3284/J XXIII. GP

Eingelangt am 16.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ing. Mag. Kuzdas,

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend „den Brand bei der ABS Stockerau und die behördenseitige Abwicklung"

Mit Wirksamkeit vom 31. Juli 2001 wurde eine Vereinbarung zwischen der Stadtgemeinde Stockerau und der Fa. ABS abgeschlossen, die im Wesentlichen die Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Vertragspartnern regelt.

Mit Wirksamkeit vom 7. Mai 2003 wurde die Durchführung eines Probebetriebes - vorerst für die Dauer von 12 Monaten - abfallrechtlich genehmigt.

Am 17. Juni 2004 erfolgte nach einem Brandereignis eine Überprüfüngsverhandlung durch die NÖ Landesregierung mit entsprechenden Stellungnahmen der ASV für Deponietechnik, Brandschutz und Abfallchemie.

Am 5. Juli 2004 erfolgte im Rahmen eines Lokalaugenscheines eine Kubaturermittlung der gelagerten Abfalle.

Am 26. September 2004 wurde der Probebetrieb mit Bescheid der LReg RU4-K-630/050 bis 31. Mai 2005 verlängert.

Am 28. September 2004 wurden unter Androhung der Schließung der Anlage drei Entfernungsaufträge mit unterschiedlichen Fristen erteilt, die in der Folge in Rechtskraft erwachsen sind.

Am 29. September 2004 hat die Stadtgemeinde Stockerau die ABS ausdrücklich zur Einhaltung der Auflagen und Aufforderungen durch die zuständigen Behörden (LReg und BH) aufgefordert.

Am 22. Oktober 2004 erfolgte eine Begehung des Geländes durch Vertreter der Stadtgemeinde Stockerau, der Bezirkshauptmannschaft und der Feuerwehr; das Ergebnis wurde von der Feuerwehr schriftlich an die Bezirkshauptmannschaft weitergegeben.

Mit Schreiben der Stadtgemeinde vom 12. Jänner 2005 wurde die ABS nachdrücklich aufgefordert, das nicht genehmigte Zwischenlager zu entfernen.

Am 30. März 2005 wurde zwischen der Stadtgemeinde Stockerau und der ABS vereinbart, Ein- und Ausgangsprotokolle regelmäßig vorzulegen und einen sukzessiven Abtransport des deponierten Materials vorzunehmen.

Am 27. Oktober 2005 hat die Stadtgemeinde Stockerau in einem Schreiben der Fa. BSU (Vertragspartner in der Müllentsorgung) mitgeteilt, dass für die Anlagen der ABS keine Bewilligungen mehr vorliegen und daher ein geänderter Übergabepunkt für die Übergabe des Hausmülls an die BSU bekannt gegeben werden soll.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 2005 hat die NÖ Landesregierung die Stilliegung der ABS verfügt, dieser Bescheid wurde jedoch aufgrund einer Berufung der ABS nicht rechtskräftig.

Als in der Folge auch die Zusammenstellungen über angelieferte und abtransportierte Materialien immer unregelmäßiger an die Stadtgemeinde Stockerau vorgelegt und zudem noch


anlässlich einer Begehung durch die Stadtgemeinde festgestellt werden musste, dass Deponiematerial bis unmittelbar an die Bearbeitungshalle heran gelagert wurde, hat die Stadtgemeinde Stockerau in ihrem Schreiben vom 5. Jänner 2006 abermals auf diese Mängel hingewiesen und die Fa. ABS aufgefordert, die Zufahrt zur Bearbeitungshalle für Einsatzfahrzeuge unbedingt sicherzustellen und die Fluchtwege freizuhalten.

Ab Ende März 2006 wurde über Betreiben der Stadtgemeinde Stockerau kein Müll mehr durch die BSU an die ABS angeliefert.

Am 4. April 2006 und am 20. April 2006 fanden jeweils Gespräche mit Vertretern der BSU statt, bei denen es im wesentlichen um den Ausgang des UVP-Verfahrens, sowie die weitere Behandlung des laufend anfallenden Stockerauer Hausmülls ging.

Am 23. April 2006 brach - vermutlich durch Selbstentzündung - eine andere Ursache konnte nicht festgestellt werden - ein Großbrand aus, der erst nach drei Tagen und dem Einsatz von rund 1.000 Feuerwehrleuten gelöscht werden konnte. In der Folge musste die ABS Konkurs anmelden.

