272/J XXIII. GP

Eingelangt am 22.01.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lunacek, Kogler, Rossmann und Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Schaffung einer Entwicklungsbank in der AWS und damit Verschiebung von Personalkosten – Entwicklungshilfe für die AWS?

Das Finanzministerium plante ursprünglich laut einem Bericht in der Tageszeitung „Der Standard“ vom 17.10. 2006, eine Entwicklungsbank nach Vorbild der European Development Finance Institutions (EDFI) in Österreich zu gründen. Angesiedelt werden sollte die neue Entwicklungsbank überraschenderweise als direkte Tochter bei der Spezialbank des Bundes für unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung – der Austria Wirtschaftsservice (AWS).

Dieser Plan des Finanzministers – und vielleicht auch Ihr Plan ?- schien damals selbst innerhalb der früheren Regierung nicht auf ungeteilte Zustimmung zu gestoßen zu sein. Selbst das ressortmäßig für Entwicklungszusammenarbeit zuständige Außenministerium hat betont, dass überhaupt geprüft werden muss, wie groß Österreichs Bedarf für eine Entwicklungsbank wirklich sei und welche Ziele diese verfolgen sollte. Außerdem müsse ein neues Institut Schnittstellen zur Austrian Development Agency (ADA) haben und mit der Official Development Assistance (ODA) der OECD kompatibel sein. Weiters legte das Außenamt noch besonderen Wert darauf, dass Entwicklungshilfegelder extrem sparsam eingesetzt werden und die Gelder möglichst ungekürzt in die Entwicklungszusammenarbeit gehen.

Weiters ist in Medien von Haftungsfällen der AWS zu lesen.In einem früheren Standard-Artikel vom 12. 10. 2006 heißt es z. B.: “Unangenehme Nebenwirkungen hat das Debakel des Papier- und Kartonherstellers Heinzel Group in den Niederlanden für die Austria Wirtschaftsservice: Die staatliche Förderbank muss heuer einen Abgang von mehr als 21 Mio. Euro verbuchen, weil eine Garantie für Modernisierung und Expansion des 2002 vom Konzern des Ex-ÖIAG-Präsidenten Alfred Heinzel übernommenen niederländischen Kartonherstellers De Eendracht B.V. schlagend wurde, erfuhr der STANDARD aus Aufsichtsratskreisen. (...) Unterm Strich bleibt ein Abgang in Höhe von 23,3 Mio. Euro – das größte aushaftende Obligo, das in der 2002 gegründeten AWS jemals schlagend wurde. Dieses muss vom Finanzministerium, also von der öffentlichen Hand, abgetragen werden.“

Gleichzeitig hätten mit der Ansiedlung der Entwicklungsbank bei der AWS rund 25 MitarbeiterInnen von der AWS in diese Bank "ausgelagert" und das Personalbudget der AWS entlastet werden können. Der Hintergrund: Kredite und Darlehen der Entwicklungsbank sind nach den Kriterien des OECD-DAC in die offizielle österreichische EZA-Quote nur teilweise und unter bestimmten Bedingungen anrechenbar, aber das Personal sowie das Eigenkapital der neuen Förderbank zur Gänze.

Der Verdacht stand im Raum, dass nicht nur rein fachliche, Ressourcen optimierende Überlegungen bei den Plänen des BMFs – und Ihres Ministeriums? - , die Entwicklungsbank bei der AWS anzusiedeln eine Rolle spielen, sondern dass damit insbesondere die AWS-Verluste ausgeglichen werden sollten.

Laut „Der Standard“ wurde die AWS Geschäftsführung beauftragt, einen Geschäftsplan für eine Bank für Entwicklungsfinanzierung zu erarbeiten. Dieser wurde von den beiden AWS-Geschäftsführern Peter Takacs und Horst Bednar am 20. September 2006 in einer außerordentlichen Generalversammlung, welche auch gleich die Rahmenbedingungen beschloss, präsentiert.

Im neuen Regierungsprogramm steht nun überraschenderweise zu lesen:

„Einige Länder haben eine Entwicklungsbank für eine wirtschaftsnähere

Entwicklungshilfe eingerichtet. Es soll die Einrichtung einer Entwicklungsbank

von BMF und BMaA geprüft werden. Dabei wird die einschlägige Erfahrung

und Kostengünstigkeit der OeKB in der Ausfuhrförderung berücksichtigt

werden.“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Inwieweit sind Sie in die Konzepterstellung für eine Entwicklungsbank bei der  AWS eingebunden gewesen und werden dies auch in Zukunft sein?     

2. Aufgrund welcher Kriterien fiel die Wahl ursprünglich auf die AWS und nicht auf andere auf Exportfinanzierung spezialisierte Institute in Österreich, wie z.B. die Oesterreichische Kontrollbank?

3.Welche Rahmenbedingungen haben sich aus Ihrer Sicht geändert, dass nun nicht mehr die AWS als bestmögliche Option von Ihnen präferiert wird?

4. Welche entwicklungspolitischen Kompetenzen zur Beurteilung von Projekten der Entwicklungsbank sind derzeit in der AWS vorhanden?

5. Wie lauten die konkreten Rahmenbedingungen für die neue Entwicklungsbank, die am 20.9.2006 in der außerordentlichen Generalversammlung der AWS beschlossen wurden?

6. Inwieweit halten Sie es prinzipiell für verantwortungsvoll einem Institut, das erst vor kurzem den Zusammenschluss mehrerer Teilorganisationen und interne Turbulenzen zu verkraften hatte (siehe Anfrage 1556/J - Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Garantiestopp der staatlichen Förderbank und internen Turbulenzen in der Austria Wirtschaftsservice (AWS)), überhaupt ein neues Tätigkeitsfeld zu überlassen?

7.  Befürworten Sie als Eigentümervertreter zur Aufgabenerfüllung der geplanten Entwicklungsinstitution weiterhin die Neugründung einer staatseigenen Bank oder sprechen Sie sich für eine Übertragung der Agenden an die OeKB aus, wie es das Regierungsprogramm vorschlägt?

8. Welche außerordentlichen kaufmännischen Erfolge in der Exportfinanzierung haben ursprünglich dafür gesprochen, die AWS mit dem Aufbau und der Installierung einer österreichischen Entwicklungsbank zu betrauen?

9. Hätte diese Variante - Einrichtung einer Entwicklungsbank beim AWS – für Sie nicht den unschätzbaren doppelten Vorteil gehabt, dass Sie so einerseits die Verluste der AWS schlagartig reduzieren könnten und andererseits Teile der Personalkosten der AWS an des Entwicklungshilfebudget auslagern könnten?

10. Stimmt die Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen den angelaufenen Verlusten aufgrund der schlagend gewordenen Heinzel-Garantie von rund 21 Mio. Euro und Ihrem ursprünglichen Vorhaben die Entwicklungsbank bei der AWS anzusiedeln, besteht?

11. Stimmt die Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen den angelaufenen Verlusten aufgrund der schlagend gewordenen I&T-Garantie von rund 5 Mio. Euro und Ihrem ursprünglichen Vorhaben die Entwicklungsbank bei der AWS anzusiedeln, besteht?

12. Welche Auswirkungen haben der Ausfall bei diesen beiden Garantien auf die AWS-Bilanz im Lichte einer Nicht-Errichtung einer Entwicklungsbank bei der AWS?