3286/J XXIII. GP
Eingelangt am 16.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Banken: Verkauf von (nicht) ,notleidenden Krediten"'
In der AB 1948 vom 7.Jänner
2008 verweist der Bundesminister für Finanzen in seinen
Antworten zum Verkauf von (nicht) „notleidenden Krediten" daraufhin,
dass mehrere Fragen
dem Bundesministerium für Justiz
zuzuordnen sind und von diesem zu beantworten sind. Diese
Anfrage gegenüber dem Finanzminister war von den Fragestellern wie
folgt begründet:
„Nicht nur in den USA sind Kredite - insbesondere
„faule Kredite" - zum handelbaren Objekt
geworden. Der Verkauf notleidender Kredite in den USA hat die
internationalen Finanzmärkte in
die tiefste
Krise seit zwei Jahrzehnten gestürzt. Nach einer Studie des Instituts
für
Finanzdienstleistungen (iff) Hamburg haben
auch deutsche Banken „faule" und „ nicht-
notleidende Kredite" ohne Zustimmung der Darlehensnehmer u.a. auch
an so genannte
„Heuschrecken" verkauft. Also
auch Kredite, die regulär zurückgezahlt wurden,.
Das Volumen
von Konsumentenkrediten, die in Deutschland seit 2003 gehandelt wurden,
beläuft
sich diesen
Angaben zufolge auf schätzungsweise 15 Milliarden Euro. Darunter waren
etwa
25.000 ungekündigte Verträge in Höhe von zusammen fünf
Milliarden Euro. Hintergrund ist,
dass deutsche Banken und Sparkassen in
Krisenjahren milliardenschwere Kredite - vor allem für
Immobilien -
verkauft haben, um ihre Bilanzen (!) zu sanieren. Die Käufer und neuen
Gläubiger
verwalten die preiswert erworbenen Kreditpakete nicht, sondern versuchen diese
möglichst
schnell profitabel zu verwerten. So sind dabei Fälle von
willkürlicher Zwangsvollstreckung in
Deutschland in diesem Zusammenhang bereits bekannt geworden. Die deutschen
Verbraucherzentralen (vzbv) haben diese
Vorgangsweise (d.h. Weiterverkäufe von vertragsmäßig
bedienten Krediten ohne Zustimmung der Kunden) als rechtswidrig eingestuft.
Als Stolperstein für Verbraucher, die sich wehren
wollen, erweist sich aber laut vzbv ein Urteil
des
Bundesgerichtshofs. Der stellte im Februar (Az.: XI ZR 195/05) fest, dass der Verkauf von
Darlehen auch ohne Zustimmung des Kunden
grundsätzlich wirksam ist. "
Diese Situation hat
sich in Deutschland in den letzten Monaten verschärft, da gerade
zunehmend durch Banken private
Immobiliendarlehen an Investoren verkauft werden. Das
Risiko, dass es zu einer Zwangsversteigerung kommt, steigt, denn die
neuen Kreditgeben
haben kein großes Interesse an einer langfristigen Kundenbeziehung. In
Deutschland
(Finanzministerium) werden daher bereits gesetzliche Regelungen geprüft.
Die deutsche
Konsumentenorganisationen, aber auch Wirtschaftsvertreter stellten
ebenfallsklare
Forderungen auf:
Um die
Risiken der Weiterveräußerung von Krediten und Forderungen an Dritte
einzudämmen
forderte
beispielsweise die Verbraucherzentrale - Bundesverband für Deutschland:
- Die einschränkende Klarstellung des Begriffs „ notleidender Kredit" (Streichung § 490 Abs.
1 BGB)
- Die Unwirksamkeit übertragener nicht notleidender Kreditforderungen, wenn keine
ausdrückliche Zustimmung vorliegt.
- Nach einem Weiterverkauf des Kredits bleibt das Institut, bei dem der Kredit abgeschlossen
wurde, Ansprechpartner des Schuldners.
- Die Nicht-Übertragbarkeit des treuhändischen Rechts des Kreditinstituts auf Vollstreckung
an Dritte.
- Der Missbrauch solcher Sicherungsrechte ist unter Strafe zu stellen.
- Das Verbot der Übertragung des Rechts auf Kreditkündigung.
- Die Pflicht zu Meldung jeder Form des Verkaufs von Darlehenspaketen an die
Finanzaufsicht.
- Die Unterrichtung betroffenen Verbraucher vor der Weitergabe der Kredite und
Forderungen an Dritte.
- Die Pflicht der Kreditinstitute, mit den Kunden Möglichkeiten der Insolvenzvermeidung und
den Anschlussfinanzierung zu erörtern.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Sind dem Ressort diese Problemstellungen bekannt?
