1722/J XXIII. GP

Eingelangt am 31.10.2007
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend rechtliche Auskunft von HR Mag. Roland Horngacher an HR Dr. Otto Schneider

 

 

Die Wochenzeitschrift „Falter“ berichtet in ihrer Ausgabe 43/2007 vom 24.10.2007 unter dem Titel „Lieber Herr Hofrat!“ unter anderem:

 

Was tun, wenn ein Strafmandat im Briefkasten liegt? Der normale Bürger würde seinen Einspruch per Post an die Polizei schicken. Otto Schneider, der Leiter der Staatsanwaltschaft Wien, kennt einen Abschneider. Vergangenes Jahr übersah der oberste Ankläger eine Stopptafel in der Dominikanerbastei. Siebzig Euro. Hofrat Schneider meinte, der „Meldungsleger“ habe den Vorfall wohl „falsch interpretiert“. Er schrieb einen Einspruch, heftete seine Staatsanwalts-Visitenkarte daran, steckte alles in ein Kuvert mit dem Absender „Leiter der Staatsanwaltschaft Wien“ – und schrieb mit der Hand „Hofrat Mag. Horngacher, persönlich“ darauf.

Roland Horngacher war zu jener Zeit der mächtigste Polizist der Stadt. Er stand wegen unerlaubter Interventionen bereits im Visier der Behörde. Er wurde vorstellig bei der Staatsanwaltschaft, um seine Unschuld zu beteuern. Der Chef dieser Behörde suchte nun selbst „persönlichen“ Rat. Horngacher ließ Schneiders subtiles Werk auf seinem Tisch liegen. Korruptionsfahnder des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) fanden es bei einer Hausdurchsuchung. Das Justizministerium prüfte den Vorfall – und kam zu dem Ergebnis, dass Schneider bloß um eine „rechtliche Überprüfung“ des Vorfalls bat. Er selbst sagt: „Ich habe die Strafe bezahlt. Die Sache ist mir heute unangenehm.“

 

Außerdem berichtet die Tageszeitung die Presse in ihrer Ausgabe vom 25.10.2007 unter dem Titel „Intervention für Horngacher: Ermahnung für Staatsanwalt“:

 

Obwohl Schneider von einer Berufung absah und die Strafe bezahlte, war die Optik so schief, dass nicht nur das Büro für interne Angelegenheiten (BIA) ermittelte. Auch die Präsidialsektion im Justizministerium wurde aktiv – und in ihrer Stellungnahme überraschend deutlich. Im entsprechenden Bericht heißt es wörtlich: „Das Verhalten ist kein Schuldbeweis in Richtung einer Dienstpflichtverletzung. Das heißt aber nicht, dass das Verhalten des Hofrat Dr. Schneider als einwandfrei zu beurteilen wäre.“ Und weiter: „Die sich aus diesen Zusammenhängen ergebende Optik ist jedenfalls ungünstig.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

 

 

1.)    Seit wann ist Ihnen dieser Sachverhalt bekannt?

 

2.)    Ist es richtig, dass HR Dr. Schneider Herrn Horngacher das Kuvert während eines bereits laufenden Ermittlungsverfahren der StA Wien gegen letzteren zugesteckt hat?

 

3.)    HR Dr. Schneider rechtfertigt sich, er habe eine „Rechtsauskunft“ eingeholt. Ist der Wirtschaftspolizist Horngacher für das BMJ ein Experte für den Vollzug der StVO?

 

4.)    Wer hat an dem Gespräch mit HR Dr. Schneider, bei dem seine Rechtfertigung ohne Überprüfung akzeptiert wurde, teilgenommen?

 

5.)    Warum wurde über die Vorgangsweise gegen HR Dr. Schneider im Bereich der StA bzw. OStA Wien, also in seinem eigenen Einflussbereich, entschieden?

 

6.)    Warum wurde die Entscheidung über ein Verfahren nicht an die StA an einem anderen Gerichtsort abgetreten?

 

7.)    Warum wird ein Staatsanwalt besser behandelt als ein Polizeibeamter?

 

8.)    Welche dienst- bzw. disziplinarrechtlichen Schritte wurden nach Bekanntwerden des Verhaltens von HR Dr. Schneider gesetzt und welche Ergebnisse haben sie gebracht?

 

9.)    Wie lautet die Stellungnahme der Präsidialsektion, welche in der Tageszeitung „die Presse“ zitiert wird, im Volltext?

 

10.)    Sind für Sie alle in dieser Angelegenheit zu setzenden Schritte unternommen worden?

 

11.)    Werden Sie den geschilderten Sachverhalt einer neuerlichen Überprüfung unterziehen?

 

12.)    Bei Verneinung von Frage 11: Warum nicht?

 

13.)    Welche Schritte werden gesetzt, um im Bereich der Staatsanwaltschaften eine Sensibilisierung gegenüber derartigen Sachverhalten zu erreichen?