307/J XXIII. GP

Eingelangt am 31.01.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Lichtenecker, Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Nationaler Biomasseaktionsplan

 

 

Die umweltverträgliche Nutzung von Biomasse stellt grundsätzlich einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und in der Folge zur Erhaltung der Biodiversität dar. Der vorliegende Entwurf eines nationalen Biomasse-Aktionsplans erscheint jedoch insofern fragwürdig, da eine „theoretisch-mögliche“ Umsetzung, sei es durch CO2-Bilanzen, Energiebilanzen, Ökobilanzen, Außenhandelsbilanzen, Flächenbilanzen oder Kosten-Nutzenanalysen nicht ausgewiesen ist. Die Rohstoffversorgung kann in vielen Bereichen nicht nachhaltig aus der heimischen Urproduktion gedeckt werden. Aufgrund der weltweiten stark ansteigenden Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen zur Produktion von Biokraftstoffen kann es bei falscher Anwendung zur Zerstörung intakter Naturräume und zu einem Verlust von Biodiversität kommen. Daher bedarf es dringend gesetzlicher Rahmenbedingungen wie zum Beispiel eines verbindlichen Zertifizierungssystems (basierend auf Effizienzkriterien), um Mindestnachhaltigkeitskriterien bei der Erzeugung von Biokraftstoffen zu gewährleisten. Die Nutzung von Biomasse ist  dann sinnvoll, wenn landwirtschaftliche Reststoffe verwertet werden und nicht intensivste Monokulturen das Ergebnis sind.

 

Die Produktion von Biomasse auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen tritt zwangsläufig in Konkurrenz mit der Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln, Holz- und Waldprodukten sowie mit ihrer Nutzung für Zwecke des Naturschutzes. Daher müssen potenziell negative Auswirkungen auf andere Ziele (Umweltschutz, Biodiversität, nachhaltige Lebensmittelproduktion) und damit zusammenhängende internationale Verpflichtungen (Biodiversitätskonvention, Vogelschutz-Rl, FFH-Richtlinie, EU-Wasserrahmenrichtlinie, Alpenkonvention etc.) berücksichtigt werden. Eine Studie der European Environment Agency untersuchte diese Problematik und kam zu dem Schluss, dass auch dann ambitionierte Biomasse-Ziele erreichbar sind, wenn strikte Umweltbeschränkungen zum Schutz der Biodiversität eingehalten werden. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Welche wissenschaftlichen Studien und Forschungsprojekte wurden für die Erstellung des österreichischen Biomasse-Aktionsplans herangezogen und welche weiteren Forschungsprojekte sind geplant, um die Energieeffizienz und die Ökobilanz sicherzustellen?

 

2.      Von welchem Biomassepotential in Österreich gehen Sie aus (ohne Berücksichtigung etwaiger Importe)?

 

3.      Von welchen Bedarfsflächen für Biomasse aus der Landwirtschaft (Acker- und Grünlandflächen) gehen Sie zur Umsetzung des Biomasseaktionsplans aus?

 

4.      Wie viel Biomasse soll laut Biomasseaktionsplan in Österreich insgesamt verwertet werden?

 

5.      Aus welchen Ländern und in welchen Mengen soll Biomasse importiert werden? Gibt es ein Importkonzept für Biomasse und Biotreibstoffe und wenn ja, welches?

 

6.      Welche aktuellen landwirtschaftlichen Nutzungen sollen durch die Herstellung von Biotreibstoff ersetzt werden?

 

7.      Durch welche Bewertungs- und Entscheidungsgrundlagen wird sichergestellt, dass bei der Herstellung von Biosprit positive Energie- und Ökobilanzen gewährleistet werden?

 

8.      Wie viel Hektar Ackerflächen in Österreich werden für die angestrebte Herstellung von Biotreibstoff benötigt?

 

9.      Wo sollen die geografischen Schwerpunkte für die Biospriterzeugung liegen und welche landwirtschaftlichen Betriebstypen sollen hierbei eine besondere Rolle spielen?

 

10.    Sollen zur Herstellung von Biosprit in Österreich auch Pflanzenöle aus  Entwicklungsländern importiert werden? Wenn ja, in welchem Ausmaß?

 

11.    Wie stellen Sie sicher, dass durch Biosprit-Importe kein Schaden für die Biodiversität entsteht, z.B. durch Abholzung tropischer Regenwälder?

 

12.    Wie viel Hektar Stilllegungsflächen werden für die angestrebte Herstellung von Biotreibstoff benötigt? Durch welche Maßnahmen stellen Sie sicher, dass ein ausreichender Prozentsatz an ökologisch und für die Biodiversität wertvollen Stilllegungen nicht für die Produktion von Biomasse herangezogen wird?

 

13.    Stimmt es, dass aufgrund eines österreichisch-chinesischen Biodieselprojektes ab 1. Jänner 2007 chinesischer Biodiesel importiert werden soll? Wenn ja, in welchen Mengen? Inwiefern wurden bei diesem Projekt Ökobilanzen berücksichtigt?

 

14.    Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich will im Ennshafen eine Biodiesel-Anlage mit einer Jahresproduktion von 100.000 Tonnen errichten. Stimmt es, dass aufgrund der begrenzten Anbaukapazitäten in Österreich davon 60.000 Tonnen importiert werden müssten?

