3353/J XXIII. GP

Eingelangt am 21.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz

betreffend „Banken: Verkauf von (nicht) ,notleidenden Krediten´"

In der AB 1948 vom 7.Jänner 2008 verweist der Bundesminister für Finanzen in seinen Antworten zum Verkauf von (nicht) „notleidenden Krediten" daraufhin, dass mehrere Fragen dem Bundesministerium für Justiz zuzuordnen sind und von diesem zu beantworten sind. Diese Anfrage gegenüber dem Finanzminister war von den Fragestellern wie folgt begründet:

Nicht nur in den USA sind Kredite - insbesondere „faule Kredite" - zum handelbaren Objekt geworden. Der Verkauf notleidender Kredite in den USA hat die internationalen Finanzmärkte in die tiefste Krise seit zwei Jahrzehnten gestürzt. Nach einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) Hamburg haben auch deutsche Banken „faule" und „nicht-notleidende Kredite" ohne Zustimmung der Darlehensnehmer u.a. auch an so genannte „Heuschrecken" verkauft. Also auch Kredite, die regulär zurückgezahlt wurden,.

Das Volumen von Konsumentenkrediten, die in Deutschland seit 2003 gehandelt wurden, beläuft sich diesen Angaben zufolge auf schätzungsweise 15 Milliarden Euro. Darunter waren etwa 25.000 ungekündigte Verträge in Höhe von zusammen fünf Milliarden Euro. Hintergrund ist, dass deutsche Banken und Sparkassen in Krisenjahren milliardenschwere Kredite - vor allem für Immobilien - verkauft haben, um ihre Bilanzen (!) zu sanieren. Die Käufer und neuen Gläubiger verwalten die preiswert erworbenen Kreditpakete nicht, sondern versuchen diese möglichst schnell profitabel zu verwerten. So sind dabei Fälle von willkürlicher Zwangsvollstreckung in Deutschland in diesem Zusammenhang bereits bekannt geworden. Die deutschen Verbraucherzentralen (vzbv) haben diese Vorgangsweise (d.h. Weiterverkäufe von vertragsmäßig bedienten Krediten ohne Zustimmung der Kunden) als rechtswidrig eingestuft.

Als Stolperstein für Verbraucher, die sich wehren wollen, erweist sich aber laut vzbv ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Der stellte im Februar (Az.: XI ZR 195/05) fest, dass der Verkauf von Darlehen auch ohne Zustimmung des Kunden grundsätzlich wirksam ist. "

Diese Situation hat sich in Deutschland in den letzten Monaten verschärft, da gerade
zunehmend durch Banken private Immobiliendarlehen an Investoren verkauft werden. Das Risiko, dass es zu einer Zwangsversteigerung kommt, steigt, denn die neuen Kreditgeben
haben kein großes Interesse an einer langfristigen Kundenbeziehung. In Deutschland (Finanzministerium) werden daher bereits gesetzliche Regelungen geprüft. Die deutsche Konsumentenorganisationen, aber auch Wirtschaftsvertreter stellten ebenfallsklare
Forderungen auf:

Um die Risiken der Weiterveräußerung von Krediten und Forderungen an Dritte einzudämmen forderte beispielsweise die Verbraucherzentrale - Bundesverband für Deutschland:

-    Die einschränkende Klarstellung des Begriffs „ notleidender Kredit" (Streichung § 490 Abs.

     1 BGB)

-    Die Unwirksamkeit übertragener nicht notleidender Kreditforderungen, wenn keine

     ausdrückliche Zustimmung vorliegt.

-    Nach einem Weiterverkauf des Kredits bleibt das Institut, bei dem der Kredit abgeschlossen

     wurde, Ansprechpartner des Schuldners.

-    Die Nicht-Übertragbarkeit des treuhändischen Rechts des Kreditinstituts auf Vollstreckung

     an Dritte.

-    Der Missbrauch solcher Sicherungsrechte ist unter Strafe zu stellen.

-    Das Verbot der Übertragung des Rechts auf Kreditkündigung.

-    Die Pflicht zu Meldung jeder Form des Verkaufs von Darlehenspaketen an die

     Finanzaufsicht.

-    Die Unterrichtung betroffenen Verbraucher vor der Weitergabe der Kredite und

     Forderungen an Dritte.

-    Die Pflicht der Kreditinstitute, mit den Kunden Möglichkeiten der Insolvenzvermeidung und

     den Anschlussfinanzierung zu erörtern.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz nachstehende

Anfrage:

1.         Sind dem Ressort diese Problemstellungen bekannt?

Wenn ja, sehen Sie einen legislativen Handlungsbedarf (z.B. eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zum Verkauf oder zur Abtretung von Kreditforderungen durch Banken)?

