187/J XXIII. GP
Eingelangt am 14.12.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend „Angemessene“ Honorare bei der Vermittlung von Profifußballern
In einem Prozess den
der ehemalige Red Bull Salzburg Trainer Kurt Jara gegen Red-Bull-Boss
Dietrich Mateschitz beim LG-Salzburg
angestrengt hatte, wurden Abgründe bei der Vermittlung
von Fußballern sichtbar, die international scheinbar gang und gebe
sind.
„Ungereimtheiten bei Spielertransfers" waren offensichtlich auch die
Gründe für die von Red
Bull ausgesprochene Entlassung Kurt Jaras.
Ausgelöst hatte diese Diskussion ein Schreiben des
Schweizer Fußballer Vermittlers
Kevin Fioranelli an Richard Motzkin („.... We control the
coach"), dem vereinsinterne Überprüfungen bei Red Bull
folgten, deren Ergebnisse Dietrich
Mateschitz mit den Worten „Ungereimtheiten bei Spielertransfers"
bezeichnete. Es ist nun
diesem Gerichtsverfahren zu verdanken, dass diese Vermittlungspraktiken und
Honorarforderungen im Profifußball
öffentlich wurden und Medien darüber auch ungeschminkt
berichten konnten.
In der SN vom 03.10.2006 wird dies wie folgt beschrieben:
„Die Transfers liefen nach Ansicht von Red Bull immer zu Ungunsten
des Unternehmens ab,
Schadenssumme: 1,7 Millionen Euro. Die umstrittenen Transfers:
• Fall Bodnar: Diese Sache löste nach Angaben
von Mateschitz die ganze Affäre aus und
erschütterte das Vertrauen in
Jara. Beim Wechsel des ungarischen Teamspielers von
Kerkrade nach Salzburg hat Jara—Anwalt und -Freund Fiorar seine
Dienste kostenlos
angeboten. Danach forderte Fioranelli von
Bodnars Manager 60.000 Euro Honorar für
den Transfer.
Dank Fiorar lag
die Transfersumme auch nicht bei 800.000 sondern bei 940.000 Euro,
meinte ein erboster Red-Bull- Anwalt Reinhard Ratschiller.
• Fall Gercaliu: Der Sturm-Spieler wurde von Max
Hagmayr gemanagt, doch Robert
Hochstaffl vermittelte Gercaliu um
einen Mill. Euro nach Salzburg. Weil Hagmayr über
einer Ablösesumme von
500.000 Euro mitverdient hätte wurde an Sturm nur 400.000
Ablöse aber 600.000 Euro als
Sponsorsumme bezahlt. Der hintergangene Hagmayr
klagt nun Red Bull Salzburg auf das
ausständige Honorar. Gercaliu behauptet
eidesstattlich, dass ihn Jara zu diesem Vorgehen gezwungen habe. Für Jara ein Konter,
weil der 20-Jährige nur 23.000; und nicht wie gefordert 35.000 Euro verdient habe -
im Monat wohlgemerkt. Hochstaffl rechnete allein: für diesen Vertrag 150.000 Euro
Honorar ab.
Frage des Richters an Jara: Was hat Hochstaffl für 150.000 Euro geleistet? Jara:
Beratertätigkeit.
Richter Gruber: Ist diese Summe angemessen? Jara: Ja.
• Wechsel Kirchler/Jezek/Mayrleb: Auch diesen
Dreier-Transfer von Pasching nach
Salzburg fädelte der Mann ein,
der nach Weisung von Mateschitz keine Geschäfte mit
Salzburg machen durfte. Kosten
für Red Bull: 1,5 Mill. Euro Ablöse, dazu 80.000 Euro
Honorar an Hochstaffl.
Angeblich - und von Jaras Anwalt bestritten- kassierten
Fioranelli und Hochstaffl noch einmal
150.000 Euro von der Ablöse.
•
Fall
Carboni: Für den Argentinier bezahlte Salzburg 118 (!) Prozent
Vermittlungshonorar
- der Prozentsatz rang auch dem Richter
Respekt ab. Wieder dabei: Fioranelli mit 99.000
Euro und Maradonas Exmanager Jorge
Cyterszpiler mit 400.000 Euro. Jaras Antwort:
Der argentinische Klub Lanus habe die
Abrechnung so gewünscht.
