3365/J XXIII. GP

Eingelangt am 22.01.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Konsequenzen aus dem Rechnungshof-Bericht über den Verkauf von Bundeswohnbaugesellschaften

 

 

 

 

 

In den Beratungen des Rechnungshofausschusses vom 28.11. und 18.11. 2007 erhärteten sich die Verdachtsmomente, dass der Verkauf von Bundeswohnbaugesellschaften im Juni 2004 zum Zwecke der Erreichung des Nulldefizits zum größten Schadensfall für die österreichischen SteuerzahlerInnen  ausartete. Gegen den Rat der durchaus „fürstlich“ bezahlten Investment Bank „Lehman Brothers“ wurde am Verkauf in Form eines Gesamtpakets festgehalten, obwohl auf Geheiß des ehemaligen Finanzministers Grasser ein Teilpaket für das Land Kärnten in Form des Vorkaufsrechts geschnürt wurde. Ohne zusätzlichen Erlös wurde 8 Monate nach dem Verkauf auf das Einweisungsrecht des Bundes verzichtet, sodass sich nach Aussage von RH-Präs. Moser eine Erlöseinbuße von über 200 Mio Euro zu Lasten der SteuerzahlerInnen ergab, denn bei Verkauf unterliegen die 5.539 Wohnungen nicht mehr dem Regime des WGG und bilden ein erhebliches Immobilienvermögen.

 

Außerdem konnte in den Beratungen nachgewiesen werden, dass die Ertragskraft der verkauften Wohnbaugesellschaften nicht bei 4%, sondern bei 7% liegt. Allein aus diesen Gründen verdichtet sich das Bild, der Bund, dh. das Kabinett Ihres Vorgängers, habe im Börsenjargon gesprochen „die Braut nicht geschmückt, sondern sogar absichtlich verschandelt!“ Vielleicht lag dies aber auch in der Absicht Ihres Vorgängers, der ja stets die eigene Behauptung, der Staat sei ein schlechter Unternehmer, unter Beweis stellen wollte, wozu er mit zahlreichen Privatisierungen sein nicht unerhebliches Scherflein beitrug.

 

Insgesamt handelte es sich damit bei dem Verkauf der ehemaligen Bundeswohnbaugesellschaften nicht nur um die „größte Transaktion der Republik“ (Zitat Dr. Traumüller laut OTS vom 18.12.2007), sondern auch um einen der größten Schadensfälle, der den SteuerzahlerInnen zugefügt wurde, da der zu geringe Erlös zu wenig für die Schuldentilgung der Republik leistete.

 

Aus diesen Gründen und dem von Ihnen wiederholt als wichtig bezeichneten Schuldenabbau der Republik müssen von Ihnen aus dem Bericht des Rechungshofes und den Beratungen des Ausschusses Konsequenzen gezogen werden, da sie sich anderen Falls zum Handlanger der Verschleuderungspolitik Ihres Vorgängers machen.

 

Um Ihnen das Ziehen von Konsequenzen zu erleichtern, seinen nochmals die wesentlichen Kritik-Punkte angeführt:

 

Im Jahr 2000 fasste der Bundesminister für Finanzen den Beschluss, die fünf Bundeswohnbaugesellschaften mit insgesamt 61.864 Wohnungen zu veräußern. Diese Maßnahme war Teil eines Regierungsprogramms, das eine Konzentration der staatlichen Leistungen auf Kernfunktionen und somit eine Veräußerung von Bundesbeteiligungen an Unternehmungen vorsah. Die daraus erzielten Erlöse sollten zur Tilgung der Staatsschulden und zur Verringerung des Budgetdefizits beitragen.

 

Entgegen dem Rat von Experten wurden die fünf Bundeswohnbaugesellschaften nur als Gesamtpaket angeboten, statt erlösmaximierende Einzelpakete zu schnüren. Dadurch entstand der Republik ein Schaden in der Höhe eines mehrstelligen Millionenbetrags.

