1689/J XXIII. GP

Eingelangt am 24.10.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend „Herstellung, Lagerung und Handel mit pyrotechnischen Artikeln in den Jahren 2005 und 2006"

EU-weit gibt es nach Schätzungen jährlich ca. 45.000 Unfälle mit Feuerwerkskörper. Eine neue europäische Richtlinie soll verbesserte Sicherheitsstandards bringen (EU-RL über das „Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände"). Ob allerdings, die dabei vorgesehene CE-Kennzeichnung für Feuerwerkskörper zur Verbesserung des Sicherheitsstatus ausreicht, muss in Anbetracht der Erfahrungen mit CE-Kinderspielzeug aus China ausdrücklich bezweifelt werden. Das CE-Zeichen wird irrtümlich als Sicherheitszeichen wahrgenommen, obwohl Produkte nur in Ausnahmefällen von einer unabhängigen Stelle geprüft werden. Nach Information der deutschen Verbraucherzentrale wird die CE-Kennzeichnung auf Produkten aus China überdies häufig gefälscht.

Geschätzte 8-9 Mio. Euro werden um Silvester in Österreich für den Kauf von Feuerwerkskörper umgesetzt. Da Feuerwerkskörper von Handel immer früher angeboten werden, kracht es auch immer früher bereits, Tage vor Silvester. Ab diesem Zeitpunkt haben wir auch die bekannten Probleme, wie Unfälle und Brände. Bestimmungen des Pyrotechnikgesetzes und der Pyrotechnik-Lagerverordnung 2004 werden weiterhin nicht eingehalten.

Silvester 2006/2007 kam es in Österreich ebenfalls wieder zu zahlreichen Unfällen und Verletzungen. In Salzburg starb ein junger Mann aus Bayern an Kopfverletzungen, als ihm ein selbstgebauter Knallkörper in den Händen explodierte. Die Feuerwehren waren österreichweit im Dauereinsatz, zahlreiche Brände mussten gelöscht werden, die durch Silvesterraketen ausgelöst wurden.

Unfälle mit schwersten Verletzungen, die durch (meist selbst gebastelte) Feuerwerkskörper und Böller ausgelöst wurden, gab es auch im laufenden Jahr 2007. So ereignete sich im April 2007 ein weiterer Todesfall, in Niederösterreich wurde im Mai dieses Jahres einem Jugendlichen die Hand abgerissen, als er mit Schweizerkracher hantierte.


Presseberichten zufolge sind in Deutschland alljährlich rund 8.000 Menschen von einen Knalltrauma zu Silvester betroffen. Oft die Folge, ein lebenslang bleibender Hörverlust. Genaue Statistiken über alle Todesfälle und Verletzungen (z.B. Verbrennungen, Augenverletzungen etc.) durch Feuerwerkskörper um Silvester sind europaweit nicht bekannt, dies gilt auch für Österreich. Die offiziellen Schätzungen des BMGFJ werden jährlich durch die tatsächlichen Krankenhaus- und Ambulanzaufnahmen und Behandlungszahlen eindeutig widerlegt.

Fast alle Feuerwerkskörper, die in Europa zu Silvester abgeschossen werden, werden unter „menschenverachtenden Bedingungen von Kindern und Jugendlichen hergestellt". Darauf wies Ende 2006 die salesianische Aktion „Jugend Eine Welt" hin. Die Feuerwerksindustrie ist aus deren Sicht eine „Industrie der Armen" in China, Indien und einigen lateinamerikanischen Staaten. Allein in Indien sind rund 20 Prozent der Beschäftigten in diesen Fabriken Kinder. Besonders dramatisch ist die Arbeitssituation in den asiatischen Feuerwerksfabriken, insbesondere in China, gerade dort kommt es bei der Herstellung zu schwersten Unfällen.

Unter dem Vorwand, Feuerwerksartikel für zahlungskräftige Kunden importieren zu wollen, gelang einem Reporterteam des dänischen Konsumentenmagazins Taenk eine aufsehenserregende Recherche in einer der größten Feuerwerksfabriken in der Provinz Hunan, die als Zentrum der Feuerwerksproduktion gilt. 2.200 Arbeitskräfte -fast ausschließlich Frauen - produzieren auf dem etwa 300.000 m2 großem Firmengelände Feuerwerksartikel aller Art. Der Umgang mit explosiven Stoffen und gefährlichen chemischen Substanzen erfolgt weitgehend ohne irgendwelchen Schutz. Sind Sicherheitseinrichtungen überhaupt vorhanden, so sind sie unzureichend. Viele der eingesetzten Chemikalien sind so gefährlich, dass sie in Europa längst verboten oder mit so strengen Auflagen verbunden sind, dass sie kaum noch verwendet werden. “ (VKI 28.12.2006)


In den letzten 20 Jahren wurden laut offizieller chinesischer Statistik rund 10.000 Menschen Opfer von Unfällen in Feuerwerksfabriken (Anmerkung: In Wirklichkeit dürften es viel mehr sein). Einer der letzten, die international bekannt wurden, geschah in der Provinz Hunan im September 2005. Bei einer Explosion wurden alle Gebäude im Umkreis von 500 Quadratmetern zerstört. 13 Menschen verloren ihr Leben.

