284/J XXIII. GP

Eingelangt am 26.01.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Untersagungen von Versammlungen zum Thema "Aufklärung über das Leid der Pelztiere"

 

 

Dem „Verein gegen Tierfabriken“ (VGT) wurden von der Bundespolizeidirektion Wien (Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten) unter Hinweis auf § 6 des VersG und Art. 11 Abs. 2 EMRK Demonstrationen zur „Aufklärung über das Leid der Pelztiere“ vor Kleider-Bauer-Filialen untersagt. Als Begründung wurde im Bescheid vom 08.12.2006 (Zahl III-Vs-242/VVM/2006) angeführt, dass der VGT in den letzten Jahren der „Bannerträger“ der länderübergreifend organisierten Kampagne „Offensive gegen die Pelzindustrie“ in Wien gewesen sei. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass in der Nacht vom 30.11.2006 in einer Kleider-Bauer-Filiale in Wien 12 von unbekannten Tätern sämtliche Schaufensterscheiben zerstört worden waren und die Täter eindeutig dem Dunstkreis von radikalen Tierschützern zuzuordnen seien. Es sei zu befürchten, dass durch die Abhaltung der angezeigten Versammlung das Eigentum der Firma Kleider-Bauer und die persönliche Integrität deren Mitarbeiter, sohin die öffentliche Sicherheit gefährdet sei. Auch sei nicht auszuschließen, dass sich diesen Versammlungen militant eingestellte Tierschützer anschließen und es wiederum zu schweren Beschädigungen oder sogar zu Angriffen  auf die Mitarbeiter kommen könnte, die möglicherweise auch von der Exekutive nicht mehr verhindert werden könnten.

 

Im Lichte der vorher zahlreich erfolgten Demonstrationen des VGT (Infotisch mit Zelt, Flugblättern, Plakatständern und Filmen, die das Leid der Pelztiere dokumentieren), die vollkommen friedlich verlaufen sind, erscheinen diese Befürchtungen mehr als überzogen.

 

Im Vorfeld einer Kundgebung am 14. Dezember 2006 wurden sogar AktivistInnen, die Flugblätter verteilt hatten, von Beamten des Landesamtes für
Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT)
angehalten, zur Ausweisleistung aufgefordert, mit Festnahme bedroht und vom Platz verwiesen. Eine daraufhin erfolgte telefonische Anfrage bei der Polizeidirektion Wien wurde dahingehend beantwortet, dass jede Person, die als TierschützerIn erkennbar sei und in der Nähe der Kleider-Bauer-Filiale gesehen werde, unter Androhung einer Festnahme des Platzes verwiesen werde mit der Begründung, dass Gefahr im Verzug sei und jeder Tierschützer ein potentieller Scheibeneinschlager sein bzw. Radikale anlocken könne.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Die Behörde schließt offenbar aus der Tatsache, dass die unbekannten Täter, die Schaufensterfilialen zerstört hatten, sich bei der Kundgebung des VGT einfinden und das Eigentum der Firma Kleider-Bauer beschädigen bzw. die MitarbeiterInnen angreifen werden. Inwiefern ist diese Annahme plausibel, da Täter, die unbekannt sind, es in der Regel auch bleiben wollen und sich nicht ausgerechnet jener Versammlung anschließen würden, bei der sie sich der größten Gefahr aussetzten, entdeckt zu werden?

 

2.      Worauf begründet sich die Annahme, dass MitarbeiterInnen der Firma Kleider-Bauer während der Versammlung angegriffen würden und Sachbeschädigungen stattfinden sollten?

 

3.      Inwiefern wurde als Maßstab für die Prognose-Entscheidung auch die Tatsache herangezogen, dass über 200 Versammlungen gleicher Art und gleichen Inhalts friedlich stattgefunden haben?

 

4.      Warum wurde eine von den Grünen für den 18.01.2006 angemeldete Kundgebung zum Schutz der Pelztiere völlig anders eingeschätzt und daher nicht untersagt?

 

5.      Gab es in den letzten Jahren bei Demonstrationen für Tierschutzangelegenheiten jemals Gewalttaten seitens der DemonstrantInnen oder eine Gefährdung der im VersG bzw. der MRK erwähnten Schutzgüter? Wenn ja, wie oft und wann haben diese stattgefunden?

 

6.      Wie entkräften Sie das Argument, die Versammlungsuntersagung könnte eine Zunahme illegaler Protestmaßnahmen zur Folge haben – also genau das Gegenteil von dem, was die Behörde intendiert?

 

7.      Aus einer Niederschrift vom 6.12.2006 geht hervor, dass die Behörde die Anmeldung von Versammlungen an vier verschiedenen Orten bis zum 2.9.2011 untersagt. Stattdessen schlägt die Behörde vor, die Versammlungen 50 Meter entfernt vom geplanten Ort abzuhalten.

a)     Wie begründen Sie diese massive Beeinträchtigung der Interessen der VeranstalterInnen?

b)     Worauf begründet sich die Annahme, dass die Versammlung andernorts mit weniger Gefährdung stattfinden könnte?

c)      Wie verträgt sich diese Entscheidung mit dem Recht der Versammlungsfreiheit, den Versammlungsort wählen zu können?