3414/J XXIII. GP

Eingelangt am 30.01.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Steier und GenossInnen

an  den  Bundesminister für Land- und  Forstwirtschaft,  Umwelt und

Wasserwirtschaft

betreffend aktuelle Fragen im Bereich der Abfallwirtschaft -

Mitbenutzung bestehender Sammelsysteme im Haushaltsbereich

durch andere Sammel- und Verwertungssysteme

Das ARA-System ist in Österreich derzeit das einzige flächendeckende tätige Sammel- und Verwertungssystem von Abfällen, die im Haushaltbereich anfallen. Genehmigte MitbewerberInnen bestehen im wesentlichen nur für die Gewerbesammlung (Ausnahme Ökobox Sammel GMbH mit Sammel- und Verwertungssystem für gebrauchte Getränkeverpackungen im Haushaltsbereich); ihre Marktanteile sind in Relation zum ARA-System bis jetzt marginal geblieben. Die Vormachtstellung des ARA-Systems ist im europäischen Vergleich einzigartig. Die Gesamtumsätze in der Verpackungsabfallsammlung belaufen sich auf etwa 200 Mio Euro, das sind rund 15% des Umsatzes der Entsorgungswirtschaft. Die Kosten der Haushaltsammlung machen 25% der Kosten der Abfallwirtschaft für KonsumentInnen aus" (AK-Wettbewerbsbericht 2006).

Das De-Facto-Monpol des ARA-Systems im Haushaltsbereich, Quersubventionierungen durch die Vermischung von Haushalts- und Gewerbebereich und wettbewerbsbehindernde Praktiken sorgen seit Jahren für unzufriedenstellende Wettbewerbsbedingungen und erschweren den Markteintritt anderer Anbieter im Haushaltsbereich.

Auf Basis der Regelungen zum Wettbewerbs recht (EU-Primärrecht, Verpackungs-Richtlinie RL 94/62/EG; ö. Wettbewerbsrecht) laufen seit 1992 diverse Wettbewerbsverfahren. Die Öffnung des Marktes für die Sammlung und Verwertung von in Haushalten anfallenden Verpackungen war auch die Intention der EG-Kommission (EK) in ihrer Entscheidung vom 16.10.2003 (ABI 12.3.2004 L 75/59): für die Systemverträge zwischen den Gesellschaften des ARA-Systems und die Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen wurde ein Negativattest ausgestellt; die Regionalpartnerverträge von ARGEV und ARO wurden unter Auflagen befristet freigestellt. Der ARGEV wurde in diesem Verfahren die Auflage erteilt, die Entsorger nicht daran zu hindern, mit Wettbewerbern des ARA-Systems Verträge über die Mitbenützung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter, bei Haushalten anfallender Verkaufsverpackungen abzuschließen und solche Verträge zu erfüllen.

 

Auf Bemühen der Bundeswettbewerbsbehörde in Richtung Öffnung des Marktes für Sammlung und Verwertung von in Haushalten anfallenden Verpackungen und Ermöglichung der Mitbenützung der bestehenden Sammelinfrastruktur des ARA-Systems wurden im Sommer 2007 die erforderlichen organisatorischen Regelungen zur Aufteilung von Mengen und Kosten im Falle der Mitbenützung der Sammelinfrastruktur in die  sog. Sammelpartnervereinbarung (Vertrag ARGEV mit ihren Entsorgungspartnern wie zB Gemeinden, Entsorger) bzw in die Gebietskörperschaftsvereinbarung, aufgenommen (http://www.bwb.gv.at/BWB/Aktuell/mitbenuetzunq der sammelinfrastru ktur des ara Systems im haushaltsbereich.htm: Anlage 8 zu ARGEV-Vereinbarung CONTRACT SAM 2007 und Anlage 1). In diesen Vertragsergänzungen (Anlage 1 beinhaltet im wesentlichen Auswirkungen einer Mitbenutzung auf die Beziehungen zwischen ARGEV und Gebietskörperschaften) wird im wesentlichen festgehalten, dass

•   als Mitbenutzer nur durch das BMLFUW gem § 29 AWG zugelassene Sammel- und Verwertungssysteme in Frage kommen,

        ein mitbenutzendes System dem Sammelpartner die anteilige Kostentragung verbindlich zusagen muss und der Sammepartner die ARGEV 14 Wochen im Voraus über die Mitbenutzung zu informieren hat,

        die Plan-Lizenzmengen des mitbenutzenden Systems der ARGEV mitzuteilen sind

 

         die Aufteilung der Sammelmengen im Ausmaß der Mitbenutzung erfolgt,

         die Mitbenutzung im ARGEV-System nur über die gesamte Leistungskette (Bereitstellung der Sammelinfrastruktur, Sammlung, Entleerung, Umladung bzw. Sortieranlage) erfolgt.

