1940/J XXIII. GP
Eingelangt am 09.11.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend weitere Fragen zum Projekt Linzer Westring (A26)
Die sogenannte „Informationskampagne“ der ASFINAG zum Linzer Westringprojekt lässt zahlreiche für eine einigermaßen ausgewogene und ehrliche Information der Bürgerinnen und Bürger zentrale Aspekte unbeantwortet.
Weiters ist der Sachgehalt einiger der bereitgestellten Informationen und getätigten Tatsachenbehauptungen äußerst fragwürdig.
Es ist bisher nicht bekannt, dass Sie sich im Namen des Eigentümers der ASFINAG von diesen Geschehnissen distanziert oder die ASFINAG zur Ordnung gerufen hätten, wie es angesichts dessen dringend nötig gewesen wäre.
Schließlich ist - vergleiche die Berichterstattung in der Tageszeitung „Der Standard“ vom 20.9.2007, „Hitparade der unrentablen Autobahnen“ – mittlerweile erwiesen und öffentlich bekannt, dass der geplante Linzer Westring A26 neben der ebenfalls in Oberösterreich befindlichen S10 das unrentabelste Projekt im gesamten hochrangigen Straßennetz ist.
Da Sie in den letzten Monaten wiederholt mit Einsparungsvorgaben Richtung ASFINAG an die Öffentlichkeit getreten sind, ist erstaunlich, dass Sie die gewaltigen Einsparungspotenziale, die mit einem Überdenken derart unrentabler Projekte lukrierbar wären, bislang ungenützt ließen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. In Zeiten von Sparmaßnahmen bei Gesundheit, Bildung und innerer Sicherheit soll eine der teuersten Autobahnen Europas in der Frischluftschneise von Linz gebaut werden. Wie können Sie diese Tatsachen ethisch verantworten und durch Ihre Entscheidungen bzw. Ihre Rückendeckung für entsprechende Entscheidungen der ASFINAG eine weitere Schuldenlast erzeugen?
2. Die Fotomontage der im Zuge der A26 beabsichtigten 7-spurigen Donauquerung zeigt eine niedliche Brücke im Wald. Wieso weisen Sie die ASFINAG nicht an, die wahren Ausmaße der Zerstörung der naturgeschützten Donaupforte vor Linz durch acht Tunnelportale und Rampensysteme zu zeigen?
3. Von seiten des Landes Oberösterreich wurden Naturschutzauflagen für die 7- spurige Autobahnbrücke vorgegeben. Wieso wurden diese bei der Projektauswahl bisher ignoriert?
4. Auf einer Hängebrücke dieser Bauweise sind keine Schallschutzmassnahmen möglich. Wieso informieren Sie bzw. die ASFINAG die Bevölkerung nicht, dass es durch diese Donauquerung zu einer zusätzlichen Dauerbeschallung weiter Teile von Urfahr, Puchenau und Linz kommen würde?
5. In Zeiten von Energiesparbestrebungen wird ein Tunnelsystem mit enormem Energieverbrauch gebaut. Wieso informieren Sie bzw. die ASFINAG nicht darüber, wie hoch der Stromverbrauch dieser Tunnelsysteme (Be-/Entlüftung, Beleuchtung und Filterung), wie hoch der damit verbundene CO2-Ausstoß und wie hoch der Anteil an Atomstrom unter Annahme des derzeitigen Strom-Mix des Energielieferanten der ASFINAG ist?
6. Die A26 soll gemeinsam mit der wirtschaftlich bei Errichtung in hochrangigem Querschnitt äußerst fragwürdigen S10 eine neue Transitachse Berlin-Triest eröffnen. Wieso verschweigen Sie bzw. die ASFINAG die Zahl der zusätzlichen LKW-Transitfahrten, die mit dieser Transitstrecke mutwillig angezogen werden sollen, weil deren Mauteinnahmen von der ASFINAG benötigt werden?
7. Manche Politiker verkaufen aus wahlkampftaktischen Gründen die A26 als Lösung des Stauproblems auf der B127. Warum informieren Sie bzw. die ASFINAG die B127-PendlerInnen nicht darüber, was ihnen die Befahrung monatlich mit der PKW-Maut zusätzlich kosten wird, deren Einführung durch andauernde bundes- und landespolitisch erzwungene bzw. gedeckte Realisierung völlig unwirtschaftlicher Straßenbauprojekte durch die ASFINAG geradezu erzwungen wird?
8. Die Fehlplanung "Bindermichltunnel" hat durch die enorme Stau- und Unfallhäufigkeit jetzt schon den Ruf als teuerster Parkplatz Österreichs. Via S10 und A26 wird zusätzlicher Auto- und Schwerverkehr durch dieses Nadelöhr geleitet und zum Stillstand gebracht. Wollen Sie bzw. die ASFINAG bewusst die Stausituation für die PendlerInnen noch weiter verschlimmern anstatt den Verkehr zB weiträumiger im Osten abzuleiten?
9. Der Bindermichltunnel war und ist ein ökonomisches und verkehrstechnisches Debakel mit negativen Stellungnahmen vom Rechnungshof (diese werden erfahrungsgemäß von den verantwortlichen Politikern ignoriert). Wieso streben Sie von sich aus nicht vorab eine Initiativprüfung durch den Bundesrechnungshof an, um der ASFINAG die Unbedenklichkeit des Projektes A26 zu bescheinigen?
