1922/J XXIII. GP
Eingelangt am 08.11.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Kaipel
und Genossen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG)
Das „Bundesgesetz über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränk-ter Haftung" (BB-GmbH-Gesetz) (BGBl. I Nr. 39/2001) wurde zuletzt im Jahr 2006 geändert (BGBl. I Nr. 76/2006; NR: GP XXII RV 1418 AB 1471 S. 150 BR: AB 7553 S. 735). Die Änderungen traten mit 22. Juni 2006 in Kraft.
(Im Folgenden wird stets entsprechend der Entschließung des Nationalrates vom 26. Jänner 2005 (E 88-NR/XII.GP) der Begriff „Klein- und Mittelbetriebe" im Sinne der Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 6.5.2003, K(2003)1422, verwendet und umfasst daher gemäß Artikel 2 Z 3 des Anhanges dieser Empfehlung auch Kleinstunterneh-men, die neben anderen Kriterien weniger als 10 Beschäftige haben.)
In den Materialien der Regierungsvorlage wurde das Problem, das die Änderungen notwendig machte, folgendermaßen beschrieben: „Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind die Säule der österreichischen Wirtschaft. Zentrale Bündelung von Ausschreibungen kann es bei strikter Auslegung KMU erschweren, sich um öffentliche Aufträge zu bewerben." (RV-Vorblatt)
Das Ziel der Gesetzesänderung war daher: „Die Zugangsmöglichkeiten von KMU an öffent-lichen Ausschreibungen sollen verbessert und im Gesetz festgeschrieben werden." (ebd.)
Mit dieser Gesetzesänderung wurden die jahrelangen Bemühungen von Seiten des Anfrage-stellers durch das Parlament einstimmig anerkannt. Im Bericht des Finanzausschusses (1471 d.B., 10.5.2006) heißt es: „Die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) ist in vielen Fällen mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht auf die Struktur der österreichischen Wirtschaft Rücksicht zu nehmen."
Auch die damalige ÖVP/BZÖ-Bundesregierung gab nach jahrelanger abwehrender Haltung dem Anfragesteller in der Sache Recht. Denn immerhin heißt es im Vorblatt zu den Erläuterungen der Regierungsvorlage: „Alternativen: Beibehaltung der bisherigen Rechtslage drängt BBG in die Rolle des , Feindes der KMUs'.“
Folgende Änderungen wurden mit dieser Gesetzesnovelle beschlossen:
Zur Berücksichtigung der besonderen Rolle der klein- und mittelbetrieblichen Anbieterstruktur hat die Bundesbeschaffungs-Gesellschaft (BBG) Leistungen in jenen Fällen, in denen dies in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht oder nach Menge und Art der Leistung zweckmäßig ist, so auf NUTS 3 Region-Ebene auszuschreiben, dass sich nach Möglichkeit auch Kleinstbetriebe an den Ausschreibungen beteiligen können (Eignungskriterien), wobei insbesondere auf die örtliche Nahversorgungsstruktur Bedacht zu nehmen ist.
Diese Regelung gilt jedoch leider nur für folgende im Gesetz genannten Beschaffungsgrupp-en: Reinigungsdienstleistungen für Gebäude; Güter und Dienstleistungen der Informations-technologie; Büro- und EDV-Verbrauchsmaterial; Lebensmittel für Großabnehmer; Betriebs-verpflegung, Essenbons; Wäscherei, Miettextilien; Metallprodukte, Maschinen, Werkzeug, Werkstattausrüstung; Elektrogeräte und -komponenten, Elektronikgeräte und -komponenten sowie deren Instandhaltung.
