319/J XXIII. GP

Eingelangt am 09.02.2007
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

 

betreffend Info-Offensive zur Mobilfunk-Problematik

 

 

Infolge des Mobilfunknetzausbaus hat sich die mittlere Strahlungsintensität in Städten im Vergleich zu den Achtzigerjahren weit mehr als verzehnfacht. Gesundheitlich v.a. wichtig ist, dass im Mobilfunknetz die Nachrichten selbst digitalisiert und als Datenpakete über elektromagnetische Mikrowellen in einem hochfrequent gepulsten Verfahren übertragen werden. Dabei entstehen Magnetfelder in gepulster Modulation, deren gesundheitliche Risken und Wirkungen umstritten, aber alles andere als widerlegt sind. Weitere mögliche Beeinträchtigungen bestehen u.a. im Zusammenhang mit dem Vektorpotenzial des Magnetfeldes sowie im Zusammenhang mit Infraschall und Mikrovibrationen. Es werden bei Menschen und zum Teil auch bei Tieren neben der unstrittigen Veränderung der Gewebetemperatur u.a. Chromosomenbrüche, Krebs, Schlafstörungen, Potenzstörungen, Geräuschphänomene, Unruhe, Konzentrations-, Lern- und Gedächtnisstörungen, Auswirkungen auf Blutdruck, Herzrhythmus, Immunsystem und Blutbild sowie Auswirkungen auf die Schädel- und Gehirnentwicklung im Kinder- und Jugendalter mit der Strahlung von Mobilfunksendern und Handys in Verbindung gebracht.

 

Seit Jahren warnen Wissenschaftler und auch der Oberste Sanitätsrat sowie die Wiener Ärztekammer vor unbedenklicher Nutzung der Mobilfunktechnik und empfehlen im Hinblick auf die gesundheitliche Vorsorge eine möglichst geringe Nutzung der Geräte, eine Minimierung der Strahlung /Sendeleistung und eine Optimierung der Standorte von Sendemasten sowie eine Einbindung der AnrainerInnen.

 

Aktuelle finnische Studie

 

Auch auf Basis der jüngsten Studie der finnischen Strahlenschutzbehörde (Anssi Auvinen und Anna Lahkola) im Rahmen der multinationalen Interphone-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO mahnen Experten zur Verstärkung der Vorsorgestrategie. „Nach allen Daten, die wir bislang auch aus anderen Studien haben, können wir folgendes sagen: Es kann sein, dass die Mikrowellen der Mobilfunktelefone bereits vorhandene Tumorzellen dazu anregen, sich zu vermehren und zu wachsen. Das heißt nicht, dass Handys einen Tumor auslösen. Sie beeinflussen aber die Chance auf Wachstum und darauf, dass er diagnostiziert wird. Beweise gibt es nicht, Hinweise sehr wohl “, erklärte Michael Kundi vom Österreichischen Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien. Denn die Mobilfunktechnologie ist erst seit rund 6 Jahren großflächig im Einsatz und Hirntumore haben eine Latenzzeit von Jahrzehnten, weshalb Zusammenhänge auch aufgrund des Fehlens von epidemiologischer Studien noch nicht korrekt festgestellt werden konnten. Die finnische Studie ergab keinen Beweis eines erhöhten Gliom-Risikos durch regelmäßigen Mobiltelefongebrauch, ermittelte aber eine rechnerische Risikoerhöhung des Wachstums von Gehirntumoren von 40 Prozent.

Nicht berücksichtigt dürften in dieser Studie a-thermische, biologische Effekte, Auswirkungen der gepulsten Modulation, Effekte je nach Alter, Lang- oder Kurzzeitexposition, Strahlungsdosis, Potenzierung bei Mehrfachexposition sein, was die Risiko-Einschätzung noch erhöhen würde.

 

Mobilfunk in Verkehrsmitteln

 

Nach Berechnungen des japanischen Physikers Tsuyoshi  Hondou von der Tohoku-Universität in Sendai kann es in Eisenbahnwaggons zu Überschreitungen der empfohlenen ICNIRP-Grenzwerte kommen, wenn 20% der Reisenden ein Handy mit einer Sendeleistung von 0,4 Watt gleichzeitig benutzen. (Quelle: Journal of the Physical Society of Japan, Vol. 71, No. 2, February 2002).

Messungen in einem Linienbus in München, in dem nur mit 3 Handies telefoniert wurde, ergaben Maximalwerte der Leistungsdichte von 776 mW/m2. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Punkte im Innenraum des Busses ausgemessen wurden und daher eventuell „Hot Spots“ mit noch wesentlich höheren Leistungsdichten nicht entdeckt wurden. (Quelle: www.izgmf.de)

Die japanischen Berechnungen werden dadurch bestätigt. Beide Untersuchungen beschreiben keineswegs Extremfälle, im Gegenteil ist zu erwarten, daß es im Alltag in Bussen, U-Bahnen, Straßenbahnen und Eisenbahnwaggons noch zu erheblich höheren Belastungen kommen kann, wenn noch mehr Personen gleichzeitig telefonieren oder SMS versenden.

