221/J XXIII. GP
Eingelangt am 08.01.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Ärzte und Pharmafirmen - Korruptionsverdacht in Österreich?"
Mit der AB
2254/XXH.GP vom 31.12.2004 wurden diesbezügliche Fragen der
Parlamentarischen
Anfrage
„Korruptionsverdacht gegen Ärzte und Pharmafirmen in Deutschland -
oder auch in
Österreich?" durch die
Bundesministerin beantwortet.
Nach jüngsten
Medienberichten ermitteln deutsche Staatsanwaltschaften aber noch immer gegen
diese Pharmakonzerne
und Ärzte. So ermittelt die Münchner Justiz in mehr als 3000
Fällen
(darunter auch gegen Ärzte von 850
Kliniken) wegen Vorteilsnahme. Betroffen sind die Firmen
Fujisawa, Bristol-Myers Squibb, Servier und Amgen. Diese haben
möglicherweise Ärzte
geschmiert. Seitdem wurden aber auch neue Verdachtsfälle in der
Öffentlichkeit bekannt.
So war
Ratiopharm (Umsatz 2005: 1,61 Milliarden Euro) bereits im Herbst 2005 in den
Verdacht
geraten, in
großem Umfang Ärzte „zur missbräuchlichen Verschreibung
von Arzneimitteln"
gebracht zu haben. Firmeneigner Adolf
Merckle hatte daraufhin Vorstandschef Claudio Albrecht
durch seinen Sohn Philipp Daniel
Merckle ersetzt.
„Die Ulmer Hersteller von nachgeahmten Arzneien (Generika) wird
verdächtigt, Ärzte zum
Betrug
angestiftet zu haben. Die Mitarbeiter stünden im Verdacht, Mediziner durch
Geld- und
Sachleistungen zur Verschreibung von Ratiopharm-Produkten angehalten zu haben,
sagte der
Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Zieher der Süddeutschen Zeitung. Dies
wäre Anstiftung
oder Beihilfe zur Untreue. Die Mitarbeiter
könnten sich auch „zum Nachteil der Krankenkassen
strafbar gemacht haben. Wie viele Ärzte beteiligt sein könnten
und ob Arztpraxen durchsucht
würden, wollte Zieher mit Hinweis auf laufende
Ermittlungen nicht sagen. Die Polizei habe nach
E-mails und Briefen gesucht, sagte der Oberstaatsanwalt. Dazu habe sie
bundesweit Wohnungen
der Außendienstler einbezogen, die 2001 bis 2005 für Ratiopharm.
Gearbeitet hätten. Schon im
November hatte der Staatsanwalt Büros leitender Angestellter und acht
Privatwohnungen
durchsuchen lassen, um Hinweise zur früheren Vertriebsstruktur der Firma
zu bekommen. "
(Süddeutsche Zeitung 19.12.2006)
Die
Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt wiederum wegen des Verdachts der Untreue
bzw. des
Betruges
gegen Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter des Westerwälder
„Medizinproduktherstellers
Lohmann & Rauscher International" in einem Abrechnungsskandal
der besonderen Art.
Für Transparency
International (TI) ist das öffentliche Gesundheitswesen (neben der
Baubranche) ein besonders anfälliges
Gebiet für Korruption. TI geht von einem Schaden von 30
bis 100 Milliarden Euro jährlich aus. In Europa hat sich daher auch das
„Europäische Netzwerk
gegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (EHFCN)" entwickelt.
Aus aktuellen Gründen werden ähnliche Fragen wie im Jahr 2004 wieder gestellt.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Gab es seit
2000 aus anderen Ländern Amts- bzw. Rechtshilfeersuchen betreffend
Korruptionsverdacht (z.B. Verdacht auf Untreue, Geschenkannahme, Bestechungen)
gegenüber MitarbeiterInnen von GlaxoSmithKline oder in diesem
Zusammenhang gegen
Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten
an Ihr
Bundesministerium?
Gab es Anzeigen, behördliche Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren?
2. Haben die
zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen, ob es hinsichtlich des in der Anfrage 2254/J XXII.GP zit. südhessischen
Medizinproduktherstellers derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren
in Österreich
gibt bzw. gegeben hat?
Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
2.1 .Wurden aufgrund der Veröffentlichungen
über die laufenden Korruptionsermittlungen in
Deutschland
(z.B. Darmstadt, München) oder aufgrund von Anzeigen durch Ihr
Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen veranlasst, ob derartige
Praktiken in
Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind
bzw. vorgekommen sind?
2.2.Wenn
ja, wann, welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen und welche Maßnahmen
konkret
gesetzt?
2.3.Wenn nein, weshalb nicht?
