185/J XXIII. GP
Eingelangt am 14.12.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Gewalt gegen Kinder - Kindermisshandlungen in Österreich"
Die
Gewalt gegen Kinder in der Familie hat massiv zugenommen. Gerade in den letzten
Monaten sind brutale
Attacken und Misshandlungen von Elternteilen oder deren PartnerInnen
bzw. sonstigen Familienangehörigen gegenüber wehrlosen Kindern in
Österreich und
Deutschland bekannt geworden. Zum Teil
haben diese Misshandlungen zu irreparablen Schäden
ja sogar zum qualvollen Tod der misshandelten Kinder geführt.
Alkohol, Drogen,
Arbeitslosigkeit, Persönlichkeitsstörung, Aggressionen etc. sind
meist Auslöser für diese Taten
von Erwachsenen. Oft handelt es sich um junge Eltern, die mit dem Kind absolut
überfordert
sind. Besonders signifikant der Zusammenhang von Alkoholkonsum und Gewalt.
Folge: Die
Kinder werden später selbst gewalttätig.
Kinder werden vor allem in desolaten
Familien und Beziehungen extrem vernachlässigt und
verwahrlosen, niemand fühlt sich für diese verantwortlich. Nach
Angaben von Soziologen sind
alle in Deutschland 80.000 Kinder im Alter
von 0 bis zu 10 Jahren betroffen. Dies zeigt
einerseits das Versagen der Gesellschaft, andererseits auch das
eklatante Versagen des Staates
bzw. der zuständigen Sozial- und Jugendbehörden auf. Absolut
schockierend der ist diesem
Zusammenhang von den Medien berichtete Tod des zweieinhalbjährigen Kevin
in Bremen,
dessen drogensüchtiger Vater das tote
Kind im Kühlschrank deponiert hatte. Gleiches gilt für den
Tod der vier Monate alten Iris-Maria aus Wien, deren junger Vater immer
wieder seine Wut an
dem Kleinkind ausgelassen hat, bis sie starb.
Obwohl in Deutschland
die Zahl der Kindstötungen in den vergangenen 20 Jahren
zurückgegangen ist, sieht der Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer
in der jüngsten
Häufung keine Einzelfälle. Nach
seinen Untersuchungen sei das Risiko für Kinder, misshandelt
zu werden, in Ostdeutschland doppelt so groß wie in
Westdeutschland. Die Zahl der
Kindesmisshandlungen gehe in die
Zehntausende. Die Zahl der verwahrlosten Kinder steige in
Deutschland jährlich um bis zu 10.000 (SN 18.10.2006).
Nach einer
UNICEF-Studie von 2003 starben 523 Kinder in Deutschland in den davor liegenden
fünf Jahren an Misshandlung. Das sind zwei tote Kinder pro Woche. Aus den
Sozialämtern wird
wiederum berichtet,
dass sich die in Berlin gemeldeten Kindesmisshandlungen in den
vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt
haben, von 260 auf 494 Fälle, in Thüringen stieg die
Zahl der Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Kinder im selben
Zeitraum von 402 auf 990,
wohl gemerkt bei sinkenden Kinderzahlen
(Die Zeit 19.10.2006).
In
Österreich sind zwar keine genauen Zahlen über Kindesmisshandlungen
bekannt, aber es
finden sich
darüber immer wieder schockierende Berichte in den verschiedensten
österreichischen Medien.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Zu wie
vielen gerichtliche Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Quälens
einer wehrlosen
Person mit
Todesfolge, Totschlag, fahrlässiger Tötung oder wegen Mordes an
Kindern (bis
14 Jahre) kam es durch die Polizei, Ärzte, LehrerInnen,
KindergärterInnen, Private oder
sonstige Behörden (z.B.:
Krankenhäuser, Jugendwohlfahrt oder Gesundheitsbehörden) in den
Jahren 2000 - 2005 (Aufschlüsselung der Anzeigen nach diesen
Delikten auf diese Jahre bei
den zuständigen Gerichten bzw. StA)?
2. Wie teilen sich diese Strafanzeigen auf?
Wie viele dieser gerichtlichen
Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Quälens einer
wehrlosen Person mit Todesfolge, Totschlag, fahrlässiger Tötung oder
wegen Mordes an
einem Kind wurden gegen einen Elternteil, dessen Partner oder sonstige
Familienangehörige
erstattet (Aufschlüsselung nach Jahren und nach den erstatteten Anzeigen
sowie auf
zuständige Gerichte bzw. StA)?
3.
Zu wie vielen diesbezüglichen Strafverfahren kam es 2000 - 2005?
Wie viele Personen
waren
in diesen Strafverfahren als Angeklagte betroffen (Aufschlüsselung auf
Jahre sowie
Gerichte bzw.
Staatsanwaltschaften)?
4. Wie viele dieser Anzeigen bzw. Verfahren wurden diversionell erledigt (Aufschlüsselung auf
Jahre sowie Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)? Wie viele Personen waren davon betroffen?
5.
Wie viele Strafanzeigen wurden in diesen Jahren jeweils
zurückgelegt? Wie wurden diese
jeweils begründet (Aufschlüsselung auf Jahre sowie Gerichte bzw.
Staatsanwaltschaften)?
Wie
viele Personen waren davon betroffen?
6.
Wie viele dieser Verfahren wurden in diesen Jahren eingestellt? Wie
wurden diese jeweils
begründet
(Aufschlüsselung auf Jahre sowie Gerichte bzw. Staatsanwaltschaften)? Wie
viele
Personen
waren davon betroffen?
7.
Zu wie vielen
rechtskräftigen Verurteilungen wegen Kindesmisshandlung kam es in diesen
Jahren? Wie viele Personen wurden
rechtskräftig verurteilt (Aufschlüsselung auf Jahre sowie
Gerichte und Bundesländer)?
8.
Welche Strafen wurden bei diesen Verurteilungen konkret ausgesprochen
Aufschlüsselung
auf
Jahre sowie Gerichte)?
9.
Vertreten auch Sie die Auffassung, dass der Staat im Rahmen seiner
Führsorgepflicht bei
Beispielen von konkreter Verwahrlosung und extremer Vernachlässigung
direkt in private
Verhältnisse
(Problemfamilien) eingreifen muss? Wenn nein, warum nicht?
10.
Sind Sie in diesen Zusammenhang auch der Auffassung, dass die Zahlung
des Kindergeldes
vom Besuch ärztlicher Vorsorgeuntersuchungen abhängig gemacht werden
soll? Wenn nein,
warum
nicht?
11.
Sieht das Justizministerium zum Schutz von Kindern einen legislativen
Handlungsbedarf?
Wenn
ja, worin liegt dieser?