1642/J XXIII. GP

Eingelangt am 16.10.2007
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Anfrage

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an Bundesministerin  für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend Wissenswertes zum Kunstsammler Herbert Batliner

 

 

Herbert Batliner gilt als umstrittene Person im Finanzmilieu und als überaus effizienter Verwalter von Familienstiftungen, mit deren Hilfe Millionäre ihr Vermögen dem Fiskus entziehen können. Mit solchen Stiftungen wurden in den 1990er-Jahren auch illegale Parteispenden der CDU verschleiert (s. „Spiegel“, 11. 9. 2006). In einem Bericht des deutschen Geheimdienstes BND wird der Anwalt aus Liechtenstein namentlich erwähnt, weil er der CDU bei der Abwickung ihrer geheimen Auslandschgeschäfte half. Entsprechend eindeutig wird er auch im Bericht über den Untersuchungsausschuss „Parteispenden“ des Deutschen Bundestages vom 11.6.2002 (S.44, 45) erwähnt.

Laut „Spiegel“ vom 22. 11. 2004 ist mittlerweile erwiesen, dass sich Herbert Batliner mit seiner Kanzlei als Helfershelfer mehrerer ausländischer Steuerhinterzieher betätigt hat, etwa des bekannten Springreiters Paul Schockemöhle oder des Industriellen Friedrich Karl Flick. Auf Basis der Daten auf der sogenannten Batliner-CD, die ein ehemaliger Mitarbeiter Batliners 1997 an die deutschen Behörden übergeben hat, ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum bis heute. Aus diesem Grund verzichtet Batliner seither auf Reisen nach Deutschland, da dort gegen ihn jederzeit ein Haftbefehl im Zusammenhang mit Steuerhinterziehungsdelikten in Höhe von 250 Millionen Euro ausgestellt werden könnte. Batliners Anwesenheit in Regensburg anlässlich des Papst-Besuches 2006 war nur möglich, weil die deutschen Justizbehörden dem Anwalt nach monatelangen Verhandlungen ausnahmsweise freies Geleit zusicherten.

Dem ungeachtet erhielt Herbert Batliner 1998 den Ehrenring des Landes Salzburg und 1999 von Bundespräsident Klestil das Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich. Noch im selben Jahr erhielt der Bundespräsident vom Liechtensteiner Treuhänder eine Spende von 56.000 Franken. Der Bundespräsident schickte das Geld zurück.

Die „Vereinigung der mund- und fußmalenden Künstler“ (VDMFK) hat ihre Zentrale in Liechtenstein. Sie wird vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen als Wirtschaftsunternehmen und nicht als Hilfswerk eingestuft, weil die Erlöse aus Bildern und Ansichtskarten der Fuß- und Mundmaler, die speziell vor Weihnachten in 60 Ländern angeboten werden, nicht nur den behinderten KünstlerInnen zugute kommen. Batliners Schwiegersohn Franz Mossleithner ist Geschäftsführer dieser Vereinigung und Herbert Batliner selbst ihr „Rechtskonsulent“. Für diese Tätigkeit ließ sich der Anwalt allein im Jahr 1993 einen Betrag von 275.000 Schweizer Franken auszahlen, berichtete das Nachrichtenmagazin „Exakt“ im MDR am 30.11.2004. Batliners Tochter Angelika wiederum schloss 1990 mit der VDMFK einen zehnjährigen Mietvertrag für die Geschäftsräume des Vereins und kassierte dafür 240.000 Schweizer Franken pro Jahr. Es ist in diesem Zusammenhang wohl nicht als Zufall zu werten, dass die 50-Jahr-Feierlichkeiten der VDMFK – inklusive einer Ausstellung – ausgerechnet in der Albertina stattfanden; kleine Gefallen erhalten schließlich die Freundschaft.

Ein Gerichtsbeschluss des Obersten liechtensteinischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2002 bestätigt weiter, dass Herr Batliner um 1990 als Vermögensverwalter und Stiftungsvorstand für den mittlerweile verurteilten ecuadorianischen Mörder und Drogenhändler Jorge Hugo Reyes Torres tätig war. Dem Dokument zufolge stand Batliner „im Verdacht, durch die Aufrechterhaltung von unrichtigen Behauptungen und Sachverhaltserzählungen die Einziehung des aus Drogenerlösen stammenden Stiftungsvermögens zu vereiteln“. Batliner hatte behauptet, dass die in liechtensteinischen Stiftungen gebunkerten 22 Millionen US-Dollar aus dem Vermögen von Torres mit Landwirtschaft und nicht mit Drogenhandel verdient wurden. Dennoch erfolgte keine Verurteilung Batliners wegen falscher Zeugenaussage, da „eine Äußerung des Verdachtes des Drogenhandels oder Geldwäscherei […] wohl unweigerlich eine Verurteilung [seines Mandanten Torres] zur Folge [gehabt hätte]. Die Interessen [seines] Mandanten wären dabei krass verletzt worden.“ Mit anderen Worten: Batliner musste eine Falschaussage zugunsten seines Mandanten, des Drogendealers Hugo Reyes Torres, nicht zurücknehmen, weil er dadurch dessen Interessen verletzt hätte.

