1938/J XXIII. GP
Eingelangt am 09.11.2007
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ANFRAGE
des Abgeordneten Rossmann, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend BMF-Inseratenkampagne zur Familienförderung
In diversen Printmedien sind seit einigen Wochen großflächige Inserate mit folgendem Text zu finden:
„Wir fördern, was Familien fordern: 40 Millionen zusätzlich für Kinderbetreuung und Sprachförderung. (Schrift 1 cm groß)
Immer mehr Menschen möchten Familie und Beruf im Alltag vereinbaren. Deshalb haben sich Bund, Länder, Städte und Gemeinden im Finanzausgleich geeinigt, zusätzliche 40 Millionen Euro pro Jahr in den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen, die Unterstützung von Tagesmüttern und die frühe Sprachförderung zu investieren. Das bedeutet die besten Chancen für jedes Kind und mehr Wahlfreiheit für die Eltern. Das sind wir Ihnen schuldig.
Handschriftliche Unterschrift (1 cm hoch)
Mag. Wilhelm Molterer
Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen
BMF-Logo
(...)
bezahlte Anzeige“
Der Rechnungshof empfiehlt schon seit langem, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig sein soll. Der Rechnungshof fordert auch, dass der Informationsgehalt nicht hinter die werbende Form zurücktritt. Der Rechnungshof empfiehlt weiters, dass die Öffentlichkeitsarbeit eine Einflussnahme zugunsten einer Partei vermeiden solle.
Betrachtet man nun das vorliegende Inserat, stellt sich die Frage, inwieweit der vorliegende Informationsgehalt ein Inserat in diesem Layout rechtfertigt. Die Information könnte leicht auf einem Viertel des Platzes transportiert werden.
Das Inserat ist vom Vizekanzler und Finanzminister unterschrieben – damit diese Unterschrift besonders wirkt, ist rundherum kein Text – d.h. rund 50% der Inseratsfläche nehmen die Unterschrift von Molterer und die Kontaktdetails des BMF ein. Wo ist hier eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Öffentlichkeitsarbeit zu sehen?
In diesem Zusammenhang stellt sich unter anderem die Frage, wie viel diese „Informationskampagnen" den Steuerzahler kosten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Welche Kosten entstanden für die Inseratenkampagne „Unternehmen Arbeitsplatz" hinsichtlich Konzipierung, Grafik, Layout, Bildrechte etc.?
2. In welchen Medien wurden für diese Kampagne wann Inserate geschalten und was waren die jeweiligen Kosten?
3. Gab es bei Erstellung der Kampagne oder bei den Inseraten-Schaltungen eine Kostenbeteiligung von anderen Gebietskörperschaften oder von anderer Seite und wie hoch war diese?
4. Welche Agentur wurde mit der Konzipierung und Durchführung dieser Inseratenkampagne beauftragt?
5. Erfolgte vorweg eine Ausschreibung oder zumindest Erkundung des Bieterkreises?
6. In welchen Tages- und Wochenzeitungen wurden Inserate geschalten, wie oft wurde jeweils inseriert und was waren die damit jeweils verbundenen Kosten?
7. In welchen Tages- und Wochenzeitungen werden noch Inserate geschalten, wie oft wird jeweils inseriert und was werden die damit jeweils verbundenen Kosten sein?
8. Für welche Dauer ist die Kampagne geplant?
9. Sind weitere Inseratenkampagnen zu Themen des Finanzausgleichs bzw. zum Thema Familiensplitting geplant?
10. Wenn ja, welche?
11. Inwieweit sehen Sie diese Inseratenkampagne im Einklang mit den Empfehlungen des Rechnungshofs zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung?
12. Tageseltern bieten ebenfalls Kinderbetreuungsplätze an. Weshalb ist es daher erforderlich, dass Sie die "Unterstützung von Tagesmüttern" - ebenfalls eine Form des Ausbaus von Kinderbetreuungsplätzen - in Ihren Inseraten gesondert anführen?
13. Haben Sie – im Lichte des Landtagswahlkampfes in Niederösterreich – den Text mit Erwin Pröll abgestimmt (Stichwort: Tagsmütter)?
14. Ist Ihnen bekannt, dass in Österreich seit Jahren mindestens 40.000 Kinderbetreuungsplätze fehlen und könnten Sie sich vorstellen, dass Familien, die in den letzten Jahren keinen Platz für ihr Kind bekommen haben, die derzeit laufende Werbekampagne daher als Verhöhnung empfinden könnten?
15. Wann wird es die ersten zusätzlichen Kinderbetreuungsplätze, die nun gefördert werden, tatsächlich geben?
16. Woher nehmen Sie Ihre Kenntnisse dessen, was Familien in Österreich fordern? Sind Ihnen etwa die Forderungen diverser Familien- und Jugendorganisationen nach einem bezahlten Vatermonat nach der Geburt oder einer Reform des Unterhaltsrechtes bekannt? Ist Ihnen bekannt, dass AlleinerzieherInnen nach wie vor beim Kindergeldbezug benachteiligt werden? Wann werden diese und weitere Forderungen der Familien von Ihnen umgesetzt?
17. Sie schreiben, dass „immer mehr Menschen Familie und Beruf im Alltag vereinbaren wollen“. Könnte es nicht sein, dass sehr viele Menschen eine Vereinbarung von Familie und Beruf nicht nur „wollen“ sondern Familie und Beruf im Alltag auch vereinbaren „müssen“?
18. Sie schreiben: „Das sind wir Ihnen schuldig.“ Wen konkret meinen Sie mit „wir“ in diesem von Ihnen alleine – als Vizekanzler und Finanzminister - unterschriebenen Inserat?
19. Inwieweit sind die anderen Finanzausgleichspartner von der Werbekampagne informiert bzw. damit einverstanden?
20. Halten Sie das Gebot des Rechnungshofs der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erfüllt, wenn ca. die Hälfte der Inseratsfläche nur mit Ihrer Unterschrift und den BMF-Kontaktdetails gefüllt sind?
21. Wieso haben nur Sie als Vizekanzler und Finanzminister das Inserat unterschrieben und nicht auch die anderen Partner bei den Finanzausgleichsverhandlungen?
22. Inwieweit identifiziert sich Ihr Kollege im BMF – SP-Staatssekretär Christoph Matznetter - mit dem Text dieses Inserats?
23. Wollte Ihr SP-Staatssekretär Christoph Matznetter das Inserat nicht unterschreiben oder wurde er von Ihnen nicht gefragt?
24. Wieviele ganztägige Betreuungsplätze für Kleinkinder könnten ein Jahr lang mit den Kosten dieser Inseratenkampagne finanziert werden?