1749/J XXIII. GP
Eingelangt am 07.11.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Parnigoni
und GenossInnen
an die Bundesministerien für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend „Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive und Bewachungsgewerbe) - Sicherheits-
Outsourcing"
Im Regierungsübereinkommen
von SPÖ und ÖVP ist u.a. vereinbart, ein Bundesgesetz für das
private Sicherheitsgewerbe zu erarbeiten und dieses in der laufenden
Legislaturperiode zu
beschließen. SPÖ-Abgeordnete
treten bereits seit Jahren für ein eigenes Bundesgesetz für private
Sicherheitsdienste ein, das einerseits den Problemen dieser Branche sowie
anderseits den
Herausforderungen und Aufgaben gerecht wird.
Der Markt
für private Sicherheitsdienstleister wird in Österreich auf 220 Mio.
Euro geschätzt,
neue Anbieter
drängen auf den Markt. Bei der EURO 2008 müssen - neben den Stadien -
insbesondere im Public-viewing-Bereich und
bei sonstigen Fanveranstaltungen gut ausgebildete
MitarbeiterInnen aus dem privaten Sicherheitsgewerbe eingesetzt werden. Allein
dies stellt eine
besondere Herausforderung für diese Unternehmen dar.
Beängstigend
und erschreckend ist aber zurzeit das zunehmende Auftreten von privaten
Sicherheitsunternehmen
auf internationaler Ebene, nämlich im militärischen Umfeld von
Krisen-
und
Kriegsgebieten (z.B. Irak). Diese Unternehmen übernehmen neben klassischen
Sicherheitsaufgaben
auch militärische Kampfaufträge. Medien sprechen bereits vom
„Kriegs-
Outsourcing".
Auch einige Österreicher haben in den letzten Jahren bei derartigen
Sicherheitsfirmen
(Militärfirmen) als Mitarbeiter (möglicherweise auch als
Söldner) angeheuert,
was natürlich zu zahlreichen grundsätzlichen - auch
verfassungsrechtlichen - Fragen führt. Dies
insbesondere
dann, wenn dabei Österreicher an kriegerische Auseinandersetzungen und
Kampfhandlungen
in diesen Kriegsgebieten direkt beteiligt sind.
Es ist ein großes
Geschäft für private Sicherheitsfirmen und Militärfirmen, das
gesamte
Geschäftsvolumen soll weltweit 100 bis
150 Milliarden Dollar betragen, eine Goldgrube für
einige große Firmen wie beispielsweise zurzeit im Irak (Blackwater,
Kellog, Dyncorp, Aegis,
Titan, MPR, Brown an Root, CAC, International Inc., Triple Canopi, Crescent
Security). Sie
agieren in diesem
sensiblen Bereich der Sicherheit ohne wirkliche Kontrolle. Nationale Gesetze,
Völkerrecht,
Bestimmungen der Genfer Konvention haben für sie keine Bedeutung. Sie
bewachen, schützen, verhören,
kämpfen, foltern und morden: So sollen Mitarbeiter der privaten
Sicherheitsfirma Blackwater im September 2007 17 irakische Zivilisten
getötet haben.
Diese
Privatisierung des Krieges hat überdies seine eigenen
Gesetzmäßigkeiten. Es kommt zu
einer Verknüpfung unternehmerischer Interessen (Gewinnorientierung) und
der Eskalation des
Krieges. Diese Unternehmen haben keinen Anreiz ihren gut bezahlten Einsatz im
Krisen- und
Kriegsgebieten
aufzugeben und den Einsatz zu beenden. Auseinandersetzungen, Kriege und
Befriedungen sowie Wiederaufbau sind die
Triebfeder ihres unternehmerischen Handelns.
Der
neoliberale Glaube, dass Privatisierung alle gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Probleme
löst, hat sich bereits in der Vergangenheit auf allen Ebenen als
großer Trugschluss erwiesen.
Gegen die
Privatisierung der Sicherheit sprechen aber auch noch grundsätzliche
Probleme, wie
der Verlust des staatlichen Gewaltmonopols
und der politischen Kontrolle.