Der ehemalige Finanzverwalter eines verurteilten ecuadorianischen Drogenhändlers darf offenbar weiter auf Ehrerbietungen durch die Republik Österreich zählen. Bei der Eröffnung der Batliner-Ausstellung in der Albertina am 14. September 2007 ließen Sie, Frau Bundesministerin, Ihrer Begeisterung freien Lauf. Mit dem „neuen Schatz“, damit war die Sammlung gemeint, werde „ein neues Kapitel in der Kunstbegegnung aufgeschlagen“. Auch lobten Sie das Ehepaar Batliner dafür, irhe Sammlung schweren Herzens aus der Privatheit an die Öffentlichkeit getragen zu haben. Tage zuvor hatte Herbert Batliner auch das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien erhalten.

 

Das Ehepaar Batliner begann in den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts damit, Kunst zu sammeln – zu einem Zeitpunkt also, als am europäischen Kunstmarkt noch sehr viel von den Nationalsozialisten enteignete Kunstwerke kursierten. Es liegt keinesfalls in der Absicht der AnfragestellerInnen, dem Ehepaar Batliner zu unterstellen, sie hätten wissentlich von den Nazis enteignete Kunst gekauft. Es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass in den Galerien und Kunsthandlungen, in denen das Ehepaar Batliner ab den 1960er-Jahren einkaufte, auch entzogene Bilder aus jüdischer Provenienz angeboten wurden und dass die Batliners solche Kunstwerke erwarben, zumal Werke der Klassischen Moderne (also vor 1933 bzw. 1938 entstandene Werke) in der Kollektion stark vertreten sind.

In Provenienzfragen hat sich die Albertina auf die Zusicherung des Ehepaars Batliners ohne schriftliche Dokumentation verlassen, es befinde sich kein bedenkliches Kunstwerk in der Sammlung.

 

In Anbetracht der verstärkten Bemühungen um Transparenz in der Provenienzforschung erscheint es nachgerade zynisch, wenn die Republik einerseits Kunstwerke, die nach 1938 aus jüdischem Eigentum entzogen wurden, konsequent restitutiert und andererseits in Kauf nimmt, dass möglicherweise Raubkunst als Dauerleihgaben aus Privatsammlungen in ihren Bundesmuseen zu sehen ist, die seitens der Republik nicht an die ursprünglichen Eigentümer zurückgegeben werden kann.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Welche der oben genannten Darstellungen sind Ihnen bekannt?

2.      Ist Ihnen bekannt, dass Herbert Batliners Kanzlei bis in die 1990er-Jahre die Vermögensverwalterin des mittlerweile verurteilten ecuadorianischen Drogenhändlers Hugo Reyes Torres war?

3.      Ist Ihnen bekannt, dass die Kanzlei Herbert Batliner, Informationen des „Spiegel“ zufolge, jahrelang als Vermögensverwalterin für deutsche Steuerhinterzieher, darunter Friedrich Karl Flick und Paul Schockemöhle, tätig war?

4.      Ist Ihnen bekannt, dass Herbert Batliner seit Jahren auf die Einreise nach Deutschland verzichtet, da er befürchten muss, dass gegen ihn im Zusammenhang mit Steuerhinterziehungsdelikten in Höhe von etwa 250 Millionen Euro ein Haftbefehl ausgestellt werden könnte?

5.      Spielt es für die Republik Österreich eine Rolle, aus welchen Quellen sich die Finanzkraft eines Kunstsammlers speist, dessen Sammlung man als Dauerleihgabe über zehn Jahre hinweg präsentiert?

6.      Können Sie ausschließen, dass sich in der Sammlung Batliner Kunstwerke befinden, die in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft aus jüdischem Eigentum entzogen wurden?

7.      Welcher Art waren die Informationen, die man vor der Präsentation der Sammlung Batliner über die Provenienz der dort befindlichen Kunstwerke einholte?

8.      Existiert ein Provenienzforschungsbericht zur Sammlung Batliner?

9.      Wenn ja: Wurde dieser Bericht den Mitgliedern der Kommission für Provenienzforschung vorgelegt und von diesen akzeptiert?

10.    Welche Handlungsoptionen existieren für den Fall, dass in der Sammlung Batliner Kunstwerke auftauchen, deren Provenienz als bedenklich zu klassifizieren ist?

11.    Besteht seitens der Republik Österreich die Absicht, das Kunstrückgabegesetz 1998 so zu novellieren, dass auch Dauerleihgaben vor ihrer Präsentation hinsichtlich ihrer Provenienz überprüft werden müssen?

12.    Wie viele Kunstwerke aus welchen privaten Sammlungen befinden sich zur Zeit als Dauerleihgaben in den Österreichischen Bundesmuseen?


13.    Sind die Werke der Sammlung Batliner, die der Albertina als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurden, Teil der österreichischen Bundeshaftung und erstreckt sich die Bundeshaftung auch auf jene Kunstwerke, die augenblicklich nicht in der Ausstellung zu sehen sind?

14.    Wenn nein: Welche Versicherung mit welchen Zahlungsverpflichtungen wurde für die Sammlung Batliner seitens der Albertina abgeschlossen?