2256/J XXIII. GP
Eingelangt am 22.11.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend „Sicherheitsunternehmen im militärischen Umfeld - Sicherheits-Outsourcing“
Im Regierungsübereinkommen von SPÖ und ÖVP ist u.a. vereinbart, ein Bundesgesetz für das private Sicherheitsgewerbe zu erarbeiten und dieses in der laufenden Legislaturperiode zu beschließen. SPÖ-Abgeordnete treten bereits seit Jahren für ein eigenes Bundesgesetz für private Sicherheitsdienste ein, das einerseits den Problemen dieser Branche sowie anderseits den Herausforderungen und Aufgaben gerecht wird.
Der Markt für private Sicherheitsdienstleister wird in Österreich auf 220 Mio. Euro geschätzt, neue Anbieter drängen auf den Markt. Bei der EURO 2008 müssen - neben den Stadien -insbesondere im Public-viewing-Bereich und bei sonstigen Fanveranstaltungen gut ausgebildete MitarbeiterInnen aus dem privaten Sicherheitsgewerbe eingesetzt werden. Allein dies stellt eine besondere Herausforderung für diese Unternehmen dar.
Beängstigend und erschreckend ist aber zurzeit das zunehmende Auftreten von privaten Sicherheitsunternehmen auf internationaler Ebene, nämlich im militärischen Umfeld von Krisen-und Kriegsgebieten (z.B. Irak). Diese Unternehmen übernehmen neben klassischen Sicherheitsaufgaben auch militärische Kampfaufträge. Medien sprechen bereits vom „Kriegs-Outsourcing“. Auch einige Österreicher haben in den letzten Jahren bei derartigen Sicherheitsfirmen (Militärfirmen) als Mitarbeiter (möglicherweise auch als Söldner) angeheuert, was natürlich zu zahlreichen grundsätzlichen - auch verfassungsrechtlichen - Fragen führt. Dies insbesondere dann, wenn dabei Österreicher an kriegerische Auseinandersetzungen und Kampfhandlungen in diesen Kriegsgebieten direkt beteiligt sind.
Es ist ein großes Geschäft für private Sicherheitsfirmen und Militärfirmen, das gesamte Geschäftsvolumen soll weltweit 100 bis 150 Milliarden Dollar betragen, eine Goldgrube für einige große Firmen wie beispielsweise zurzeit im Irak (Blackwater, Kellog, Dyncorp, Aegis, Titan, MPR, Brown an Root, CAC, International Inc., Triple Canopi, Crescent Security). Sie agieren in diesem sensiblen Bereich der Sicherheit ohne wirkliche Kontrolle. Nationale Gesetze, Völkerrecht, Bestimmungen der Genfer Konvention haben für sie keine Bedeutung. Sie bewachen, schützen, verhören, kämpfen, foltern und morden: So sollen Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Blackwater im September 2007 17 irakische Zivilisten getötet haben.
Diese Privatisierung des Krieges hat überdies seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Es kommt zu einer Verknüpfung unternehmerischer Interessen (Gewinnorientierung) und der Eskalation des Krieges. Diese Unternehmen haben keinen Anreiz, ihren gut bezahlten Einsatz im Krisen- und Kriegsgebieten aufzugeben und den Einsatz zu beenden. Auseinandersetzungen, Kriege und Befriedungen sowie Wiederaufbau sind die Triebfeder ihres unternehmerischen Handelns.
Der neoliberale Glaube, dass Privatisierung alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme löst, hat sich bereits in der Vergangenheit auf allen Ebenen als großer Trugschluss erwiesen. Gegen die Privatisierung der Sicherheit sprechen aber auch noch grundsätzliche Probleme, wie der Verlust des staatlichen Gewaltmonopols und der politischen Kontrolle.