Bei
Sicherheitsfirmen im Kriegseinsatz gibt es - auch wenn staatliche Lizenzen
vergeben werden
- keine Kontrolle in
diesem sensitiven Sicherheitsbereich. Unterliegen die Soldaten nationaler
Armeen zumindest dem jeweils nationalen Militärstrafrecht, bestehen
gegenüber Mitarbeitern
von privaten Sicherheitsunternehmen keine eigenen Gesetze und Sanktionen. Es
ist nicht einmal
klar, welcher Gerichtsbarkeit sie unterliegen. Im Irak beispielsweise
können amerikanische
Staatsbürger von der irakischen Justiz
nicht belangt werden (Order 17). Sie bekamen Immunität
eingeräumt, sie unterliegen aber auch nicht der
US-Militärgerichtsbarkeit.
Niemand will auch in diesen
Kriegs- und Risikogebieten die politische Verantwortung für das
mörderische Treiben der privaten
Sicherheitsunternehmen tragen und strafrechtlich durchsetzen.
Sie bekommen Immunität zugesprochen und entziehen sich damit bewusst jeder
Kontrolle, auch
der der zumeist staatlichen Auftraggeber.
Private
Sicherheitsunternehmen wollen aber - so deren Zielsetzungen - weitere
traditionelle
staatliche
Sicherheitsaufgaben im militärischen Umfeld übernehmen und
argumentieren u.a. mit
Kostenersparnissen für die Staaten. Sie rechnen mit weiteren Aufträgen,
insbesondere bei
internationalen
Friedenseinsätzen. Befürchtet werden muss daher eine Fortführung
dieser
Privatisierung der
Sicherheit (Kriegs-Outsourcing), die letztendlich zur Aufgabe des staatlichen
Gewaltmonopols und Schwächung der Staatenautorität führt.
Mit der AB
4596/XXII.GP vom 14.09.2006 wurden von Ihrem Vorgänger Fragen zur
Entwicklung und verfassungsrechtlichen
Problemen im Sicherheitsgewerbe beantwortet. Aus
grundsätzlichen Überlegungen werden ähnliche Fragen
wieder gestellt, um aktuelle
Informationen zu erhalten.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerien für
europäische und
internationale
Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1.
Wo liegen aus
Sicht des Bundeskanzleramtes nach europäischem (Verfassungs-)Recht -
nicht zuletzt in Anbetracht des vermehrten
Einsatzes von privaten Sicherheitsunternehmen
in Krisen- und Kriegsgebieten - die Grenzen der Übertragung von
staatlichen
Sicherheitsaufgaben auf private
Sicherheitsunternehmen (Sicherheits-Outsourcing)?
2.
Welche Probleme sehen Sie in Europa, wenn durch EU-Mitgliedsstaaten
weitere staatliche
Sicherheitsaufgaben privatisiert und private Sicherheitsunternehmen von diesen
Staaten im
militärischen
Umfeld in Krisen- und Kriegsgebieten eingesetzt werden?
3.
Können aus Sicht des Bundeskanzleramtes Personen, die zur
Ausübung des
Sicherheitsgewerbes in Österreich berechtigt sind, ihre
Unternehmensleistungen in
Drittstaaten
sowie in Krisen- und Kriegsgebieten (z.B. Irak) anbieten und damit auch ihre
Mitarbeiter
dort einsetzen?
Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Wenn nein, welche gesetzlichen Bestimmungen verbieten dies?
4. Mit welchen rechtlichen Sanktionen haben
Österreicher zu rechnen, die als Zivilpersonen
oder Söldner privater
ausländischer Sicherheitsunternehmen im Ausland in Krisen- oder
Kriegsgebieten (wie beispielsweise im
Irak) tätig sind?
5.
Mit welchen rechtlichen Sanktionen haben Österreicher zu rechnen,
die direkt an
kriegerischen
Handlungen im Ausland in Krisen- oder Kriegsgebieten (wie beispielsweise
im
Irak) beteiligt sind bzw. waren?
6.
Welche Maßnahmen können auf europäischer Ebene ergriffen
werden, um ein weiteres
„Sicherheits-
bzw. Kriegs-Outsourcing" durch EU-Mitgliedsstaaten (z.B. England) zu
verhindern?
7.
Welche Maßnahmen können auf europäischer Ebene
ergriffen werden, um den
zunehmenden
Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen in Krisen- und Kriegsgebieten
(z.B. Irak) zu verhindern?