22/J XXIII. GP

Eingelangt am 31.10.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Nationalsozialistische Gewaltverbrechen - Aufklärung in Österreich durch das

Justizministerium“

Mit der AB 2185 XXII.GP vom 10.12.2004 wurden neben den Fragen zur „Ermordung von über
4000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch die deutsche Wehrmacht" auch Fragen zu
österreichische NS-Verbrecher gestellt.

Gefragt wurde bei der zit. diesbezügliche Anfrage u.a. auch nach dem Stand der Ermittlungen
gegen noch nicht verurteilte NS-Kriegsverbrecher aus Österreich. Folgende Stellungnahme
wurde damals in der Antwort der Innenministerin übermittelt:

„Dem Bundesministerium für Inneres wurden vom Bundesministerium für Justiz insgesamt 181
Namen von Österreichern übermittelt, die nach Ansicht des Simon-Wiesenthal-Centers Jerusalem
in Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwickelt gewesen sein könnten. Das
Bundesministerium für Inneres wurde mit der Ausforschung noch lebender Personen, die
Feststellung deren Wohnortes und um Übermittlung weiterführender Hinweise oder Erkenntnisse
zu diesen Personen bzw. angeführten Einheiten und Vorfällen befasst. "

Über Veranlassungen und Maßnahmen wurde durch das BMI bislang nicht berichtet. Auch nach
dem Gedenkjahr 2005 wurden dem Fragesteller keine weiteren Informationen durch das
Justizministerium bekannt, durch die dieser grauenvolle Teil europäischer Vergangenheit
aufgehellt worden wäre. Daher ist auch die Stellungnahme des Simon-Wiesenthal-Center von
Mitte April 2006 nicht verwunderlich:

Das Simon-Wiesenthal-Center in Jerusalem stellte Österreich in seinem Jahresbericht über
die weltweite gerichtliche Verfolgung von Nazi-Verbrechern ein vernichtendes Zeugnis aus:
Österreich hat es im Betrachtungszeitraum April 2005/06 wie in den Vorjahren
unterlassen, bekannte und in Österreich lebende Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen.
Hingegen hat es in diesem Zeitraum 16 Verurteilungen von bzw. acht Anklagen gegen Nazi-
Verbrecher gegeben - vor allem in den USA, Italien und Polen.


So wurde am 12. Oktober 2006 in Italien der heute 84 jährige Max Milde in Abwesenheit zu
lebenslanger Haft verurteilt. Milde war 1944 als Mitglied der Panzereinheit Altmann am
Massaker in Civitella (Toskana) beteiligt. Dort fand ein Massenmord statt. SS- Soldaten hatten in
diesem Ort 207 Zivilisten durch Genickschüsse getötet.

Nachdem die Ausforschungen von lebenden Personen, deren Einvernahmen und die
Übermittelung der Ergebnisse insbesondere durch Rechtshilfeersuchen an die Zentrale Stelle
Ludwigsburg bzw. an jene deutschen Staatsanwaltschaften, die mit den genannten
Kriegsverbrechen im Zusammenhag stehende Strafverfahren geführt haben oder aktuell noch
führen, um konkrete Hinweise auf noch nicht verjährte Straftaten zu erlangen (die den
Betroffenen zur Last gelegt werden können) durch das BMI abgeschlossen sein dürften, ergeben
sich natürlich weitere Fragen.

Aus der zit. Anfragebeantwortung ergibt sich (Antworten zu den Fragen 33 - 36), dass vorerst
sieben noch lebende Verdächtige ausgeforscht werden konnte.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.            Welche konkreten Ergebnisse erbrachten die durch das BMJ veranlassten Nachforschungen
insbesondere im Bereich des Bundesamtes für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung, des Österreichischen Staatsarchivs und der Zentralen Stelle zur
Ausforschung von nationalsozialistischen Gewaltverbrechen in Ludwigsburg? Welche
weitergehenden Hinweise wurden erlangt? Welche Maßnahmen sind aufgrund dieser
Informationen durch das BMJ geplant? Sind die Nachforschungen abgeschlossen? Wenn
nein, wann werden Sie abgeschlossen sein?

2.            Was ergab die Auswertung dieser Hinweise bzw. dieser Nachforschungsergebnisse? Wie
viele lebende Verdächtige konnten ausgeforscht werden?

3.            Welche konkreten Hinweise auf noch nicht verjährte Straftaten, die den Betroffenen zur Last
gelegt werden können ergaben sich insbesondere durch Rechtshilfeersuchen der zuständigen
Staatsanwaltschaften an die zentrale Stelle Ludwigsburg bzw. an jene deutsche


Staatsanwaltschaften, die mit den genannten Kriegsverbrechen im Zusammenhang stehende
Strafverfahren geführt haben oder aktuell noch führen? Wie viele verdächtige Personen waren
davon betroffen?

4.      In wie vielen Einzelfällen kam es- als Ergebnis dieser Nachforschungen - zu einer
Konkretisierung des Verdachtes und zu einer Befassung die Staatsanwaltschaften in
Österreich (Aufschlüsselung auf Staatsanwaltschaften)?

5.             Welche Verbrechen werden einzelnen Verdächtigen aus den Listen des Simon-Wiesenthal-
Centers der mutmaßlichen österreichischen Naziverbrechen konkret vorgeworfen?

6.             Wie beurteilen Sie den zit. Jahresbericht des Simon-Wiesenthal-Centers? Hat Österreich bei
der Verfolgung von Naziverbrechern versagt? Wenn nein, warum nicht?