 

Bei der Verkaufsabwicklung der BUWOG beanstandete der Rechnungshof nicht nur die extrem kostenaufwendige Abwicklung des Verkaufsverfahrens durch einen beauftragten Rechtsanwalt (Das Honorar des Rechtsberaters für das Verkaufsverfahren soll sich in einer Größenordnung von über 600.000 Euro bewegt haben, und die Leistung hätte kostengünstiger das  BMF  erbringen können.), sondern auch die hohen Kosten (10,23 (RH-UA 2003) 8? Mio Euro) durch die Beauftragung der Lehman Brothers mit den Beratungsleistungen (Bewertung, ... etc) und der Auslobung samt der Planung und Umsetzung des Verkaufs. Dabei sollen Tagsätze von bis zu 13.000 Euro gezahlt worden sein, obwohl das Sachverständigenwissen durch lokale österreichische Institutionen bereitgestellt wurde (vgl dazu Wahrnehmungsberichte des Rechungshofes 2003/4, III-51, XXII.GP und 2007/3, III-44, XXIII.GP).

 

Für die Geschäftsanteile wurden letztlich 860,78 Mio Euro bar erlöst, für die gleichzeitig verkauften Forderungen des Bundes gegenüber diesen Gesellschaften weitere 155,50 Mio Euro. Zusätzlich zu diesem Kaufpreis erfolgte die Übernahme der auf den 61.864 Wohnungen lastenden Schulden in Höhe von 1.436,40 Mio Euro, sodass das Gesamttransaktionsvolumen 2.452,68 Mio Euro betrug.

Dabei kritisiert der Rechnungshof (Bericht 07/3):

 

„Erlössteigernde Maßnahmen beim Verkauf wären möglich gewesen.

Der Verkauf von vier der fünf Bundeswohnbaugesellschaften erfolgte als Gesamtpaket. Nach Ansicht des RH wäre es zweckmäßig gewesen, auch im Rahmen der letzten Angebotsrunde Angebote für den Erwerb von einzelnen Gesellschaften bzw Teilpaketen einzuholen.

 

Die Folgewirkungen der Einräumung eines Vorkaufsrechts an der ESG Wohnungsgesellschaft mbH Villach für das Land Kärnten, dieses wurde allerdings nicht in Anspruch genommen, führte zu einer Erlöseinbuße von 3,61 Mio EUR.

 

Vor dem Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften hatte der Bund das Recht, für frei werdende Wohnungen Personen als Mieter vorzuschlagen (Einweisungsrecht). Der letztgültige Kaufvertragsentwurf ließ eine eindeutige Regelung hinsichtlich der Einweisungsrechte des Bundes bei 5.539 BUWOG–Wohnungen nicht klar erkennen.

 

Eine chronologische und durchgängige Dokumentation der von den Bietern im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Einzelnen vorgebrachten Änderungswünsche erfolgte nicht. Aus der Aktenlage konnte nicht nachvollzogen werden, nach welchen Gesichtspunkten die Änderungswünsche einzelner Bieter berücksichtigt wurden.“

 

Durch die Beratungen des Rechnungshofausschusses wurde deutlich, dass die Republik Österreich aus bisher nicht geklärten Gründen auf das Einweisungsrecht verzichtete. Die Feststellung von Dr. Traumüller, dies sei bereits mit dem Verkaufsvertrag von Juni 2004 erfolgt, widerspricht der aktenmäßigen Tatsache, dass die Republik Österreich monatelang auf Basis der vertraglich verankerte Beilage 14.1.2a sehr wohl auf dem Einweisungsrecht für 30 Jahre beharrte und aus unerfindlichen Gründen im Februar 2005 darauf verzichtete. Das Rechtsgutachten der Finanzprokuratur beruhte auf abgespeckten Unterlagen ohne Prüfung der Auswirkungen des Verzichts bei Abverkauf der Wohnungen. (Vorschlag: ‚... abgespeckten Unterlagen und prüfte nicht die Auswirkungen ...’)

 

Dadurch wurden weder das Ziel der Erlösmaximierung noch das zeitliche Ziel erreicht. Grob geschätzt entstand der Republik Österreich durch die Vorgangsweise des Kabinetts Grassers und des Ministers ein Erlös-Entgang in der Höhe von mindestens 300 Millionen Euro.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

1.      Warum zogen Sie bis jetzt keine Konsequenzen aus dem Rechnungshofbericht über den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften?

2.      Welche Schritte werden Sie in Zukunft unternehmen, dass die SteuerzahlerInnen und die Republik  in diesem Zusammenhang nicht um dreistellige Millionensummen geprellt werden?

3.      Werden Sie endlich Dr. Traumüller, den „Kopf des Verkaufs“ (Zitat aus dem Ausschuss), zur Verantwortung ziehen? In welcher Form?