Folgende ebenfalls für kleine und kleinste Unternehmen relevante Beschaffungsgruppen wur-den entgegen dem Antrag des Anfragestellers nicht ins Gesetz aufgenommen:
• Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung von Fahrzeugen
• Büromaschinen sowie deren Instandhaltung
• Papier
• Standardmöbel, Raumausstattung und -einrichtung
• Laborverbrauchsmaterial, Laborausstattung
• Pharma, medizintechnische Standardausrüstung und -geräte, medizinische Behelfe
• Drucksachen
• Gebäudebewachung
• Bekleidung, Flachwäsche
• Chemische Mittel, Reinigungsmittel und -material, Lacke, Schmiermittel
• Facility Management, Instandhaltung von Förderanlagen und Maschinen
• Versicherung
Folgende vom Anfragesteller beantragte Gesetzesänderung fand ebenfalls keine Mehrheit: „Über die Ausschreibungen in diesen Beschaffungsgruppen und deren Vergabe aufgeschlüsselt nach Kleinst-, Klein-, Mittel- oder Großunternehmen und regionalem Standort der Vertragspartner hat der Bundesminister für Finanzen dem Nationalrat jährlich Bericht zu erstatten."
Nur durch einen umfassenden und detaillierten Bericht des Finanzministers an den Nationalrat ist für die Öffentlichkeit zu kontrollieren, ob und in welchem Umfang die regionalen Kleinst-,Klein- und Mittelbetriebe von der Bundesbeschaffung-Gesellschaft auch tatsächlich Aufträge bekommen. Der ehemalige Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser hat in seiner Beantwortung (2045/AB zu 2081/J XXII. GP) der parlamentarischen Anfrage von Abg.z.NR Ing. Erwin Kaipel und Abg.z.NR Mag. Johann Moser am 9. September 2004 selbst grundsätzlich ausgeführt, dass gegen eine Berichterstattung an das Parlament aus Sicht seines Ministeriums kein Einwand bestehe (zu Frage 5b).
Die unterzeichneten Abgeordneten richten deshalb an den Herrn Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage
1. In welchen Beschaffungsgruppen wurden seit Inkrafttreten der oben erwähnten Gesetzes-änderung von der BBG jeweils welche Leistungen mit welchem Leistungsumfang auf welchen NUTS 3 Region-Ebenen ausgeschrieben?
2. Wie haben sich die Ausschreibungsvolumina auf die NUTS 3 Regionen verteilt?
3. Wieviele Kleinstunternehmen haben sich jeweils an welchen dieser Ausschreibungen (im Sinne der Frage 1) mit welchem Erfolg beteiligt und wie hoch war das Kleinstunternehmen zugeschlagene Auftragsvolumen insgesamt?
4. Wieviele Kleinunternehmen haben sich jeweils an welchen dieser Ausschreibungen (im Sinne der Frage 1) mit welchem Erfolg beteiligt und wie hoch war das Kleinunternehmen zugeschlagene Auftragsvolumen insgesamt?
5. Wieviele Mittelunternehmen haben sich jeweils an welchen dieser Ausschreibungen (im Sinne der Frage 1) mit welchem Erfolg beteiligt und wie hoch war das Mittelunternehmen zugeschlagene Auftragsvolumen insgesamt?
6. Wieviele Großunternehmen haben sich jeweils an welchen dieser Ausschreibungen (im Sinne der Frage 1) mit welchem Erfolg beteiligt und wie hoch war das Großunternehmen zugeschlagene Auftragsvolumen insgesamt?
7. Bei wie vielen und bei welchen dieser Ausschreibungen (im Sinne der Frage 1) hat ein Anbieter die Ausschreibung gewonnen, der seinen Firmensitz auch in derselben NUTS 3 Region hat, in welche seine Lieferungen erfolgen? (Bitte nach Kleinst-, Klein-, Mittel-und Großunternehmen und NUTS 3 Regionen aufschlüsseln. Danke.)
8. Wie konkret wurde im einzelnen bei den Ausschreibungen jeweils auf die im Gesetz vorgesehene örtliche Nahversorgungsstruktur - und mit welchem Ergebnis -Bedacht genommen?