2.         Ist es in Österreich rechtlich zulässig, dass Banken als Kreditgeber „notleidende Kredite“ (faule Kredite) ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen etc. weiterverkaufen?

Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmer,

insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes

(Konsumentenkredit)?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?

3.         Wie viele Verkäufe von derartigen Kreditforderungen sind in Österreich 2005, 2006 und 2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?

Wie viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?
Welche Banken waren daran beteiligt?

4.         Wie viele Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls folgenden Zwangsvollstreckungen (z.B. Versteigerung) durch den Käufer (d.h. Investor) sind dem Ressort in diesen Jahren bekannt geworden?

Welche Banken waren daran beteiligt?

5.         Ist es in Österreich rechtlich zulässig, dass Banken (Kreditgeber) vertragsmäßig bediente Kredite ohne Zustimmung der Kreditnehmer zur Sanierung eigener Bilanzen etc. weiterverkaufen? Wenn ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Kreditnehmern

insbesondere gegenüber Konsumenten im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes

(Konsumentenkredite)?

Gibt es dabei eine Zustimmungs- oder Informationspflicht gegenüber Bürgen?

6.         Wie viele Verkäufe von derartigen Kreditforderungen sind in Österreich 2005, 2006 und 2007 bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Jahre)?

Wie viele Unternehmenskredite und wie viele Konsumentenkredite betraf dies?
Welche Banken waren daran beteiligt?

7.         Wie viele Fälle der Kreditkündigung und der allenfalls folgenden (willkürlichen) Zwangsvollstreckungen (z.B. Versteigerung) durch den Käufer (Investor) sind in diesen Jahren bekannt geworden?

Welche Investoren waren daran beteiligt?

8.                                   Ist es richtig, dass mit dem Kauf von Kreditforderungen bei Hypothekarkrediten auch eine Grundbuchseintragung - ohne Zustimmung der Kreditnehmer oder Bürgen - gerichtlich erwirkt werden kann?

9.                                   Gibt es zur Zulässigkeit des Weiterkaufs von Kreditforderungen ohne Information des Kreditnehmers (bzw. Bürgen) eine gesicherte höchstrichterliche Rechtssprechung?
Wenn ja, wie lautet diese?

10.                            Sehen Sie datenschutzrechtliche Problemstellungen oder Probleme mit dem Bankgeheimnis bei einem Weiterverkauf von Kreditforderungen an Finanzinvestoren
ohne Zustimmung von Kreditnehmern bzw. von Bürgen?

Steht einem Verkauf oder der Abtretung von Kreditforderungen das Bankgeheimnis oder das Datenschutzgesetz entgegen?
Wenn nein, warum nicht?

11.                            Gibt es dazu bereits eine gesicherte höchstrichterliche Judikatur?
Wenn ja, wie lautet diese?

12.                            Sind Sie - wie zahlreiche europäische Verbraucherorganisationen - der Auffassung, dass aus konsumentenpolitischen Gründen generell der Verkauf von Kreditforderungen durch Banken ausdrücklich gesetzlich geregelt werden soll?

13.                            Sehen Sie es als konsumentenpolitisch notwendig an, dass zumindest beim Weiterverkauf von nicht notleidenden Krediten seitens des Kreditgebers für alle Kredite mit persönlichen

Haftungen im Einzelnen eine Zustimmungspflicht des Kreditnehmers eingeholt werden muss?

14.       Ist es zulässig, den Verkauf oder die Abtretung von Kreditforderungen an nicht bekannte Dritte (z.B. Finanzinvestoren, Hedgefonds) bei Konsumentenkrediten als Vertragsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen/Kreditbedingungen zu vereinbaren?

Steht dabei § 1396 a ABGB in Konkurrenz zu § 6 KSchG?
Wenn nein, warum nicht?

15.                           Widerspricht nach Ansicht des Konsumentenschutzministeriums die Antwort des BMF
zur Frage 9 bei Konsumentenkrediten dem § 6 Abs. 2 Z 2 Konsumentenschutzgesetz?
Wenn nein, warum nicht?

16.                           Wie beurteilen Sie die im Einleitungstext zitierten Forderungen des deutschen Bundesverbandes der Verbraucherzentralen?

Welche dieser Forderungen wären konsumentenpolitisch auch für Österreich denkbar und sinnvoll?

17.       Wie werden diese Verkäufe oder Abtretungen von Kreditforderungen - gerade in Anbetracht der jüngsten Finanzmarktturbulenzen - durch das Ressort volkswirtschaftlich beurteilt?

Welche Bedeutung haben diese Verkäufe für die Finanzmärkte?