10. Die A26 wurde mit Kosten von 220 Mio € im Parlament genehmigt. Die Baukosten werden aber inkl. Zinsendienst voraussichtlich 1 Milliarde € erreichen. Dieser Betrag muss refinanziert werden. Wie können Sie in Zeiten von Sparmaßnahmen diese extreme Kostensteigerung verantworten? Wieso verschweigen Sie und die ASFINAG, dass diese Bauten ohne Einführung einer PKW-Maut ( + Sondermaut?) nicht möglich sind?
11. Laut EU ist vor der UVP eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung mit Prüfung aller Varianten (auch Nullvariante) verpflichtend. Offensichtlich hat sich das Projekt A26 – siehe zum Beispiel die Kostenentwicklung – seit Aufnahme ins Bundesstraßengesetz grundsätzlich verändert, eine Prüfung wäre also höchst angebracht. Wieso sind Sie nicht bereit, bei dieser Strecke geltendes Recht in Sachen strategische Umweltverträglichkeitsprüfung anzuwenden?
12. A26 und S10 sind als Gesamtprojekt geplant. Es gibt dennoch Bestrebungen, sogar das UVP Verfahren für die A26 zu teilen, um das Verfahren zu verwässern. Wieso erteilen Sie diesem politischen Ansinnen keine klare Absage und übernehmen damit Verantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung?
13. Das mit 28.9.06 verordnete Bundesstraßenplanungsgebiet erstreckt sich über die gesamte Trasse, nämlich Nord- und Südteil. Weshalb erfolgt nun die UVP nicht über den gesamten Trassenverlauf? Könnte es sein, dass die ASFINAG den Nordteil gar nicht zu errichten gedenkt? Warum fühlt sich in diesem Falle die ASFINAG bzw. der Bund für eine lokale Umfahrung zuständig? Warum wird dann so eine überdimensionierte Donaubrücke geplant? Oder geht es tatsächlich darum, die Auswirkungen des Nord-Süd-Transits im Verfahren gezielt auszublenden?
14. Die A26 bindet massiv Gelder und führt zu einer weiteren Verzögerung des ÖPNV-Ausbaus entlang der B127 (City S Bahn) und daher zu einem weiteren Ansteigen des motorisierten Individualverkehrs. Wieso erwähnen Sie bzw. die ASFINAG mit keinem Wort, dass die ASFINAG trotzdem keinerlei Lärmschutz- oder Entlastungsmaßnahmen für die Gemeinden Puchenau und Ottensheim vorgesehen hat und das Land OÖ diese auch nicht finanzieren kann?
15. Bei der ersten Projektpräsentation zur A26 wurden baldige Informationsveranstaltungen versprochen. Außer unkritischer Propaganda in Hochglanzbroschüren mit Umweltschutz- und Entlastungsunwahrheiten ist nichts passiert. Wieso haben Sie bzw. die ASFINAG nicht den Mut sich den Fragen der Bevölkerung zu stellen und die eigene ASFINAG-Studie (vgl. OÖN 14.7.07) zu beachten?
16. Von Seiten der ASFINAG war von Anbeginn ein Splitting der Bauphasen in Süd- und Nordteil geplant. Manche Politiker verkaufen aus wahltaktischen Gründen eine Bauphasentrennung als ihre Idee zur Kostenreduktion. Wieso lassen Sie zu, dass die ASFINAG sich von Politikern für einen lokalen Wahlkampf instrumentalisieren lässt? Was haben Sie dagegen konkret wann im einzelnen unternommen?
17. Angesichts der eindeutigen Angaben zur völligen Unrentabilität der A26 (vgl. zB Der Standard, 20.9.2007): Wollen Sie tatsächlich in Zeiten rigider Sparmaßnahmen bei Gesundheit, Bildung und innerer Sicherheit so ein finanzielles Debakel anrichten bzw. der ASFINAG hierbei tatenlos zuschauen?
18. Wie sollen die Baukosten von mindestens 700 Mio € (Süd- und Nordteil OHNE Zinsendienst und Finanzierungskosten!) konkret finanziert werden?
19. Wie wollen Sie konkret verhindern, dass dieses Milliardengrab A26 den ÖPNV Ausbau massiv verzögert?
20. Wieso klären Sie die Bevölkerung nicht spätestens angesichts der eindeutigen Angaben zur völligen Unrentabilität der A26 (vgl. zB Der Standard, 20.9.2007) über die nötige „Frequenzsteigerung“ und Förderung des Transitverkehrs für die nötige Maximierung der Mauteinnahmen auf?
21. Wieso sagen Sie den Mühlviertler PendlerInnen nicht, wie viel Maut angesichts der eindeutigen Angaben zur völligen Unrentabilität der A26 (vgl. zB Der Standard, 20.9.2007) für die Benutzung dieser extrem teuren Tunnel- und Brückensysteme verlangt werden wird?
22. Welche aktienrechtlichen Konsequenzen hat es zur Folge, wenn Sie eine massive Erhöhung der Schuldenlast induzieren bzw. diese tatenlos geschehen lassen, wo selbst von Seiten der ASFINAG diese Projekte als absolut unrentabel angesehen werden?