Probleme - wie zahlreiche Unfälle mit verletzten Personen - gibt es um Silvester auch auf Österreichs Strassen. In der Silvesternacht kommt es zu überdurchschnittlich vielen


Verkehrsunfällen mit Personenschäden. Dazu kommen noch Auseinandersetzungen und Schlägereien, meist unter Einfluss von Alkohol.

Das Bundesministerium für Inneres (BMI) ersuchte für Silvester 2006/2007 um Zurückhaltung bei der Verwendung von Feuerwerks- und Knallkörpern. Außerdem wurde besonders auf das Verbot der Verwendung bestimmter pyrotechnischer Gegenstände im Ortsgebiet hingewiesen. Die Polizei wurde 2006 angewiesen, bei Verstößen gegen wesentliche Bestimmungen des Pyrotechnikgesetzes gezielte Maßnahmen zu setzen, um eine Gefährdung und Belästigung von Mitbürgern zu vermeiden.

In der AB 3527/XXILGP vom 23.12.2005 wurden die Fragen zur Herstellung, Lagerung und Handel mit pyrotechnischen Artikeln für das Jahr 2004 beantwortet.

Aus systematischen Gründen werden dieselben Fragen wieder gestellt, um die aktuellen Zahlen für die Jahre 2005 und 2006 zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachstehende

Anfrage:

1.     Wie viele gewerberechtliche Bewilligungen für die Herstellung und für den Handel von pyrotechnischen Artikeln sowie von Zündmitteln und sonstigen Sprengmitteln gab es mit Stichtag 31.12.2005 und 31.12.2006 in Österreich (Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer und Differenzierung zwischen Herstellung und Handel)?

2.     Wie viele Betriebsstätten für die Herstellung und für den Handel von pyrotechnischen Artikeln gab es mit Stichtag 31.12.2005 und 31.12.2006 in Österreich (Aufschlüsselung auf die einzelnen Bundesländer)?

3.    Wie viele Tonnen pyrotechnischer Artikel (z. B. Feuerwerkskörper) wurden in den Jahren 2005     und 2006 nach Österreich importiert (Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre)?

4.   Wie viele davon kamen aus EU-Staaten (Aufschlüsselung auf einzelne Länder)?

5.              Wie viele davon kamen aus Drittstaaten (Aufschlüsselung auf einzelne Länder)?

6.      Wie viele Kontrollen und Beanstandungen gab es durch die zuständigen Behörden 2005 und 2006 in Herstellungsbetrieben von pyrotechnischen Artikeln, z. B. wegen Nichteinhaltung gewerberechtlicher Vorschriften (ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)?

·                     Wie viele davon betrafen eine unzulässige Lagerung in einem Betrieb (GewO bzw. ANSchG)?

·                     Wie viele davon betrafen einen Verstoß gegen das gewerbliche Betriebsanlagenrecht?

7.    Wurden durch die zuständigen Behörden den Betriebsinhabern nach derartigen Kontrollen 2005      und 2006 Auflagen erteilt? Wenn ja, wie viele und welche (Aufschlüsselung auf Jahre)?

8.   Welche Kontrollen oder sonstigen Vollzugsmaßnahmen (z. B. Schwerpunktaktionen) wurden im Zusammenhang mit der Einfuhr von pyrotechnischen Gegenständen von den zuständigen Behörden Ihres Ressorts mit den zuständigen Behörden des BMF, des BMVIT und/oder Bezirksverwaltungsbehörden in den Jahren 2005 und 2006 durchgeführt (Aufschlüsselung auf Jahre, Behörden und Aktionen)?

9.   Wie viele Betriebskontrollen gab es durch Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeibehörden beim Handel mit pyrotechnischen Produkten in den Jahren 2005 und 2006 (Aufschlüsselung auf Jahre, Behörden und die einzelnen Bundesländer sowie Differenzierung von

Handel und Hersteller)?

