207/J XXIII. GP

Eingelangt am 20.12.2006
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lunacek, Sburny, Rossmann, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Schaffung einer Entwicklungsbank in der AWS und damit Verschiebung von Personalkosten – Entwicklungshilfe für die AWS?



Das Finanzministerium plant laut einem Bericht in der Tageszeitung „Der Standard“ vom 17.10. 2006, eine Entwicklungsbank nach Vorbild der European Development Finance Institutions (EDFI) in Österreich zu gründen. Angesiedelt werden soll die neue Entwicklungsbank nach Meinung des Finanzministeriums überraschenderweise als direkte Tochter bei der Spezialbank des Bundes für unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung – der Austria Wirtschaftsservice (AWS).

 

Dieser Plan des Finanzministers scheint selbst innerhalb der Regierung nicht auf ungeteilte Zustimmung zu stoßen. Im oben erwähnten Medienbericht hat das ressortmäßig für Entwicklungszusammenarbeit zuständige Außenministerium zwar versichert, dass keine Auffassungsunterschiede bestehen, aber auch gleichzeitig betont, dass geprüft werden muss, wie groß Österreichs Bedarf für eine Entwicklungsbank wirklich sei und welche Ziele diese verfolgen sollte. Außerdem müsse ein neues Institut Schnittstellen zur Austrian Development Agency (ADA) haben und mit der Official Development Assistance (ODA) der OECD kompatibel sein. Weiters legt das Außenamt noch besonderen Wert darauf, dass Entwicklungshilfegelder extrem sparsam eingesetzt werden und die Gelder möglichst ungekürzt in die Entwicklungszusammenarbeit gehen.

 

Seitens der AWS will die geplante Bank Export- und Entwicklungsfinanzierung betreiben, wo der Staat versage. Der Verwaltungsaufwand betrage weniger als zwei Prozent der Investitionskosten und man habe mit dem Ost-West-Fonds Erfahrung in Direktinvestitionen.


In einem früheren Standard-Artikel vom 12. 10. 2006 heißt es: “Unangenehme Nebenwirkungen hat das Debakel des Papier- und Kartonherstellers Heinzel Group in den Niederlanden für die Austria Wirtschaftsservice: Die staatliche Förderbank muss heuer einen Abgang von mehr als 21 Mio. Euro verbuchen, weil eine Garantie für Modernisierung und Expansion des 2002 vom Konzern des Ex-ÖIAG-Präsidenten Alfred Heinzel übernommenen niederländischen Kartonherstellers De Eendracht B.V. schlagend wurde, erfuhr der STANDARD aus Aufsichtsratskreisen. (...) Unterm Strich bleibt ein Abgang in Höhe von 23,3 Mio. Euro – das größte aushaftende Obligo, das in der 2002 gegründeten AWS jemals schlagend wurde. Dieses muss vom Finanzministerium, also von der öffentlichen Hand, abgetragen werden.“

 

Gleichzeitig könnten mit der Ansiedlung der Entwicklungsbank bei der AWS rund 25 MitarbeiterInnen von der AWS in diese Bank "ausgelagert" und das Personalbudget der AWS entlastet werden. Der Hintergrund: Kredite und Darlehen der Entwicklungsbank sind nach den Kriterien des OECD-DAC in die offizielle österreichische EZA-Quote nur teilweise und unter bestimmten Bedingungen anrechenbar, aber das Personal sowie das Eigenkapital der neuen Förderbank zur Gänze.

 

 

Der Verdacht steht im Raum, dass nicht nur rein fachliche, Ressouren optimierende Überlegungen bei den Plänen des BMFs, die Entwicklungsbank bei der AWS anzusiedeln eine Rolle spielen, sondern dass damit insbesondere die AWS-Verluste ausgeglichen werden sollen.

 

Laut „Der Standard“ wurde die AWS Geschäftsführung beauftragt, einen Geschäftsplan für eine Bank für Entwicklungsfinanzierung zu erarbeiten. Dieser wurde von den beiden AWS-Geschäftsführern Peter Takacs und Horst Bednar am 20. September 2006 in einer außerordentlichen Generalversammlung, welche auch gleich die Rahmenbedingungen beschloss, präsentiert.