Obwohl die empfohlenen ICNIRP-Grenzwerte um mehrere Größenordnungen zu hoch angesetzt sind, da sie nur vor thermischen Wirkungen schützen sollen, werden in Bussen und Zügen in vielen Situationen sogar diese Grenzwerte erreicht oder überschritten.

Die Wiener Ärztekammer hat daher auch in ihren Leitlinien für mobiles Telefonieren empfohlen, nicht in Fahrzeugen (Auto, Bus, Bahn) zu telefonieren, da hier das Handy mit höherer Leistung strahlt.

Es ist also dringend geboten, nicht nur an den einzelnen Benutzer Empfehlungen auszusprechen, sondern vor allem die anderen Fahrgäste vor den Wirkungen von Mobilfunk-Telefonaten zu schützen.

 

Schnurlos-Telefone nach dem DECT-Standard

 

In den letzten Jahren häufen sich verschiedene Hinweise (Zeitungsartikel, Beobachtung von Ärzten, ...), wonach die Verwendung von Schnurlos-Telefonen nach dem DECT-Standard kanzerogene Auswirkungen haben könnte. Es gibt Fälle, bei denen ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Augentumoren bei Kindern und der Verwendung von Schnurlos-Telefonen nach dem DECT-Standard nicht auszuschließen ist. Auch die Ausstrahlung von derartigen Geräten aus Nachbarwohnungen erscheint in manchen Fällen höchst bedenklich. DECT-Schnurlos-Telefone arbeiten und wirken wie Mobilfunkbasisstationen. Nachdem eine nachteilige Beeinflussung der menschlichen Gesundheit nicht ausgeschlossen ist, muss diesem Feld im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes sowie eines Vorstoßes im Rahmen der Gesundheitsförderung verstärktes  Augenmerk geschenkt und für Information der Bevölkerung gesorgt werden..

 

Sendemasten

 

Neben dem Handy-Telefonieren zählt die Nachbarschaft von Mobilfunk-Sendemasten zum Risikopotential durch Mobilfunk. Im Gegensatz zum Gebrauch des Handys, der individuell erfolgt, erfolgt die Bestrahlung durch Sendeanlagen unausweichlich beinahe flächendeckend rund um die Uhr. Deshalb ist auch dieser Belastung Augenmerk zu schenken, eine Minimierung anzustreben, ein Gesetz zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung mit Vorsorge-Grenzwerten zu erlassen und vor allem Informations-/Aufklärungsarbeit zu leisten. Gerade durch Gesundheitsvorsorge können Milliarden an Krankheitskosten gespart werden.

 

Ihre Vorgängerin wies bereits medial auf diverse Gesundheitsrisiken durch Mobilfunk hin, verzichtete aber auf eine konsequente öffentliche Informationsoffensive.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Welche Konsequenzen ziehen Sie aus den Ergebnissen der aktuellen finnischen Studie?

2.      Werden Sie die epidemiologische Forschung auf diesem Gebiet verstärken? Wenn nein, warum nicht?

3.      Werden Sie sich im Kreis der Regierung dafür einsetzen, die epidemiologische Forschung auf diesem Gebiet zu verstärken? Wenn nein, warum nicht?

4.      In welcher Form gedenken Sie angesichts der vielfältigen Problematik des Mobilfunks die Bevölkerung verstärkt über allfällige Risiken zu informieren und Verhaltensempfehlungen offensiv über alle Gesundheitsinstitutionen zu kommunizieren?

5.      Durch welche Initiativen werden Sie die Bevölkerung über das Gefährdungspotenzial durch mobiles Telefonieren aufklären?

6.      Auf welche Weise werden Sie die Bevölkerung auf die Risiken durch Mobil-Telefonie in Verkehrsmitteln aufmerksam machen und sie davor warnen?

7.      Werden Sie an die Träger öffentlicher Verkehrsmittel herantreten und eine Einschränkung des mobilen Telefonierens empfehlen und auch veranlassen? Wenn nicht, warum nicht?

8.      Welche Informations-Schritte gedenken Sie in der Frage der Schnurlos-Telefone mit DECT-Standard zu setzen?

9.      Werden Sie sich offensiv für die Erstellung eines Gesetzes zum Schutz vor nicht-ionisierender/elektromagnetischer Strahlung einsetzen?

10.    Wann werden Sie mit dem zuständigen Minister für Umweltschutz Gespräche über die zügige Fertigstellung und Vorlage eines Gesetzes zum Schutz vor nicht-ionisierender/elektromagnetischer Strahlung führen?

11.    Wann werden Sie sich beim zuständigen Minister für Verkehr für die Änderung des Telekommunikationsgesetzes einsetzen, um substanzielle Verbesserungen im Hinblick auf bessere Gesundheitsvorsorge und AnrainerInnen-Rechte zu erwirken?