2.4.Gab es entsprechende Erhebungen oder Ermittlungen
(z.B. wegen Verdachts auf Untreue,
Geschenkannahme,
Bestechung oder in diesem Zusammenhang Steuerhinterziehung)
gegen Mitarbeiter
dieses südhessischen Medizinproduktherstellers oder gegen
Verantwortliche im österreichischen
Gesundheitswesen bzw. in Krankenanstalten durch
das BMI?
2.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
2.6.Gab es in der Frage des im Einleitungstext
angesprochenen Korruptionsskandals aus
Deutschland
ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen an Ihr Ministerium?
2.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete
der Inhalt dieses Rechts- bzw.
Amtshilfeersuchens?
Wurde diesem auch entsprochen?
3. Haben die zuständigen Stellen in
Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen,
ob es hinsichtlich des japanischen Pharmaunternehmens Fujisawa
derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren nach Österreich
gibt bzw. gegeben hat?
Wenn
ja, was wurde damit bezweckt?
3.1 .Wurden aufgrund dieses aufgezeigten
Ärzte-Bestechungsskandals oder aufgrund von
Anzeigen durch Ihr Bundesministerium konkrete Erhebungen / Ermittlungen
vorgenommen, ob derartige Praktiken in Österreich (Krankenanstalten,
Gesundheitseinrichtungen,
Medizinische Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. konkret
vorgekommen
sind?
3.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen
und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
3.3.Wenn nein, weshalb nicht?
3.4.Gab
es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. Verdacht auf Untreue,
Geschenkannahme,
Bestechung oder in diesem Zusammenhang wegen Verdachts auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von
Fujisawa oder gegen Verantwortliche im
österreichischen
Gesundheitswesen bzw. Krankenanstalten durch das BMI bzw. das BMJ?
3.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
3.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen
Bestechungsskandals aus Deutschland oder
anderen
Ländern an Ihr Bundesministerium ein Rechts- bzw. Amtshilfeersuchen?
3.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete
jeweils der Inhalt dieses Rechts- bzw.
Amtshilfeersuchens?
4. Haben die zuständigen Stellen in
Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen, ob es hinsichtlich der
Pharmafirma Bristol-Myers Squibb(BMS) derartige
Vorwürfe, Verbindungen bzw.
Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?
Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
4.1.Wurden aufgrund dieses Ärzte-Bestechungsskandal
in Deutschland (München) durch Ihr
Bundesministerium
konkrete Erhebungen / Ermittlungen vorgenommen, ob derartige
Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen,
Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?
4.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden gewonnen
und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
4.3.Wenn nein, weshalb nicht?
4.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und
Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf
Untreue,
Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von
Bristol-Myers Squibb oder in diesem
Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
bzw.
Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?
4.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
4.6.Gab es in der Frage dieses angesprochenen
Bestechungsskandals aus Deutschland oder
anderen
Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?
4.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der
Inhalt dieses Recht- bzw.
Amtshilfeersuchens?
5. Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium Kontakt
aufgenommen,
ob es hinsichtlich der Pharmafirma Ratiopharm derartige
Vorwürfe,
Verbindungen bzw. Spuren in Österreich gibt bzw. gegeben hat?
Wenn ja, was wurde
damit bezweckt?
5.1.Wurden aufgrund dieser Staatsanwaltschaften
Ermittlungen in Deutschland durch Ihr
Bundesministerium
konkrete Erhebungen oder Ermittlungen vorgenommen, ob derartige
Praktiken in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen,
Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?
5.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden
gewonnen und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
5.3.Wenn nein, weshalb nicht?
5.4.
Gab es jemals entsprechende Erhebungen und Ermittlungen (z.B. wegen
Verdachts auf
Untreue,
Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von
Ratiopharm oder in diesem
Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen Gesundheitswesen
bzw.
Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?
5.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
5.6.
Gab es in der Frage dieses in den Medien angesprochenen
Bestechungsskandals aus
Deutschland
oder anderen Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?
5.7. Wenn ja, aus welchen
Ländern und wie lautete der Inhalt dieses Recht- bzw.
Amtshilfeersuchens?
6.
Haben die zuständigen Stellen in Deutschland mit Ihrem Bundesministerium
Kontakt
aufgenommen, ob es hinsichtlich des „Medizinproduktherstellers
Lohmann & Rauscher
International" derartige Vorwürfe, Verbindungen bzw. Spuren
in Österreich gibt bzw.
gegeben hat? Wenn ja, was wurde damit bezweckt?