9. Gemäß Controllingbericht 2004 waren im Jahr 2004 rd. 73% der Vertragspartner der BBG aus dem Bereich der KMU (im Vergleich zu 62% im Jahr 2003). Durch die Novelle 2006 sollte es zu einem Anstieg des Anteils der KMU kommen. Wie ist der Stand für das Jahr 2006?
10. In der von der „KMU Forschung Austria" durchgeführten wissenschaftlichen Studie: „Ab-schätzung der Auswirkungen des zentralen Beschaffungswesens auf österreichische KMU. Endbericht" (Wien 2005) finden sich u.a. z.B. folgende Ergebnisse: „Obwohl KMU rd. 72 % der Geschäftspartner der Republik darstellen, sind diese im Vergleich zu deren Anteil an der gesamten österreichischen Unternehmenspopulation von rund 99,6 % doch deutlich unterrepräsentiert. Wünschenswert wäre somit eine ,Korrektur' der aktuellen Lieferantenstruktur der BBG in Richtung der vorherrschenden Wirtschaftsstruk- tur." (S. 1) Die Kleinst- und Kleinunternehmen sind als Auftragnehmer bzw. „Partner" der BBG dramatisch unterrepräsentiert: 97,9 % aller marktorientierten Unternehmen sind Kleinst- und Kleinunternehmen (S. 40). Ca. 87 % aller Unternehmen sind Kleinstunter- nehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Jedoch nicht einmal 15 Prozent aller BBG-„Partner" sind Kleinstunternehmen. (S. 32). Wie haben sich diese Zahlen jeweils seit dem Inkrafttreten der in der Einleitung erwähnten Gesetzesnovelle entwickelt?
11. § 4 Abs. 3 BB-GmbH-Gesetz lautet: „Die Dienststellen haben jeden Ausnahmefall des Abs. 2 Z 1 bis 3 unter Angabe einer Begründung, der Art und Menge sowie des Auftrags-volumens der beabsichtigten oder getätigten Beschaffung der Gesellschaft bekannt zu geben. Die Bekanntgabe hat soweit möglich vor, spätestens jedoch vierzehn Tage nach der Vergabe des Auftrages zu erfolgen." Wieviele derartige Ausnahmefälle mit welcher jeweiligen Begründung, mit welcher jeweiligen Art und Menge sowie mit welchem jeweiligen Auftragsvolumen gab es bisher? (Bitte nach den einzelnen Kalenderjahren aufschlüsseln. Danke.)
12. Wie stehen Sie dazu, über die Ausschreibungen in den KMU-relevanten Beschaffungs-gruppen und deren Vergabe aufgeschlüsselt nach Kleinst-, Klein-, Mittel- oder Großunter-nehmen und regionalem Standort der Vertragspartner dem Nationalrat jährlich Bericht zu erstatten?
13. Wie stehen Sie dazu, die im Gesetz derzeit genannten KMU-relevanten Beschaffungs-gruppen um die in der Einleitung genannten Gruppen zu erweitern?
14. Wie hoch waren die Gesamtausgaben für Betrieb und Ausstattung der BBG im Jahr 2006?
15. Wie hoch werden die Gesamtausgaben für Betrieb und Ausstattung der BBG für das gesamte Jahr 2007 sein?
16. Wie hoch sind die Gesamtausgaben für Betrieb und Ausstattung der BBG für das Jahr 2008 und folgende jeweils veranschlagt?
17. Welche Maßnahmen wollen Sie in Zukunft setzen, um die kleine regionale Wirtschaft und die regionalen Arbeitsmärkte besser zu unterstützen?
18. Im Regierungsübereinkommen 2007 wird auf Seite 82 die „Ökologisierung der öffentlichen Beschaffung" erwähnt. Welche Maßnahmen wurden diesbezüglich in der BBG bereits konkret umgesetzt und welche Maßnahmen werden in Zukunft diesbezüglich gesetzt werden?