Die organisch hoch belasteten Lösch- bzw. Sickerwässer hat die Stadtgemeinde Stockerau über die Städtische Kläranlage entsorgen lassen. Die BH Korneuburg erteilte Entsorgungsaufträge für die Brandrückstände, die im Wege einer kostenpflichtigen Ersatzvornahme durchgeführt wurde. Die Kostenvorschreibung an die Stadtgemeinde Stockerau erfolgte mit Bescheid der BH Korneuburg.

Nach Erschöpfung des Instanzenzuges ist dieses Verfahren derzeit beim Verfassungsgerichtshof anhängig. Seither befindet sich ein großer Teil des abgelagerten Restmülls mit Wissen der zuständigen Behörden auf dem Gelände der ehemaligen Reststoffdeponie Stockerau.

Primär ist der Betreiber einer Anlage für deren rechtmäßigen Betrieb verantwortlich. In weiterer Folge ist es wohl Aufgabe der zuständigen Behörden einzuschreiten, wenn Missstände bekannt werden. Daraus folgt, dass die Verantwortlichkeit des Grundeigentümers nur subsidiär gelten kann.

Die ABS hat, wie eingangs zitiert, eine Vereinbarung mit der Stadtgemeinde Stockerau abge- schlossen. Zutrittsverbote oder Zwangsmaßnahmen lagen daher nicht in der rechtlichen Mög- lichkeit der Stadtgemeinde Stockerau als Grundeigentümerin.

Die Geschäftsführung der ABS hat wiederholt glaubhaft versichert, Verträge zur Abnahme von Brennstoff in verschiedene Verwertungskanäle (Zementindustrie, Kraftwerke) zu besitzen und entsprechende Exportbewilligungen beim Umweltministerium eingereicht zu haben, deren Erteilung sich aber immer wieder verzögerte.

Spätestens seit Juni 2005 (Lokalaugenschein und Verhandlung) war die Situation auch den zuständigen Behörden (BH und LReg.) bekannt, was ja schließlich zur Erteilung von Entfernungsaufträgen durch die Behörden geführt hat. Diese Aufträge sind in Rechtskraft erwachsen.

Es war daher davon auszugehen, dass von den in diesem Zusammenhang tätigen Abfallwirtschafts- und Wasserrechtsbehörden alle notwendigen Schritte unternommen wurden und werden. Überdies wollte die Stadtgemeinde Stockerau der ABS nicht die Möglichkeit nehmen, die Entfernungsaufträge der Behörden zu erfüllen.

Dem Vernehmen nach wurde jetzt - gut 1 ½ Jahre nach dem Brand, vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft dem Landeshauptmann die schriftliche Weisung erteilt, Schritte gegen die Stadtgemeinde Stockerau einzuleiten mit dem Ziel, alle noch lagernden Materialien entfernen zu lassen.


Die unterfertigten Abgeordneten richten deshalb an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

ANFRAGE

1.                 Warum wurde das Brandereignis, das  immerhin den größten Feuerwehreinsatz in Niederösterreich seit Bestehen des Freiwilligen Feuerwehrwesens erforderte, durch den Bezirkshauptmann, der wie auch LR DI Josef Plank vor Ort anwesend war, nicht wie von der Feuerwehr angeregt zur Katastrophe erklärt?

2.                 Warum wurden seitens der Abteilung RU4 und der BH Korneuburg der ABS immer wieder neue Fristen und Auflagen gesetzt, obwohl schon absehbar war, dass keine Auflagen zur Gänze erfüllt wurden?

3.                 Warum wurden bereits im Jahr 2005 Vollstreckungsbescheide erlassen, bis heute aber nicht exekutiert?

4.                 Welche Sanktionen gegen mit hohen Risken behaftete Betriebe, gerade solche laut AWG oder Wiederaufbereitungsanlagen, sind möglich?

5.                 Warum wurde nach dem Erlöschen der Bewilligung das Areal nicht durch die zuständigen Behörden gesperrt?

6.                 Wieso war es möglich, dass nach dem Erlöschen der Bewilligung noch Material angeliefert wurde, ohne dass dies von den Behörden ausdrücklich untersagt worden wäre?

7.                 Warum wird jetzt ohne zwingende Notwendigkeit - von „Gefahr im Verzug" wird nach einer Zeit von 1 ½ Jahren wohl kaum gesprochen werden können - die Entsorgung der Gesamtmenge betrieben ohne das Verfassungsgerichtshoferkenntnis abzuwarten?

8.                 Durch wen und auf wessen Kosten soll in Anbetracht der Gesamtsituation der noch lagernde Restmüll abtransportiert werden?

9.                 Ist seitens des BMLFUW angedacht, die Stadtgemeinde Stockerau angesichts der Brandund Umweltkatastrophe sowie Ausgaben in Höhe mehrerer Millionen Euro finanziell zu unterstützen?