1680/J XXIII. GP
Eingelangt am 23.10.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit
betreffend Nichteinhaltung von wichtigen europäischen und bundesgesetzlichen Umsetzungsfristen im Bereich Lärmschutz
Mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie (Richtlinie 2002/49/EG vom 25. Juni 2002) bzw. dem zu seiner Umsetzung erarbeiteten und verspätet mit 4.Juli 2005 in Geltung gesetzten Bundes-Umgebungslärmschutzgesetz (Bundes-LärmG, BGBl. I 60/2005)
sind Berichtspflichten an die EU und Veröffentlichungspflichten verbunden.
Diese sind schon aus der immerhin vor mehr als fünf Jahren beschlossenen EU-Richtlinie und auch aus dem Bundesgesetz mit entsprechenden Fristen versehen.
Auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ist zu diesem Thema nichts zu finden.
Auf der Homepage des Umweltministeriums ist dazu folgendes zu lesen:
„Das Bundes-Lärmschutzgesetz setzt die EU-Umgebungslärmrichtlinie auf Bundesebene um. Es wurde gemeinsam von Lebensministerium, Verkehrsministerium (BMVIT) und Wirtschaftsministerium (BMWA) erarbeitet. Erstmals wird die Lärmbelastung aus Straßen- und Schienenverkehr, Flugverkehr und von bestimmten (größeren) Industrie- und Gewerbeanlagen (IPPC-Anlagen) in Ballungsräumen flächendeckend erhoben. Die Ergebnisse werden in Lärmkarten bildlich dargestellt. An Hand dessen werden Aktionspläne mit Maßnahmen zur Lärmminderung von Verkehrsministerium und Wirtschaftsministerium erarbeitet und im jeweiligen Zuständigkeitsbereich umgesetzt. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die umfassende Information der BürgerInnen über die Lärmbelastungssituation: Alle Lärmkarten und Aktionspläne werden im Internet und durch öffentliche Auflage zugänglich sein. Die Bereitstellung dieser Daten wird durch das Lebensministerium koordiniert.“
Im einzelnen enthält das Gesetz folgende zum Zeitpunkt dieser Anfragestellung bereits seit längerem verstrichene Fristsetzung:
* Gemäß §6 (4): „Bis spätestens 31. Mai 2007 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern eine strategische Teil-Umgebungslärmkarte für alle in solchen Gebieten gelegenen Gelände für industrielle Tätigkeiten mit Anlagen im Sinne der Anlage 3 der GewO 1994, Anlagen im Sinne der §§ 121 bis 121e des MinroG oder Anlagen, bei deren Genehmigung § 5 Abs. 3 des EG-K anzuwenden ist, auszuarbeiten und mit den jeweils im Zusammenhang stehenden Mindestinformationen dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zugänglich zu machen sowie als Bericht zu übermitteln.“
In diesem Zusammenhang ist weiters festgelegt,
* dass „für jeden Verkehrsträger einerseits und für den Umgebungslärm aus Geländen für industrielle Tätigkeiten in Ballungsräumen andererseits jeweils eine strategische Umgebungslärmkarte auszuarbeiten“ ist (§6 Abs 12),
* dass der „zuständige Bundesminister bei voraussichtlich grenzüberschreitenden Wirkungen von Umgebungslärm bei der Ausarbeitung der strategischen Umgebungslärmkarten oder strategischen Teil-Umgebungslärmkarten mit den betroffenen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten“ hat (§6 Abs 13), und
* dass der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft „die strategischen Umgebungslärmkarten, die strategischen Teil-Umgebungslärmkarten sowie Berichte im Sinne der Abs. 1 bis 10 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zusammenzustellen und diese Unterlagen dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und der Öffentlichkeit laufend zugänglich zu machen“ hat (§6 Abs 14).“
Neben den Aufgaben, für die die Frist bereits abgelaufen ist, enthält das Gesetz aber schon für die nächsten Monate weitere Verpflichtungen, für deren Erfüllung die bis zum Zeitpunkt der Einbringung dieses Abfrage gesetzwidrig nicht vorliegenden Grundlagen eine Voraussetzung sind.
So hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bis spätestens 31. Mai 2008
* gemäß §7 Abs 5 „für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern einen Teil-Aktionsplan für Gelände für industrielle Tätigkeiten mit Anlagen im Sinne der Anlage 3 der GewO 1994, Anlagen im Sinne der §§ 121 bis 121e des MinroG oder Anlagen, bei deren Genehmigung § 5 Abs. 3 des EG-K anzuwenden ist, auszuarbeiten.