4.      Wenn nicht, warum nicht?

5.      Wie verstehen Sie die Aussage von Dr. Traumüller im Hinblick auf eine Punktation des Finanzministeriums, bereits im Juni 2004 sei gänzlich auf das Einweisungsrecht verzichtet worden angesichts Ihrer Ausführungen in der 1352AB  zu Frage 10 „In der endgültigen Vereinbarung konnte dieser umfassende Verzicht zugunsten des Bundes für einen gewissen Zeitraum wieder reduziert werden.“?

6.      Wer hat die Einräumung eines Vorkaufsrechts für das Land Kärnten gefordert und wer hat dieser Forderung zugestimmt?

7.      Mit welcher Begründung und auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde dem Land Länd Kärnten a) das Vorkaufsrecht eingeräumt, b) dafür keine finanzielle Abgeltung gefordert?

8.      Teilen Sie das Prüfergebnis des Rechnungshofs, dass die Einräumung eines Vorkaufsrechts für das Land Kärnten eine Belastung für den Verkaufsprozess darstellte?

9.      Schätzen Sie den dadurch entstandenen Schaden ebenfalls auf 3,61 Mio Euro ein, und wenn nicht, auf welche Höhe dann?

10.    Teilen Sie das Prüfergebnis des Rechnungshofs, dass der gebündelte Verkauf der fünf Bundeswohnbaugesellschaften in einem Paket erlösmindernd war, und wenn nicht, mit welcher Begründung?

11.    Teilen Sie die Einschätzung – zuletzt geäußert im Rechnungshofausschuss und davor schon von der zur Beratung herangezogenen Investmentbank Lehman Brothers – dass der Verkauf aller rund 60.000 Wohnungen in einem Block zu Paketabschlägen führe, und wenn nicht, warum?

12.    Teilen Sie die Auffassung des Rechnungshofs, dass es möglich gewesen wäre, die Gesellschaften einzeln zu verkaufen, und wenn nicht, warum?

13.    Mit welcher Begründung wurde vom Einzelverkauf Abstand genommen?

14.    Teilen Sie die Auffassung des damals für die Abwicklung dieser Privatisierung verantwortlichen Kabinettchefs Dr. Traumüller, dass eine Aufteilung des Verkaufs in regionale Pakete zu einer Verringerung des Wettbewerbs und damit zu einer Verringerung des Verkaufserlöses geführt hätte?

15.    Welche Gründe wurden 2003 im BMF dafür verantwortlich gemacht, dass von 25 Interessenten, die als Bieter eingeladen wurden, letztendlich nur zwei im Bieterverfahren übrig blieben?

16.    Wurde dieser Bieterschwund damals im BMF als problematisch im Sinne eines stark eingeschränkten Wettbewerbs gesehen?

17.    Wurde damals im BMF erwogen, die Ausschreibung abzubrechen und mit geänderten Voraussetzungen neu zu beginnen, um mehr Bieter im Bieterverfahren zu behalten?

18.    Der Rechnungshof kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem getrennten Verkauf der Gesellschaften an die zuletzt übrig gebliebenen zwei Bieter rund 130 Mio Euro mehr zu erlösen gewesen wären. Teilen Sie diese Auffassung, und wenn nicht, zu welchem abweichenden Ergebnis kommen Sie?

19.    Maßgeblich für den geringen Verkaufspreis der Bundeswohnungen war auch die geringe Renditeerwartung von 4,0%, was deutlich unter den damaligen Marktbedingungen liegt und nur 58% der damals üblichen Renditeerwartung beträgt. War ein Grund für die geringe Rendite, dass ein Teil der Wohnungen zum Zeitpunkt des Verkaufs dem WGG unterworfen war?

20.    Teilen Sie die Auffassung des Präsidenten des Rechnungshofs, dass der Verzicht auf das Einweisungsrecht durch Ministerien den Weiterverkauf der Wohnungen durch den Käufer ermöglichte, wodurch diese Wohnungen aus dem WGG herausfallen und zu Marktpreisen verkauft werden können?

21.    Haben Sie Kenntnis von den Schätzungen – mitgeteilt durch den Präsidenten des Rechnungshofs in der letzten Ausschusssitzung – dass diese durch den Einweisungsverzicht erreichten Verkaufsmöglichkeiten einen Marktwert von rund 200 Mio Euro darstellen?

22.    Gibt es von diesen Werten abweichende Berechnungen und wie lauten diese?

23.    Wurde versucht, für den Verzicht auf die Einweisungsrechte eine Nachbesserung durch den Käufer zu erreichen, und wenn nicht, warum?