2131/J XXIII. GP
Eingelangt am 16.11.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Lichtenecker, Freundinnen und Freunde
betreffend Kostenersatz für erfolgreiche Bürgerinitiativen in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
Der „Grün-Alternative Verein zur Unterstützung von BürgerInnen-Initiativen“ richtete folgendes Schreiben an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft:
‚Die Bürgerinitiativen „Unabhängige Verkehrsplattform Korneuburg“ und „Bürgerinitiative Tradenberg“ haben die Trassenverordnung zur S 1 erfolgreich beim Verfassungsgerichtshof angefochten, ein Kostenersatz wurde ihnen allerdings nicht zugesprochen.
Aus der Begründung des Verfassungsgerichtshofes in VfGH V 40/06 vom 22. Juni 2007:
„Im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof können Kosten nur in den im VfGG ausdrücklich bezeichneten Fällen zugesprochen werden (§ 27 erster Satz VfGG). In Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen ist ein Kostenersatz jedoch nur im Fall des Art 139 Abs1 letzter Satz B-VG vorgesehen (s. §61a VfGG), nicht dagegen auch im Fall eines Antrags gemäß § 24 Abs 11 UVP-G 2000 idF BGBl. 773/1996 (so schon VfSlg. 16.242/2001, 16.567/2002; vgl. zur insofern gleich gelagerten Rechtslage bei Anträgen gemäß Art139 Abs 1 zweiter Satz B-VG VfSlg. 12.308/1990, 14.067/1995). Den antragstellenden Bürgerinitiativen war aus diesem Grund kein Kostenersatz zuzusprechen.“
Während also ein enteignungsbedrohter Grundstückseigentümer, der eine Trassen-VO erfolgreich bekämpft, die Kosten seiner Anfechtung zugesprochen bekommt (siehe zB VfGH V 61/99 Packer Straße), gehen Bürgerinitiativen leer aus. Das UVP-G gibt jedoch Bürgerinitiativen das Recht, den Umweltschutz als „subjektives Recht“ geltend zu machen. Insofern ist nicht einzusehen, warum sie schlechter gestellt werden sollten als andere Betroffene. Der Verfassungsgerichtshof spricht für Beschwerden resp Anfechtungen einen Kostenersatz von € 2.340,-- zu. Dies deckt zwar meist nicht die tatsächlichen Kosten ab, stellt jedoch eine wesentliche Hilfestellung dar. Den Bürgerinitiativen wird diese Genugtuung vorenthalten.
Gemäß Aarhus-Konvention ist der qualifizierten Öffentlichkeit das Recht einzuräumen, Entscheidungen der Behörden, die gegen Umweltrecht verstoßen, vor einen Gerichtshof bringen zu können. Die Vertragsstaaten müssen „die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um finanzielle und andere Hindernisse für den Gerichtszugang zu beseitigen oder zu verringern“ erwägen (Art 9 Zif 5). Es ist traurig genug, dass dies in Österreich noch nicht geschehen ist. Völlig uneinsichtig ist aber, dass Bürgerinitiativen schlechter als andere BeschwerdeführerInnen gestellt sind. Wir ersuchen Sie daher, Schritte zu unternehmen, dass dieses Gesetzesdefizit resp Rechtsschutzdefizit behoben wird, vornehmlich im Rahmen der anstehenden UVP-G-Novelle. Auch wenn nunmehr für Straßen eine bescheidmäßige Genehmigung vorgesehen ist, kann es noch laufende Altverfahren geben. Im übrigen ist zu klären, ob das oben zitierte Judikat nicht unerwünschterweise weitergehende negative Wirkungen auf den Kostenersatz für Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen hat. In diesem Fall wäre dem auch legistisch zu begegnen.’
In seiner Antwort vom 19. Oktober 2004 antwortete der Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unter anderem wie folgt:
‚Da die jüngste Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes vom Gesetzgeber nicht vorhergesehen werden konnte, entsteht für Bürgerinitiativen sicherlich eine spezielle Situation. Der Kostenersatz wird jedoch abschließend durch die Bestimmungen des Verfassungsgerichtshofgesetzes und des Verwaltungsgerichtshofgesetzes geregelt und es wäre daher gegebenenfalls der Bundeskanzler für die Vorbereitung legistischer Maßnahmen zuständig.’
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie die jüngste, nicht vorhersehbare Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Frage des Kostenersatzes von Bürgerinitiativen nach dem UVP-G (VfGH V 40/06 vom 22. Juni 2007) zum Anlass nehmen, um eine Novellierung des Verfassungsgerichthofgesetzes vorzuschlagen, damit Bürgerinitiativen gleich wie andere VO-AnfechterInnen hinsichtlich Kostenersatz behandelt werden müssen?
2. a) Sind nach Ansicht des Bundeskanzleramtes aufgrund dieses Erkenntnisses auch für Bürgerinitiativen oder Nichtregierungsorganisationen nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz in anderen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof Schlechterstellungen in Fragen des Kostenersatzes nicht auszuschließen?
b) Welcher legistische Handlungsbedarf ergibt sich, um zumindest eine Gleichbehandlung von Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen mit den ProjektbetreiberInnen oder anderen drittbeteiligten Parteien zu sichern?