10.      Haben Sie dabei in den Jahren 2005 und 2006 die zuständigen Behörden beauftragt, im Handel oder beim Hersteller die entsprechenden Kontrollen und Probeziehungen auch von pyrotechnischen Produkten vorzunehmen (Marktkontrolle)? Wenn nein, weshalb nicht (Aufschlüsselung auf Jahre)?



11.      Wenn ja, wie viele Probenziehungen mit anschließenden Untersuchungen auf Zusammensetzung und Einstufung nach dem Pyrotechnikgesetz wurden in den Jahren 2005 und 2006 vorgenommen (Aufschlüsselung auf Jahre, Bundesländer, Handels- und Herstellerbetriebe)?

12.      Wer führte diese Untersuchungen durch?

13.   Welches konkrete Ergebnis erbrachten diese Untersuchungen (Aufschlüsselung auf Tatbestände und Bundesländer)? Welche behördlichen Maßnahmen waren aufgrund dieser Ergebnisse notwendig? Wie viele Produkte (Chargen) mussten beschlagnahmt bzw. vernichtet werden?

14. Wie oft mussten Ihre Behörden bzw. die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden nach Kontrollen in Handelsbetrieben in den Jahren 2005 und 2006 pyrotechnische Produkte beanstanden? Wie viele davon wurden beschlagnahmt (Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)? Was waren die genauen Beanstandungs- bzw. die Beschlagnahmegründe?

      Wie viele davon betrafen die Kennzeichnung nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viele davon betrafen die Zusammensetzung bzw. die Zulässigkeit von Materialen nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viele davon betrafen das Verbot der Abgabe von Feuerwerksartikel im Wege der

Selbstbedienung?

•   Wie viele davon betrafen eine rechtswidrige Abgabe von Feuerwerksartikel an Jugendliche unter 18 Jahre?

15. Wie viele Anzeigen wegen Verstoßes nach dem Pyrotechnikgesetz mussten in den Jahren 2005 und 2006 erstattet werden? Wie viele davon zu Silvester 2005/2006 und Silvester 2006/2007 (Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)? Was waren die Gründe dafür?

      Wie viele davon betrafen die Kennzeichnung nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viele davon betrafen die Zusammensetzung bzw. die Zulässigkeit von

Materialen nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viel davon betrafen das Verbot der Abgabe von Feuerwerksartikel in Wege der Selbstbedienung?

      Wie viele davon betrafen eine rechtswidrige Abgabe von Feuerwerksartikel an Jugendliche unter 18 Jahre?

      Wie viele davon betrafen die Nichteinhaltung von Schutzzonen?

16. Welche rechtskräftigen Strafen oder sonstigen Sanktionen wurden dabei ausgesprochen? Zu wie vielen rechtskräftigen Straferkenntnisse kam es in diesen Jahren (Aufschlüsselung auf Jahre)?


17..Wurden auch die „fliegenden Händler" anlässlich der Sylvesterfeiern 2005/2006 und 2006/2007 kontrolliert?

18. Wenn ja, wie viele und mit welchem Ergebnis? Wie viele Feuerwerkskörper mussten beschlagnahmt werden (Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)? Wie viele Anzeigen nach dem Pyrotechnikgesetz mussten erstattet werden?

      Wie viele davon betrafen die Kennzeichnung nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viele davon betrafen die Zusammensetzung bzw. die Zulässigkeit von Materialen nach dem Pyrotechnikgesetz?

      Wie viel davon betrafen das Verbot der Abgabe von Feuerwerksartikel im Wege der Selbstbedienung?

      Wie viele davon betrafen eine rechtswidrige Abgabe von Feuerwerksartikel an Jugendliche unter 18 Jahre?

      Wie viele davon betrafen die Nichteinhaltung von Schutzzonen?

19.Wie viele Unfälle mit Personenschaden durch Feuerwerkskörper gab es in den Jahren 2005 und 2006 sowie um die Jahreswende 2005/2006 und 2006/2007 (jeweils Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)?

20.Wie viele Unfälle mit Sachschäden durch Feuerwerkskörper gab es in den Jahren 2005 und 2006 sowie um die Jahreswende 2005/2006 und 2006/2007 (jeweils Aufschlüsselung auf die einzelnen Jahre und Bundesländer)?

21.   Sehen Sie derzeit Probleme im Vollzug und bei der Kontrolle von pyrotechnischen Gegenständen? Wenn nein, weshalb nicht? Wenn ja, in welchen Bereichen? Sehen Sie Defizite in der Zusammenarbeit mit anderen Bundesministerien oder den Ländern?

22.   Sehen Sie in Anbetracht der zahlreichen Unfälle mit Personen- und Sachschaden durch Feuerwerkskörper einen legislativen Handlungsbedarf? Wenn nein, warum nicht?