6.1. Wurden aufgrund dieser Staatsanwaltschaften
Ermittlungen in Deutschland (Koblenz) durch
Ihr
Bundesministerium konkrete Erhebungen oder Ermittlungen vorgenommen, ob
derartige
Praktiken
in Österreich (Krankenanstalten, Gesundheitseinrichtungen, Medizinische
Berufe etc.) ebenfalls möglich sind bzw. vorgekommen sind?
6.2.Wenn ja, wann, welche Erkenntnisse wurden
gewonnen und welche Maßnahmen konkret
gesetzt?
6.3.Wenn nein, weshalb nicht?
6.4.Gab es jemals entsprechende Erhebungen und
Ermittlungen (z.B. wegen Verdachts auf
Untreue,
Geschenkannahme, Bestechung und in diesem Zusammenhang auf
Steuerhinterziehung) gegen Mitarbeiter von
Lohmann & Rauscher International oder in
diesem Zusammenhang gegen Verantwortliche im österreichischen
Gesundheitswesen bzw.
Krankenanstalten durch das BM für Justiz bzw. durch das BMI?
6.5.Wenn ja, wann und welche und was waren die Ergebnisse?
6.6.Gab es in der Frage dieses in den Medien
angesprochenen Bestechungsskandals aus
Deutschland
oder anderen Ländern ein Recht- bzw. Amtshilfeersuchen?
6.7.Wenn ja, aus welchen Ländern und wie lautete der
Inhalt dieses Recht- bzw.
Amtshilfeersuchens?
7.
Gab es im
Zeitraum 2000 - 2006 unabhängig von den in dieser Anfrage genannten
Unternehmen durch die Polizei bzw. durch das
BM für Justiz Erhebungen oder Ermittlungen
wegen Verdachts auf Bestechung, Geschenkannahme, Steuerhinterziehung
etc., gegen
Verantwortliche von Pharma- oder
Medizinproduktunternehmen (z.B. Servier, Amgen) bzw.
gegen Verantwortliche im Gesundheitswesen oder in Krankenanstalten in
Österreich
(Aufschlüsselung auf Jahre)?
8.
Wenn ja, in wie vielen Fällen? Zu welchen Ergebnissen führten
jeweils diese
Ermittlungen (Ersuche um Aufschlüsselung der Fälle auf Jahre und Bundesländer)?
9.
In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2000 - 2006 durch das
BMI Ermittlungsergebnisse
an die zuständigen Staatsanwaltschaften weitergeleitet und zur Anzeige
gebracht (Ersuche um
Aufschlüsselung
der Fälle auf Jahre und Staatsanwaltschaften)?
10. Wie viele
Verfahren nach § 10 UWG (Privatanklagedelikt „Bestechung") sind
Ihnen im
Zeitraum
2000 - 2006 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)? Wie wurden diese
Verfahren jeweils beendet? Welchen Ausgang hat das in der
AB 2254/XXII.GP mitgeteilte
Verfahren
bei der StA Klagenfurt genommen?
11.
Wie viele Anzeigen nach § 55 AMG (verbotene Geschenkannahme) wurden
im Zeitraum
2000 - 2006 erstattet
(Ersuche um Aufschlüsselung auf Jahre)? Was ist Ihnen über
Erledigung der Anzeigen bzw. den Ausgang der Verfahren bekannt?
12.
War in diesen Jahren das Europäische Justizielle Netz in
Strafsachen bzw. die österreichische
Kontaktstelle
(Grenzüberschreitende Kriminalität) in diesbezügliche
Ermittlungen
eingebunden? Wenn ja, in wie vielen
Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?
13.
War in diesen Jahren EUROJUST in diesbezügliche Ermittlungen
eingebunden? Wenn ja, in
wie vielen
Fällen (Aufschlüsselung auf Jahre)?
14.
Ist das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz auch auf Korruption im
Gesundheitswesen
anwendbar?
15. Wenn ja, gab es 2006 diesbezügliche gerichtliche Verfahren und Entscheidungen?
16.
Wie viele Millionen Euro gehen nach Schätzung des Justizressorts in
Österreich jährlich durch
Korruption
und Betrug verloren? Welche Beträge sind es im Gesundheitswesen? Woran
liegt
diese Entwicklung?
17. Welche
konkreten Maßnahmen wird das Justizressort zur Bekämpfung von
Korruption und
Betrug national
ergreifen? Welche internationalen Rechtsakte müssen umgesetzt werden?
18. Ist Österreich bereits der
„Criminal Law Convention on Corruption ETS 173" des
Europarates und dem Übereinkommen der
Vereinten Nationen gegen Korruption beigetreten?
Wenn nein, woran ist dies jeweils gescheitert!
19. Wenn ja,
welche legistische Maßnahmen zur Umsetzung dieser die Korruption
betreffenden
internationalen
Rechtsinstrumente sind noch notwendig?