Wenn ja, sehen Sie einen
legislativen Handlungsbedarf (z.B. eine ausdrückliche
gesetzliche Regelung zum Verkauf oder zur
Abtretung von Kreditforderungen durch
Banken)?
2. Ist es in Österreich rechtlich zulässig,
dass Banken als Kreditgeber „notleidende Kredite"
(faule Kredite) ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen
etc.
weiterverkaufen?
Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?
Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmer,
insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes
(Konsumentenkredit)?
Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?
3. Wie viele
Verkäufe von derartigen Kreditforderungen sind in Österreich
2005,2006 und
2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Wie
viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?
Welche Banken waren
daran beteiligt?
4. Wie viele Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls
folgenden Zwangsvollstreckungen
(z.B. Versteigerung) durch den Käufer (d.h. Investor) sind dem
Ressort in diesen Jahren
bekannt geworden?
Welche Banken waren daran beteiligt?
5. Ist es in Österreich rechtlich
zulässig, dass Banken (Kreditgeber) vertragsmäßig bediente
Kredite ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen
etc.
weiterverkaufen? Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?
Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmern
insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes
(Konsumentenkredite)?
Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?
6. Wie viele Verkäufe von derartigen
Kreditforderungen sind in Österreich 2005, 2006 und
2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?
Wie
viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?
Welche Banken waren
daran beteiligt?
7.
Wie viele
Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls folgenden
(willkürlichen)
Zwangsvollstreckungen (z.B. Versteigerung)
durch den Käufer (Investor) sind in diesen
Jahren bekannt geworden? Welche Investoren waren daran beteiligt?
8.
Ist es richtig, dass mit dem Kauf von Kreditforderungen bei
Hypothekarkrediten auch eine
Grundbuchseintragung
- ohne Zustimmung der Kreditnehmer oder Bürgen - gerichtlich
erwirkt werden kann?
9.
Gibt es zur Zulässigkeit des Weiterkaufs von Kreditforderungen
ohne Information des
Kreditnehmers (bzw.
Bürgen) eine gesicherte höchstrichterliche Rechtssprechung?
Wenn ja, wie lautet diese?
10.
Sehen Sie
datenschutzrechtliche Problemstellungen oder Probleme mit dem
Bankgeheimnis bei einem Weiterverkauf von
Kreditforderungen an Finanzinvestoren
ohne Zustimmung von Kreditnehmern bzw. von Bürgen?
Steht
einem Verkauf oder der Abtretung von Kreditforderungen das Bankgeheimnis oder
das Datenschutzgesetz
entgegen?
Wenn nein, warum nicht?
11.
Gibt es dazu bereits eine gesicherte höchstrichterliche Judikatur?
Wenn ja, wie lautet
diese?
12.
Sind Sie - wie
zahlreiche europäische Verbraucherorganisationen - der Auffassung, dass
generell der Verkauf von Kreditforderungen durch Banken ausdrücklich
gesetzlich
geregelt werden soll?
13.
Sehen Sie es
als notwendig an, dass zumindest beim Weiterverkauf von nicht
notleidenden Krediten seitens des Kreditgebers für alle Kredite mit
persönlichen
Haftungen im Einzelnen eine
Zustimmungspflicht des Kreditnehmers eingeholt werden
muss?
14. Ist es zulässig, den Verkauf oder die Abtretung von
Kreditforderungen an nicht bekannte
Dritte (z.B. Finanzinvestoren, Hedgefonds) bei Konsumentenkrediten als
Vertragsklausel
in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Kreditbedingungen zu
vereinbaren?
Steht
dabei § 1396 a ABGB in Konkurrenz zu § 6 KSchG?
Wenn nein, warum
nicht?
15. Widerspricht nach Ansicht des Justizressorts die Antwort des BMF zur
Frage 9 bei
Konsumentenkrediten dem § 6 Abs. 2 Z 2 Konsumentenschutzgesetz?
Wenn nein, warum nicht?
16. Wie beurteilen Sie die im Einleitungstext zitierte Forderungen des
deutschen
Bundesverbandes der Verbraucherzentralen?
Welche dieser Forderungen wären auch für Österreich denkbar und sinnvoll?
17. Wie werden diese Verkäufe oder Abtretungen von Kreditforderungen -
gerade in
Anbetracht der jüngsten Finanzmarktturbulenzen - durch das Ressort
volkswirtschaftlich
beurteilt?
Welche Bedeutung haben diese
Verkäufe für die
Finanzmärkte?