2225/J XXIII. GP

Eingelangt am 20.11.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

an den Bundeskanzler

betreffend EURATOM, österreichischer Atomgelder an die EU und Ausstiegsszenarien

Die Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich ein atomkraftfreies Europa, sie sehen das Gefahrenpotential und die Problematik der Endlagerung von Atommüll. Dennoch fördert Österreich aufgrund des EURATOM-Vertrags mit Steuergeldern die Atomkraft und Nuklearindustrie in der EU. EURATOM unterstützt ideell und materiell die Erforschung der Atomenergie und gewährt die finanzielle Unterstützung des Ausbaus der Kernenergie. Da der EURATOM-Vertrag zu den EU Gründungsverträgen zählt, ist die Verwendung der Atomkraft in der EU-Politik rechtlich verankert und räumt dieser Energieform wesentliche Wettbewerbsvorteile ein. Als trauriges Resultat ist die EU heute der weltweit führende Erzeuger von Atomenergie. Dabei gibt es keine energiepolitische Rechtfertigung dafür, das die EU die Atomkraft weiterhin fördert. Atomkraft kann das Klimaschutzproblem nicht lösen, wie es derzeit innerhalb der EU propagiert wird. Um zum Beispiel den Anteil der Atomenergie an der globalen Stromerzeugung von derzeit 16% auf 33% im Jahr 2030 anzuheben und dadurch mit ca. 15% zur global notwendigen Reduktion der Treibhausgasemissionen beizutragen, wäre etwa 1300 GW nukleare Kraftwerksleistung notwendig. Bis 2030 muss aber ein großer Teil der heutigen AKW stillgelegt werden. Daher müssten in diesem Szenario bis 2030 insgesamt 1200 große AKW-Blöcke mit je 1000 MW Leistung gebaut werden. Derzeit sind gerade 25 AKW im Bau. Gleichzeitig würde der Uranbedarf von derzeit ca. 70.000 Tonnen Uran jährlich auf ca. 210.000 Tonnen pro Jahr steigen. Im Jahr 2030 wären dann bereits 4 Millionen Tonnen Uran verbraucht, etwa die Menge der heute bekannten Uranvorräte.

Die österreichischen SteuerzahlerInnen  verlangen nach einem tatkräftigen Einsatz der österreichischen Regierung für eine Reform des Euratom-Vertrags, wie dies auch im Regierungsprogramm festgehalten ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1.  In welcher Form hat der BK seine Koordinierungsfunktion in Euratom-relevanten Fragestellungen seit Beginn der Legislaturperiode wahrgenommen (insbesondere bzgl. Euratomrelevanter Forschungspolitik - ITER, Gen4, Proliferation, etc.)?

2.             Welche Position hat der BK bezüglich Änderung der Kreditvergabepolitik der Europäischen Investitionsbank (EIB) eingenommen? Erfolgte die Stellungnahme zum Abstimmungsgegenstand Änderung der EIB-Kreditrichtlinien nach Befassung des Ministerrates?

3.                 Welche Handlungen wird die Bundesregierung insb. der Bundeskanzler setzen um die Kreditierung neuer KKW's durch die EIB bzw. aus Euratommitteln zukünftig zu verhindern?

4.                 Wie hoch ist das derzeitige EU-Budget für das 7. Forschungsrahmenprogramm Euratom (2007-2013) und für welche Aufgabenstellungen gemäß Euratom-Vertrag?

       Wie hoch ist der jeweilige österreichische Anteil und von welchen BM wird dieser jeweils spezifisch administriert?

5.             Welche Schwerpunkte sind aus österr. Sicht für relevante Euratomprojekte festgelegt?

6.             Wie hoch ist das österreichische Budget für Energiepartnerschaften" mit den Mittel-und Osteuropäischen Staaten für die laufende Regierungsperiode?

7.             Welche kernenergierelevanten Projekte wurden in den Jahren 2004 bis 2007 mittels EURATOM-Finanzierungsinstrumenten (Förderung, Krediten (mit)finanziert (Auflistung nach Jahr, Unternehmen, Ländern, konkretem Projekt und Höhe der EURATOM-Kredite)?

8.             Welche Projekte stehen aktuell auf der Liste, die mittels EURATOM bzw. via EIB finanziert werden sollen? Wie hoch sind die veranschlagten Beträge für die jeweiligen Projekte?

9.             Im Rahmen der technischen Hilfsprogramme von PHARE (Mittel- und Osteuropa) und TACIS (NUS, neue unabhängige Staaten) werden ebenfalls Steuergelder in Milliardenhöhe in Atomanlagen Osteuropas gepumpt. Welche Fördermittel wurden seit 2000 bis 2007 im Rahmen dieser beiden Hilfsprogramme für Nuklearprojekte zur Verfügung gestellt (Auflistung nach Programm, Jahr, Projekt, Förderhöhe)?

 

10.     Hat die Bundesregierung in den euratomrelevanten Entscheidungsgremien in der Zeit von 2000 bis 2007 jemals auf die ungenügende Internalisierung der externen Kosten der Kernenergie hingewiesen. Wenn ja, anhand welcher Untersuchungen, Studien etc.?

11.     Erfolgte zwischen 2000 und 2007 eine Koordination der österreichischen Argumentationsbasis bzgl. externe Kosten der Kernenergie zwischen BKW, BMLFUW, BMWA und BMEIA. Wenn ja mit welchem Ergebnis?

12.     Welche konkreten Schritte werden von der Bundesregierung unternommen um eine Reform des Euratom-Vertrags einzuleiten (Zeitplan)?

13.     Zu welchen spezifischen Kernenergieprojekten (Endlagersuche, Zwischenlagerung, Betriebsverlängerung, Neubauprojekte, Uranabbau und -aufarbeitung, Brennelementherstellung, -aufarbeitung) in einem geographischen Radius von ca. 1500 km zum österr. Staatsgebiet hat Österreich seit 2000 im Rahmen von Konsultationstreffen, grenzüberschreitenden UVP-Verfahren offiziell Stellung bezogen? In welchen Punkten wurde spezifisch der österr. Stellungnahme Folge geleistet. In welchen Punkte konnte jeweils spezifisch keine Übereinstimmung erzielt werden?

14.     Zu welchen Kernenergieprojekten (Endlagersuche, Zwischenlagerung, Betriebsverlängerung, Neubauprojekte, Uranabbau und -aufarbeitung, Brennelementherstellung , -aufarbeitung) in einem geographischen Radius von 1500 km zum österreichischen Staatsgebiet hat Österreich seit 2000 nicht Stellung bezogen und warum? Wie wird jeweils spezifisch für jedes relevante Projekt die Inaktivität der Bundesregierung argumentiert?