 

„Eine "angemessene Kapitalausstattung sind demnach 50 Millionen Euro, die die neue AWS-Bank nicht gewinnorientiert über Eigenkapital, Mezzanine und Darlehen quasi als "Hilfe zur Selbsthilfe" geben wird – vornehmlich in Südosteuropa und am Westbalkan, um dort das Wirtschaftswachstum des privaten Sektors fördern. Dabei stellt die AWS sicher, wie in einem internen Papier ausgeführt, "dass unter Einbeziehung der österreichischen Wirtschaft günstige Voraussetzungen für konkrete

Projekte geschaffen werden."“[1]

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.      Welche konkreten Instrumente soll die Entwicklungsbank anbieten?

 

2.      Inwieweit ist sichergestellt, dass die neu zu schaffenden Instrumente entwicklungspolitischen Kriterien vollständig entsprechen?

 

3.      Wie wird sichergestellt, dass auch die Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und nicht nur Schwellenländer Nutznießer der Instrumente der Entwicklungsbank sind?

 

4.      Wie kann sichergestellt werden, dass die neue Entwicklungsbank nicht ein reines Förderinstrument für die österreichische Wirtschaft ist sondern insbesondere eine entwicklungspolitische Aufgabe hat?

 

5.      Inwieweit sind MitarbeiterInnen der Entwicklungszusammenarbeitsabteilung des Außenministeriums in die Konzepterstellung für eine Entwicklungsbank eingebunden gewesen und werden dies auch in Zukunft sein?

 

6.      In welcher Form ist die konkrete Zusammenarbeit mit den entwicklungspolitischen ExpertInnen des Außenministeriums und der Austrian Development Agency (ADA) geplant?

 

7.      In welcher Form ist eine konkrete Zusammenarbeit mit den entwicklungspolitischen ExpertInnen von Nichtregierungsorganisationen geplant?

 

8.      Welche Kosten würde die Einrichtung der Entwicklungsbank bei der AWS generieren?

 

9.      Welche laufenden jährlichen Personalkosten würde die Errichtung der Entwicklungsbank bei der AWS generieren?

 

10.    Wer soll die Geschäftsführung der Entwicklungsbank übernehmen und fänden Sie es sinnvoll, wenn die Geschäftsführer der AWS, die zudem auch Vorstände der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung sind, nun auch die Geschäftsführung der neu zu gründenden Entwicklungsbank übernehmen?

 

11.    Aufgrund welcher Kriterien fiel die Wahl auf die AWS und nicht auf andere auf Exportfinanzierung spezialisierte Institute in Österreich, wie z.B. die Oesterreichische Kontrollbank?

 

12.    Wie hoch schätzen Sie den Anteil der durch die Entwicklungsbank vergebenen Mittel, der in die offizielle EZA-Quote eingerechnet werden kann?

 

13.    Welche entwicklungspolitischen Kompetenzen zur Beurteilung von Projekten der Entwicklungsbank sind derzeit in der AWS vorhanden?

 

14.    Wie lauten die konkreten Rahmenbedingungen für die neue Entwicklungsbank, die am 20.9.2006 in der außerordentlichen Generalversammlung der AWS beschlossen wurden?

 

15.    Inwieweit halten Sie es für verantwortungsvoll einem Institut, das erst vor kurzem den Zusammenschluss meherer Teilorganisationen und interne Turbulenzen zu verkraften hatte (siehe Anfrage 1556/J - Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Garantiestopp der staatlichen Förderbank und internen Turbulenzen in der Austria Wirtschaftsservice (AWS)), jetzt ein neues Tätigkeitsfeld zu überlassen?

 

16.    Ist für die Aufgabenerfüllung der geplanten Entwicklungsinstitution wirklich die Neugründung einer staatseigenen Bank notwendig oder gäbe es dazu nicht auch alternative Konstruktionen?

 

17.    Welche außerordentlichen kaufmännischen Erfolge in der Exportfinanzierung sprechen dafür, die AWS mit dem Aufbau und der Installierung einer österreichischen Entwicklungsbank zu betrauen?

 

18.    Hätte diese Variante - Einrichtung einer Entwicklungsbank beim AWS – für Sie nicht den unschätzbaren doppelten Vorteil, dass Sie so einerseits die Verluste der AWS schlagartig reduzieren könnten und andererseits Teile der Personalkosten der AWS an des Entwicklungshilfebudget auslagern könnten?

 

19.    Könnte man vielleicht annehmen, dass ein Zusammenhang zwischen den angelaufenen Verlusten aufgrund der schlagend gewordenen Heinzel-Garantie von rund 21 Mio. Euro und Ihrem Vorhaben die Entwicklungsbank bei der AWS anzusiedeln besteht?

 

 

 



[1] Standard 17.10.2006