•
Transfer Paul Scharner: Red Bull
hatte noch Anspruch auf zehn Prozent des
Transfererlöses ab 500.000 Euro. Scharner
hatte Anspruch auf 30 Prozent der
Transfersumme. Unmittelbar vor dem Transfer zu Wigan
Athletic (GB) gab Jara für
100.000 Euro die Rechte an dessen Manager Jürgen Werner
zurück. Danach wechselte
Scharner um 3,67 Mill. Euro, kassierte rund 1,2 Mill. Euro
Handgeld. Salzburgs
Beteiligung hätte folglich 190.000 Euro betragen.
Der
Fragesteller hat bereits in der Anfrage an den Bundeskanzler betreffend
„Wirtschaftliche Situation von Sportvereinen bzw. Kapitalgesellschaften
im Sport
(insbesondere im Fußball) - Sportpolitische Maßnahmen" auch
die Probleme um die
enormen Gehälter und Vermittlungsprovisionen in den Fragen 4, 5, 6,
7, 14, 15, 16, 17, 27 und 28
angesprochen. Zu den Fragen 4 - 7, 27 und 28 gab es nachstehende Antwort des
Bundeskanzlers am 14.08.2006 (AB 4376 XXII.GP):
„Die Bekämpfung des Abgabenbetrugs in allen seinen Spielarten
ist der
Bundesregierung ein großes Anliegen. In diesem Sinne wurde vom
Bundesministerium
für Finanzen eine Reihe von Betrugsbekämpfungspaketen
geschnürt; zuletzt im Rahmen der
Umsetzung des Betrugsbekämpfungsgesetzes 2006.
Vor dem
Hintergrund der Manipulations- und Korruptionsskandale, die den
europäischen
Fußball in den letzten Monaten
erschüttert haben, wurde der ehemalige Sportminister Portugals,
Jose-Luis Arnaut, noch unter der
britischen EU-Präsidentschaft zum Chair des Independent
European Sport Review 2006 bestellt.
Der Independent European Sport Review 2006 beschäftigt sich mit den
in der gegenständlichen
Anfrage
angesprochenen Themen und Problematiken und bietet Lösungsvorschläge
für besseres
Goverance im Fußball und gibt insbesondere Lösungsansätze
für eine Vielzahl an Problemen im
Profisport wie die Bekämpfung der Geldwäsche, der Vermarktung
minderjähriger Sportlerinnen
und Sportlern, der Korruption, des Rassismus
im Sport und des illegalen Wettspiels. Es wurde
eine unab- hängige Analyse
erstellt, wie europäische Fußballorgane, die EU-Institutionen und
die EU- Mitgliedstaaten die
Erklärung von Nizza auf europäischer und nationaler Ebene
bestmöglich umsetzen
können.
Weiters wird der rechtliche Rahmen erläutert, der benötigt
wird, um den besonderen Merkmalen
des Sports in der Praxis Rechnung zu tragen, insbesondere im Bereich der
Wettbewerbspolitik
und der Freizügigkeit der Arbeitnehmer.
Österreich
hat während seiner EU-Ratspräsidentschaft diese wünschenswerte
Initiaive
unterstützt und war beim Treffen der
europäischen Sportpolitiker durch Staatssekretär Mag.
Karl Schweitzer vertreten. Die
aktuellen Entwicklungen des Reports wurden bei der
Sportdirektorenkonferenz in Wien am 29. und 30. März 2006 von der
Europäischen Kommission
präsentiert. Am 13. Juni 2006 wurde
gegenständlicher Report durch Staatssekretär Mag. Karl
Schweitzer und Jose-Luis Arnaut in Wien im Rahmen einer Pressekonferenz
präsentiert.