 

15.    Die Biodiesel Vienna GmbH erzeugt 95.000 Tonnen Biotreibstoff und wird nach ihren Angaben in zwei Jahren auf 400.000 Tonnen ausbauen. Woher sollen diese zustäzlichen Mengen an Raps oder sonstigen ölhältigen landwirtschaftlichen Rohstoffe kommen? Wie stellen Sie sicher, dass nicht Palmöl oder Sojaöl, das auf abgeholzten Regenwäldern gewonnen wurde, verarbeitet wird?

 

16.    Die Bioethanolanlage der Agrana in Pischelsdorf (NÖ) ist für eine Produktionsmenge von 240.000 m³ Bioethanol ausgerichtet und soll Ende 2007 in Betrieb gehen. Stimmt es, dass vorwiegend Weizen zu Bioethanol verspritet werden soll und wenn ja, was spricht für die Weizenverspritung? Welche ökologischen – und Arbeitsplatzeffekte sollen damit erreicht werden? Werden bei diesem Projekt Förderungen in Anspruch genommen? Wenn ja, in welcher Höhe und woher kommen die Förderungen?

 

17.    Sind Sie dafür, dass Nahrungsmittel wie Getreide zur Herstellung von Energie verheizt werden? Wenn ja, wie rechtfertigen Sie das aus ethischer Sicht, da weltweit mehr als 900 Millionen Menschen an Hunger leiden und dadurch wertvolle Nahrungsmittelflächen in Energie umgewandelt werden?

 

18.    Durch welche Rahmenbedingungen bzw. Maßnahmen im Biomasseaktionsplan werden Sie sicherstellen, dass potenziell negative Auswirkungen auf die Umwelt, Biodiversität und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion verhindert werden?

 

19.    Werden Sie in Österreich ein obligatorisches Akkreditierungssystem einführen, um Mindestnachhaltigkeitskriterien bei der Erzeugung von Biokraftstoffen zu gewährleisten? Wenn ja, welche konkreten diesbezüglichen Entwürfe liegen vor? Wenn nein, warum nicht?

 

20.    Wie wird sichergestellt, dass bei der Umsetzung des Bioaktionsplans in erster Linie die Bio-Energieträger mit einer hohen System-Energieeffizienz und erst in späterer Folge nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Flächen die Bio-Energieträger mit einer geringeren Energieeffizienz eingesetzt werden?

 

21.    Inwiefern werden im Rahmen des Biomasseaktionsplans internationale Verpflichtungen wie die Biodiversitätskonvention, die EU-Vogelschutz-Richtlinie, die FFH-Richtlinie, die EU-Wasserrahmenrichtlinie und Alpenkonvention, das Göteborg-Ziel etc. berücksichtigt?

 

22.    In Natura 2000-Gebieten gerät die Produktion von Biomasse zwangsläufig in Konflikt mit dem günstigen Erhaltungszustand der Schutzgüter. Wie stellen Sie sicher, dass das Verschlechterungsverbot eingehalten wird und Naturverträglichkeitsprüfungen gemäß Art. 6 FFH-Richtinie durchgeführt werden?

 

23.    Der aktuelle Entwurf des Programms Ländliche Entwicklung beinhaltet spezifische Förderoptionen für Biomasse. Wie viele Mittel sind für welche Maßnahmen vorgesehen (bitte um eine genaue Aufstellung)?

 

24.    Durch welche Maßnahmen soll verhindert werden, dass die Umsetzung des Biomasseaktionsplans zu einer Verstärkung des Strukturwandels in Richtung industriell geprägte Land- und Forstwirtschaft führt?

 

25.    Durch welche konkreten Maßnahmen sollen potentiell negative Auswirkungen durch die verstärkte Nutzung von Waldressourcen auf die Biodiversität verhindert werden?

 

26.    Inwiefern finden bei der Ökostromerzeugung dezentrale Nutzungskonzepte gegenüber Großprojekten Berücksichtigung?

 

27.    Ist zu erwarten, dass in Österreich auch gentechnisch veränderte Pflanzen zur Energiegewinnung eingesetzt werden? Wenn ja, wie begründen Sie das und mit welchen Effekten auf die Umwelt ist zu rechnen?

 

28.    Ist zu erwarten, dass Reststoffe aus gentechnisch veränderten Energiepflanzen (z.B. Raps) in Österreich als Futtermittel zum Einsatz kommen?

 

29.    Durch welche Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass regionalwirtschaftliche und kreislauforientierte Ansätze verstärkt berücksichtigt werden (z.B. Einsatz von Pflanzenölen als Kraftstoffe bei landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten, Nutzung von bäuerlichen Wald-Hackgut in kommunalen Biomasseheizanlagen)?

 

30.    Bis wann hat voraussichtlich die österreichische Landwirtschaft insbesondere in den Ackerbauregionen zu 100 Prozent auf Voll-Biodiesel aus heimischer Produktion ihre land- und forstwirtschaftlichen Maschinen umgestellt?

 

31.    Durch welche Maßnahmen soll erreicht werden, dass die lokale Landwirtschaft verstärkt in eine regionale Energieversorgung eingebunden wird?

 

32.    Wie ist sichergestellt, dass bei der Dimensionierung von Biogasanlagen konkrete Nachhaltigkeitsaspekte wie z.B. ausreichende Fruchtfolgen (keine Maismonkulturen!), Boden- und Grundwasserschutz ausreichend berücksichtigt werden?