Bei Sicherheitsfirmen im Kriegseinsatz gibt es - auch wenn staatliche Lizenzen vergeben werden - keine Kontrolle in diesem sensitiven Sicherheitsbereich. Unterliegen die Soldaten nationaler Armeen zumindest dem jeweils nationalen Militärstrafrecht, bestehen gegenüber Mitarbeitern von privaten Sicherheitsunternehmen keine eigenen Gesetze und Sanktionen. Es ist nicht einmal klar, welcher Gerichtsbarkeit sie unterliegen. Im Irak beispielsweise können amerikanische Staatsbürger von der irakischen Justiz nicht belangt werden (Order 17). Sie bekamen Immunität eingeräumt, sie unterliegen aber auch nicht der US-Militärgerichtsbarkeit.
Niemand will auch in diesen Kriegs- und Risikogebieten die politische Verantwortung für das mörderische Treiben von privaten Sicherheitsunternehmen tragen und strafrechtlich durchsetzen. Sie bekommen Immunität zugesprochen und entziehen sich damit bewusst jeder Kontrolle, auch jener der zumeist staatlichen Auftraggeber.
Private Sicherheitsunternehmen wollen aber - so deren Zielsetzungen - weitere traditionelle staatliche Sicherheitsaufgaben im militärischen Umfeld übernehmen und argumentieren u.a. mit Kostenersparnissen für die Staaten. Sie rechnen mit weiteren Aufträgen, insbesondere bei internationalen Friedenseinsätzen. Befürchtet werden muss daher eine Fortführung dieser Privatisierung der Sicherheit (Kriegs-Outsourcing), die letztendlich zur Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols und Schwächung der Staatenautorität führt.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Landesverteidigung nachstehende
Anfrage:
1. Wo liegen aus Sicht des Bundesministeriums für Landesverteidigung nach europäischem (Verfassungs-)Recht - nicht zuletzt in Anbetracht des vermehrten Einsatzes von privaten Sicherheitsunternehmen in Krisen- und Kriegsgebieten - die Grenzen der Übertragung von staatlichen Sicherheitsaufgaben auf private Sicherheitsunternehmen (Sicherheits- Outsourcing)?
2. Welche Probleme sehen Sie in Europa, wenn durch EU-Mitgliedsstaaten weitere staatliche Sicherheitsaufgaben privatisiert und private Sicherheitsunternehmen von diesen Staaten im militärischen Umfeld in Krisen- und Kriegsgebieten eingesetzt werden?
3. Können aus Sicht des Bundesministeriums für Landesverteidigung Personen, die zur Ausübung des Sicherheitsgewerbes in Österreich berechtigt sind, ihre Unternehmensleistungen in Drittstaaten sowie in Krisen- und Kriegsgebieten (z.B. Irak) anbieten und damit auch ihre Mitarbeiter dort einsetzen?
Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Wenn nein, welche gesetzlichen Bestimmungen verbieten dies?
4. Mit welchen rechtlichen Sanktionen haben Österreicher zu rechnen, die als Zivilpersonen oder Söldner privater ausländischer Sicherheitsunternehmen im Ausland in Krisen- oder Kriegsgebieten (wie beispielsweise im Irak) tätig sind?
5. Mit welchen rechtlichen Sanktionen haben Österreicher zu rechnen, die direkt an kriegerischen Handlungen im Ausland in Krisen- oder Kriegsgebieten (wie beispielsweise im Irak) beteiligt sind bzw. waren?
6.
Hat das Bundesministerium
für Landesverteidigung jemals mit privaten Sicherheitsunternehmen zusammen gearbeitet bzw. Aufgaben
übertragen?
Wenn ja, in welchem Zusammenhang?
7. Welche Maßnahmen können aus Sicht des Ressorts auf europäischer Ebene ergriffen werden, um ein weiteres „Sicherheits- bzw. Kriegs-Outsourcing“ durch EU-Mitgliedsstaaten (z.B. England) zu verhindern?
8. Welche Maßnahmen können auf europäischer Ebene ergriffen werden, um den zunehmenden Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen in Krisen- und Kriegsgebieten (z.B. Irak) zu verhindern?