2325/J XXIII. GP
Eingelangt am 27.11.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
betreffend österreichische Unterstützung für Tibet als "Disneyland"?
Am 29. und 30. Nov. findet im Kursalon Wien ein „Tibet-Entwicklungs-Forum“ statt. Einträchtig stehen als VeranstalterInnen das Pressebüro des Ministerpräsidenten der VR China, die Botschaft der VR China in Österreich, die Permanent Mission of the PR China to the UN and other International Organizations in Vienna, die Organisation zur Unterstützung der Österreichisch-Chinesischen Wirtschaftsbeziehungen, das Chinese Culture Center in Europe Seite an Seite mit der Wirtschaftskammer Österreich, dem Bundesdenkmalamt Österreich, dem Bauernbund Österreich, der Tourismus Salzburg GmbH, der Tourismusschule Kleßheim, der UniArt Media Österreich, dem Agro Service Austria, der EEE Güssing, den Casinos Austria, den Österreichischen Lotterien und der Alpine Bau.
Es soll laut Einladung um den Austausch und die Diskussion von „Erfahrungen und Meinungen aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Bildung, Gesundheitswesen, Tourismus, Landwirtschaft, erneuerbarer Energie und Umwelttechnologie“ gehen, „konkrete Kooperationsprojekte“ sollen präsentiert werden.
Im Programm finden sich zahlreiche hochrangige VertreterInnen der Volksrepublik China und der „autonomen Region Tibet“, jedoch – logischerweise, ansonsten könnte diese Veranstaltung ja nicht mit der Beteiligung der Zentralregierung in Beijing stattfinden – kein einziger Vertreter/keine einzige Vertreterin der tibetischen Exilregierung oder anderer, etwa in Österreich lebender, TibeterInnen oder deren Organisationen.
Der Vizepräsident der WKO sowie Ex-Innenminister Franz Löschnak begrüßen und moderieren, genauso wie der Wiener Ex-Vizebürgermeister Sepp Rieder, der als „Chinabeauftragter der Stadt Wien“ angeführt ist.
Konkrete Kooperationen in einzelnen Bereichen wie der Erneuerbaren Energien, etwa in Hinblick auf Energie-Autarkie, sind zweifellos sinnvoll. Doch läuft das gesamte Unterfangen dieses Kooperationsforums mit der offiziellen Vertretung der VR China – und nur mit ihr – zu Themen wie Kultur, Musik, Denkmalschutz, Tourismus, Bildung und Medizin sowie Wirtschaft Gefahr, zu einer vorbehaltlosen Unterstützung der menschen- und völkerrechtswidrigen Politik Beijings gegenüber Tibet zu werden – und Tibet zu einem „chinesischen Disneyland“ werden zu lassen, in dem die autochthonen BewohnerInnen und ihre ExilvertreterInnen nichts zu sagen haben, oder höchstens für TouristInnen zu sehen und zu fotografieren sind. Durch derartige Unterstützung des Regimes in Beijing werden jegliche politische Bemühungen für eine Autonomie-Regelung hintertrieben.
Tibet ist seit 1951 völkerrechtswidrig durch die VR China besetzt. Der Dalai Lama, das geistliche und weltliche Oberhaupt der Tibeter, wurde erst vor kurzem, nämlich am 20.9.2007, vom österreichischen Bundeskanzler Gusenbauer - „ausschließlich in dessen Rolle als religiöser Führer“ - empfangen. Im Jahr 1991 war er noch offiziell von der gesamten österreichischen Staats- und Regierungsspitze empfangen worden. Anlässlich des 70. Geburtstages des Dalai Lama wurde 2004 durch massive diplomatische Interventionen Beijings die Herausgabe einer Sonderbriefmarke(!) in Österreich verhindert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Findet das Tibet-Entwicklungsforum, das die tibetische Exilregierung und ihre VertreterInnen oder andere dem chinesischen Regime kritisch gegenüberstehende TibeterInnen dezidiert nicht ein- und damit ausschließt, Ihre Unterstützung als Bundeskanzler der Republik Österreich?
2. Was werden Sie dem Dalai Lama, sollten Sie ihn demnächst wieder treffen, oder anderen VertreterInnen der regime-kritischen TibeterInnen über die Haltung der Republik Österreich zum Tibet-Problem sagen?
3. Halten Sie es mit einer österreichischen Außenpolitik, die die Verteidigung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit sowie von „Good Governance/guter Regierungsführung“ im Munde führt, vertretbar, wenn Ex-Regierungsmitglieder und hochrangige Vertreter der österreichischen Sozialpartnerschaft sich in der beim „Tibet-Entwicklungsforum“ zum Ausdruck kommenden einseitigen Weise auf die Seite der Zentralregierung in Beijing stellen?
4. Befürchten Sie nicht, dass Tibet über Kooperationen wie die beim „Tibet-Entwicklungsforum“ vorgestellten zu einem „chinesischen Disneyland“ wird, in dem die autochthonen BewohnerInnen und ihre ExilvertreterInnen nichts zu sagen haben, oder höchstens für TouristInnen zu sehen und zu fotografieren sind?
5. Befürchten Sie nicht, dass durch derartige Kooperationen jegliche Bemühungen für eine Autonomie-Regelung für Tibet hintertrieben wird?