2027/J XXIII. GP

Eingelangt am 12.11.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Ausbau der Blöcke 1&2 des AKW Mochovce

 

Das Atomkraftwerk Mochovce befindet sich östlich von Bratislava etwa 150 km von Wien entfernt. Mit dem Bau der 4 Reaktorblöcke vom Typ WWER 440/V213 (russische Druckwasserreaktoren; Block 1+2: Leistung 388 MW; Block 3 und 4: Leistung 420 MW) wurde zwischen 1980 und 1985 begonnen. 1991 wurden die Bauarbeiten aus Geldmangel unterbrochen. Der Bau wurde 1996 fortgesetzt. Block 1 wurde im Oktober 1998, Block 2 im Dezember 1999 in Betrieb genommen. Für die Fertigstellung von Mochovce 1&2 wurde eine freiwillige UVP durchgeführt – um die Finanzierung durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) sicherzustellen. Das UVP-Verfahren wurde jedoch vorzeitig abgebrochen, da die Slowakei ihren Finanzierungsantrag bei der EBRD zurückzog. Die Fertigstellung wurde aus slowakischen, russischen und dt. Kreditmitteln finanziert. Die Fertigstellung von Block 3 und 4 wurden verschoben.

 

2005/2006 übernahm die italienische Stromfirma ENEL 66% der Eigentumsanteile von Slovenske Elektrarna (Slowakischer Energieversorger, SE) vom slowakischen Staat. Mit einer der Bedingungen des Kaufs von SE durch ENEL war die Zusage zur Fertigstellung der beiden AKW-Blöcke Mochovce 3 und 4. Mit der Fertigstellung der beiden Blöcke soll lt. Pressemitteilungen noch 2007 begonnen werden. ENEL will als neuer Eigentümer die beiden Reaktoren in den Jahren 2011 und 2012 in Betrieb nehmen. Geplante Investitionssumme: 1,6 bis 1,8 Milliarden Euro. SE hat angeblich bereits mehr als 500 Mio. Euro in Block 3 und 4 investiert. Auch die österreichische Erste Bank ist mit ihrer 100%igen Tochtergesellschaft Slovenska Sporitelna AS an der  Finanzierung des Ausbaus des KKW Mochhovces beteiligt.

Die Baubewilligung für die Blöcke 3&4 datiert aus den frühen 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Trotzdem soll es für deren Fertigstellung kein Umweltverträglichkeitsverfahren geben.

 

Das AKW Mochovce weist Experten zu Folge gravierende Sicherheitsmängel auf. Ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen auf Österreich ist für die nächsten Jahre nicht auszuschließen. Hauptmängel des AKW sind einerseits die fehlende Schutzhülle (Containment), die im Falle eines schweren Unfalles einen massiven Austritt von radioaktiven Materialien zurückhalten sollte, und andererseits die unzureichende Sicherheit des Reaktordruckbehälters. Auch eine ausreichende Sicherheit gegen Erdbeben oder Flugzeugabstürze ist nicht gegeben. Es muss davon ausgegangen werden, dass Mochovce den heute üblichen europäischen Sicherheitsstandard für neue Anlagen nicht erreichen kann.

 

In diesen Tagen beginnt ein grenzüberschreitende UVP-Verfahren zur Leistungserhöhung von Block 1&2 des KKW Mochovce und ermöglicht sowohl der österreichischen, als auch der slowakischen Bevölkerung erstmalig zum KKW Mochovce in einem nach europäischem bzw. internationalem Recht normierten Verfahren Stellung zu beziehen.

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.           Laut Regierungsprogramm setzt sich die österreichische Bundesregierung gegen den Bau neuer Kernkraftwerke ein: Kapazitätssteigerungen bestehender Anlagen dürfen ebenso wenig gefördert werden wie die Errichtung neuer Nuklearanlagen. Seit welchem Zeitpunkt ist die Bundesregierung von der Absicht der Fertigstellung der Blöcke 3&4 des slowakischen KKW Mochovce auf offiziellem Wege unterrichtet?

2.           Welche Informationen liegen der Bundesregierung bzgl. eines Fertigstellungsprojektes zu Block 3&4 des KKW Mochovce vor? Wie hoch wird die Leistungserhöhung des KKW Mochovce durch die Blöcke 3&4 sein?

3.           Wurden die diesbezüglichen Informationen einer kritischen Begutachtung unterzogen und welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus diesen für die nukleare Sicherheit Österreichs?

4.           Wurde die Bundesregierung über den Ablauf des Genehmigungsverfahrens für das Fertigstellungsprojekt Mochovce 3&4 unterrichtet und wenn ja, wann?

5.           In welcher Form hat die Bundesregierung seit dem Bekannt werden eines Fertigstellungsprojektes auf die Durchführung eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens gedrängt?

6.           Hat es zur Frage UVP-Verfahren bzgl. Fertigstellungsprojekt KKW Mochovce 3&4 bilaterale Konsultationen gegeben? Wenn ja wann und mit welchem Ergebnis?

7.           So noch keine Konsultationen gemäß Anfrage 6) stattgefunden haben: Sehen Sie eine Notwendigkeit für den raschen Beginn von Konsultationen und welche Ziele gedenken sie hierbei erreichen zu wollen?

8.           In welcher Form wird die Bundesregierung sicherstellen (sofern dies nicht schon erwirkt wurde), dass die von einem Fertigstellungsprojekt betroffene österreichische Bevölkerung in den slowakischen Genehmigungsverfahren Zugang zu Informationen wie auch Möglichkeiten zu rechtverbindlich relevanten Verfahren ergangen wird können?

9.           Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen um auf die Fertigstellung des KKW-Projektes aus den frühen 80er Jahren zum gegenwärtigen Zeitpunkt und ohne grenzüberschreitende UVP´s in EU-Gremien (Europ. Rat, Europ. Kommission, UNECE) hinzuweisen? Wann fanden entsprechende Initiativen der Bundesregierung und mit welchen Ergebnissen statt?

10.       Beabsichtigt die Bundesregierung die Veröffentlichung eines mehrsprachigen Dossiers zum Fertigstellungsprojekt Mochovce 3&4 in welchem auf die ungenügende Mitsprachemöglichkeit betroffener BürgerInnen in und außerhalb der Slowakei – aufgrund der Unterlassung einer UVP  - hingewiesen wird?

11.       Mit welchen potentiell von einem Unfall in Mochovce 3&4 betroffenen Staaten der Europäischen Union hat die Bundesregierung Kontakt aufgenommen um auf die Unterlassung einer grenzüberschreitenden UVP hinzuweisen und zusammen mit diesen gegenüber der Slowakischen Republik vorstellig zu werden?

12.       In welcher Form hat bzw. wird die Bundesregierung die österreichische Öffentlichkeit zum Fertigstellungsprojekt Mochovce 3&4 vor Beginn der Fertigstellungsarbeiten informieren?

13.       Hat sich Bundesregierung den Informationszugang zu genehmigungsrelevanten Projektunterlagen bereits gesichert, sodass nuklearsicherheitsrelevante Probleme rechtzeitig erkannt werden können und hierauf aufbauend politische Schritte frühestzeitig entwickelt werden können? Wenn ja, zu welchen Informationen ist in Bezug auf die slowakischen Genehmigungsverfahren der Zugang gesichert?