheit/Risikoforschung“  2007 an wen vergeben (Auflistung)? Wie hoch waren/sind die Aufwendungen? Sind weitere Aufträge für 2007 geplant? Wenn ja, welche?

 

8.      Ist das Wissenschaftsministerium bereit die Kosten für die Erhaltung der wissenschaftlichen nuklearkritischen Kompetenz in Österreich mitzufinanzieren? Wenn ja, wie hoch wäre die vom Wissenschaftsministerium geleistete Förderhöhe? Wenn nein, warum nicht?

 

9.      Das Wissenschaftsministerium ist ein wichtiger Auftraggeber für die wissenschaftliche Bearbeitung von nuklearen Themen. Wen wird das Wissenschaftsministerium in Zukunft für diesen Bereich beauftragen im Falle der Auflösung des IRF (Bereich nukleare Sicherheit/Risikoforschung)?

 

10.    Sehen Sie die Notwendigkeit einer unabhängigen Forschungs- und Ausbildungsinstitution im Bereich nukleare Sicherheit in Österreich? Wenn ja, wie sieht diese aus und mit welchen Mitteln soll diese unabhängige Forschungsinstitution finanziert werden? Wenn nein, warum nicht?

 

11.    Wo soll wissenschaftlicher Nachwuchs im Bereich nukleare Sicherheit im Falle der Auflösung des IRF (Bereich nukleare Sicherheit) künftig ausgebildet werden? Wie soll der Abgang des vorhandenen wissenschaftlichen Nachwuchses verhindert werden?

 

12.    Das Regierungsprogramm für die laufende Gesetzgebungsperiode (Kap. Aktive Anti-Atompolitik) sieht einen weiteren Ausbau der Risikoforschung vor. Wie sieht die Umsetzung für dieses Vorhaben konkret aus: Was wurde bisher umgesetzt? Welche Schritte sind geplant?