Die Österreichische EU-Ratspräsidentschaft hat in einem
Schreiben alle EU-Sportminister
(insbesondere nachfolgende EU-Ratspräsidentschaften) ersucht, diese
Initiative nachhaltig zu
unterstützen
und für eine innerstaatliche Umsetzung der Zielsetzungen des Reports nach
Möglichkeit Sorge zu tragen.
Diesbezügliche nähere Ausführungen sind dem beiliegenden Exekutive Summary zu entnehmen ".
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele
ÖsterreichInnen verfügen über eine Lizenz als
FIFA-Spielervermittler? Wie viele
sind als Spielervermittler tätig?
2.
Wie viele Personen verfügen in Österreich über eine
aufrechte Gewerbeberechtigung für
Arbeitsvermittlung
eingeschränkt auf Sportler (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?
Wie ist
die
Honorierung geregelt?
3.
Unter welchen Voraussetzungen kann für eine erfolgreiche Vermittlung
von SportlerInnen
an
Vereine ein Vermittlungshonorar gestellt werden?
4.
In welcher Höhe ist dieses als „angemessen" zu
beurteilen, ab welcher Höhe oder bei
welcher
Berechnungsform muss von „Sittenwidrigkeit" gesprochen werden?
5.
Ist es zulässig, dass vermittelte Fußballer Prozentteile
ihres Jahreseinkommens als Provisionen
an Spielervermittler
zahlen?
6.
Verfügte Robert Hochstaffl bei seinen Vermittlungsdiensten in
Salzburg über eine
entsprechende
Gewerbeberechtigung? Wenn nein, welche rechtliche Konsequenzen sind
damit
verbunden? Können an ihn bereits bezahlte Honorare deswegen
zurückverlangt
werden?
7.
Wie stehen Sie dazu, dass immer mehr Verträge mit
Profifußballern von Personen vermittelt
und/oder
abgeschlossen werden, die über keine FIFA-Lizenz verfügen und
trotzdem dafür
Provisionen geltend machen?
8.
Wie stehen Sie dazu, dass immer mehr Verträge mit
Profifußballern von Personen vermittelt
und/oder abgeschlossen werden, die über keine aufrechte
Gewerbeberechtigung verfügen und
trotzdem dafür
Provisionen geltend machen?
9. Wie beurteilen Sie sportrechtlich die Honorarforderung von Fioranelli im „Fall Bodnar"?
10. Wie beurteilen Sie sportrechtlich die subtilen Vermittlungspraktiken im Fall „Gercaliu"?
11.
Halten Sie in Anbetracht der beschriebenen Leistungen die Summe von
150.000 Euro im
Fall Gercaliu
für gerechtfertigt?
12.
Wie beurteilen Sie sportrechtlich die Honorarforderungen für den
„Wechsel Kirchler/
Jezek
/ Mayrleb"?
13. Wie beurteilen Sie sportrechtlich das Vermittlungshonorar im Fall „Carboni"?
14.
Wie beurteilen Sie sportrechtlich den „Transfer Paul
Scharner" und die damit
verbundenen
Honorarforderungen?
15.
Welche sonstigen undurchsichtigen Vermittlungsfälle und nicht
nachvollziehbare
Honorarforderungen
von Spielervermittlern und Agenturen im Profisport - insbesondere im
Fußball
- sind dem Sportressort in den letzten Jahren bekannt geworden?
16.
Welche Maßnahmen wurden durch das Sportressort zur Umsetzung des
„Independent
European Sport Review
2006" in die Wege geleitet? Welche konkreten - insbesondere
legislativen - Maßnahmen sind zu dessen Umsetzung noch notwendig? Welche
Bundesministerien sind dafür zuständig?
17.
Welche Haltung nehmen nun die EU-Mitgliedsstaaten zum
„Independent European Sport
Review 2006"
ein? Kann eine diesbezügliche europaweite Umsetzung erreicht werden?
18.
Sehen Sie diese Probleme nur im Profifußball oder auch bei
anderen Sportarten? Wenn ja,
bei welchen
Sportarten?