Auch hier ist
* „bei grenzüberschreitenden Wirkungen von Umgebungslärm bei der Ausarbeitung der Aktionspläne mit betroffenen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten.“
Schließlich hat
* nach §7 Abs 11 auch hier „der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die Teil-Aktionspläne und die Aktionspläne und Kurzfassungen im Sinne der Abs. 1 bis 6 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zusammenzustellen und diese Unterlagen dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und der Öffentlichkeit laufend zugänglich zu machen.“
Zur gebotenen Form der Veröffentlichung hält §10 des Gesetzes fest:
„Die Entwürfe von Aktionsplänen und Teil-Aktionsplänen, die zugehörigen strategischen Umgebungslärmkarten und strategischen Teil-Umgebungslärmkarten sowie der Umweltbericht gemäß § 8 Abs. 4 sind von den gemäß § 7 Abs. 1 bis 6 zuständigen Behörden öffentlich aufzulegen und über elektronische Medien allgemein zugänglich zu machen. Die öffentliche Auflage ist in zwei verbreiteten Tageszeitungen sowie in elektronischer Form bekannt zu machen. Der Öffentlichkeit ist die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb von sechs Wochen nach öffentlicher Auflage schriftlich Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen sind zusammenfassend zu würdigen. Zur Berücksichtigung dieser Stellungnahmen ist eine Dokumentation zu erstellen und gemeinsam mit den Informationen gemäß Abs. 4 der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Im Gegensatz zu den rund um die Gesetzesvorlage im Frühjahr 2005 getätigten, ambitioniert klingenden Äußerungen aus dem Kreis der Regierung hat sich der „Kampf“, der dem Umgebungslärm angesagt werden sollte, bisher auf die PR-Ebene beschränkt. Im Gegenteil wurde beispielsweise unter aktiver Mitwirkung der ÖVP am Ende der XXII.GP die Richtlinie für Lärmschutz an Bundesstrassen zulasten der lärmgeplagten Bevölkerung abgeschwächt, auch die im Bundes-LärmG erwähnten Minister mit Zuständigkeiten im Bereich Lärmschutz hatten daran im Ministerrat offenbar nichts auszusetzen.
Nicht einmal die vor zweieinhalb Jahren hinausposaunte „wesentliche Neuerung“ der umfassenden Information der BürgerInnen (die ja für sich noch keinerlei Verbesserung bei der Lärmbelastung selbst bringt) hat es bisher von der PR-Ebene in die Praxis geschafft: Auch lange nach Ablauf der EU-Umsetzungsfrist suchen interessierte BürgerInnen zum Zeitpunkt dieser Anfragestellung noch immer vergeblich nach diesen vom Gesetz vorgesehenen Informationen.
Damit dürfte weiters auch die fristgerechte Entwicklung, Prüfung und Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Aktionspläne bereits in Frage gestellt sein.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wann haben Sie dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die nach dem Bundes-LärmG für spätestens 31.5.2007 vorgesehene(n) strategische/n) Teil-Umgebungslärmkarte(n) für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern für alle in solchen Gebieten gelegenen Gelände für industrielle Tätigkeiten mit Anlagen im Sinne der Anlage 3 der GewO 1994, Anlagen im Sinne der §§ 121 bis 121e des MinroG oder Anlagen, bei deren Genehmigung § 5 Abs. 3 des EG-K anzuwenden ist, zugänglich gemacht bzw. als Bericht(e) übermittelt?
2. Falls Sie dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft diese strategische(n) Teil-Umgebungslärmkarte(n) nicht fristgerecht zugänglich gemacht bzw. übermittelt haben:
a) Welche Begründung gibt es dafür?
b) Was haben Sie unternommen, um dieses Versäumnis schnellstmöglich auszubessern?
c) Wann werden Sie dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft diese strategische(n) Teil-Umgebungslärmkarte(n) zugänglich machen?
3. Wann werden Sie diese zur Veröffentlichung per 31.5.2007 vorgesehenen strategischen Teil-Umgebungslärmkarten bzw. deren Zusammenführung der Öffentlichkeit zugänglich machen?
4. Sollten Sie diesen Zeitpunkt immer noch nicht nennen oder abschätzen können – was sind die konkreten Ursachen dafür, zB im Hinblick auf die Einvernehmensherstellung?
5. Bei welchen der bisher genannten strategischen (Teil-)Umgebungslärmkarten wurden voraussichtlich grenzüberschreitende Wirkungen von Umgebungslärm konstatiert und daher bei der Ausarbeitung der strategischen Umgebungslärmkarten oder strategischen Teil-Umgebungslärmkarten mit den betroffenen Nachbarstaaten zusammengearbeitet?
6. In welcher Weise erfolgte diese Zusammenarbeit konkret?
7. Auf welchen Grundlagen wurde dort, wo keine Zusammenarbeit erfolgte, festgestellt bzw. festgelegt, dass keine grenzüberschreitende Wirkungen von Umgebungslärm besteht?
8. Welche Schritte seitens der EU-Institutionen sind im Hinblick auf die zahlreichen nicht eingehaltenen Umsetzungsfristen a) wann bereits erfolgt, b) für wann angekündigt?
9. Wie weit sind die Arbeiten für den/die gemäß §7 Abs 5 des Bundes-LärmG bis 31.5.2008 durch Sie auszuarbeitende/n Teil-Aktionsplan/Aktionspläne für Ballungsräume mit mehr als 250 000 Einwohnern für Gelände für industrielle Tätigkeiten mit Anlagen im Sinne der Anlage 3 der GewO 1994, Anlagen im Sinne der §§ 121 bis 121e des MinroG oder Anlagen, bei deren Genehmigung § 5 Abs. 3 des EG-K anzuwenden ist, gediehen?
10. Können Sie zusagen, dass der/die in Frage 9 angesprochene/n Aktionsplan/pläne pünktlich vorliegen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird/werden? Wenn nein, warum nicht?
11. Welche Fristen sind für die Umsetzung der in diesen Aktionsplänen enthaltenen Maßnahmen zur Lärmminderung vorgesehen, die ja erst konkrete Änderungen für die betroffenen BürgerInnen bringen?
12. Falls dafür keine Fristen von dritter Seite vorgesehen bzw. vorgegeben sind – welchen Umsetzungszeitpunkt werden Sie selbst vorgeben?