Nach detaillierter Durchsicht der Vertragsergänzungen entsteht der Eindruck, dass einige wettbewerbsrechtliche Probleme im ARA-System nun elegant an die Gemeinden bzw. Sammelpartner weiter delegiert werden. Vor allem hinsichtlich der Frage, auf Basis welcher Daten Gemeinden bei Vertragsabschluss mit einem Konkurrenzsystem der ARA die Aufteilung der Sammelmengen vornehmen sollen und welche Kontrollmöglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen.

Das BMLFUW hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Mitbenutzung bestehender Verpackungs, Sammel- und Verwertungssysteme im Haushaltsbereich durch Mitbewerber des ARA-Systems zum Thema hat. Dem Vernehmen nach soll diese Expertise kürzlich fertig gestellt worden sein; publiziert wurde sie bisher noch nicht.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage:

1.  Liegt das Rechtsgutachten zur Mitbenutzung bestehender Verpackungs, Sammel- und Verwertungssysteme im Haushaltsbereich durch Mitbewerber des ARA-Systems ihrem Ressort bereits vor?

2.          Zu welchen Schlussfolgerungen gelangt das Rechtsgutachten bezüglich der Frage, ob Mitbewerber des ARA-Systems Anspruch auf Kooperation mit Gemeinden- und Gemeindeverbänden haben?

3.          Welche Aussagen trifft das Gutachten zur Frage, ob Gemeinden und Abfallverbände die Verpflichtung trifft, Standplätze und im Gemeindeeigentum stehende Sammelbehälter MitbewerberInnen des ARA-Systems zur Verfügung zu stellen?

4.          Wird in diesem Gutachten die Frage untersucht, wer zum  Abschluss von Mitbenützungsverträgen berechtigt ist? Wenn ja, mit welchem Resultat?

5.          Ist es richtig, dass Gemeinden und Sammelpartner aufgrund ihrer Verträge mit der ARGEV Verhandlungen mit Konkurrenzsystemen und Vertragsabschlüsse tätigen können, auch ohne dass im  Vorlauf eine vertragliche Einigung zwischen ARGEV und Mitbenutzer erfolgt ist?

6.          Wird dieses Gutachten zur Mitbenutzung bestehender Verpackungs, Sammel- und Verwertungssysteme im Haushaltsbereich durch Mitbewerber des ARA-Systems veröffentlicht werden? Wenn ja, wann und in welcher Form?

7.  Wird dieses Gutachten der Bundeswettbewerbsbehörde zur Verfügung gestellt werden?

8.          Wie in der Einleitung angeführt, hat die ARA/ARGEV eine mit September 2006 datierte Vertragsergänzung der ARGEV betreffend Bestimmungen für die Mitbenützung der ARGEV-Sammlung durch andere Sammel- und Verwertungssysteme"

(Anlage 8 zu ARGEV-Vereinbarung CONTRACT SAM 2007 sowie Anlage 1) publiziert. War Ihr Ressort in die Erstellung der Vertragsänderung eingebunden?

9. Einige der Regelungen in diesem Vertrag (Ungleichbehandlung bei Bekanntgabe/Änderung Planlizenzmengen zwischen ARA und Mitbewerbersystemen; Einschränkung der Mitbenützung auf gesamte Leistungskette; Zwang zu Anpassung der MitbewerberInnen an ARA-Mechanismen, Melde- und Kontrollmechanismen) erwecken nicht den Eindruck eines fairen Leistungswettbewerbs" zwischen ARA und Mitbewerbersystemen; der Verdacht, dass der Markteintritt von Mitbewerbern in den Haushaltsbereich auch weiterhin möglichst bürokratisiert und erschwert werden soll, ist angesichts dieser Verträge nicht von der Hand zu weisen. Es entsteht der Eindruck, dass sich das ARA-System mittlerweile eine Regulator-Funktion beimisst, die ihm aufgrund der Rechtslage nicht zukommt. Welche Initiativen wird Ihr Ressort setzen, damit ARA-System und MitbewerberInnen in den Verhandlungen als gleichberechtigte Partner agieren können?

10.         Ist aus Ihrer Sicht die Einrichtung einer unabhängigen Clearing-Stelle, die die Bedingungen und Modalitäten der Mitbenutzung bestehender Verpackungs, Sammel- und Verwertungssysteme im Haushaltsbereich durch Mitbewerber des ARA-Systems regelt, ein erfolgversprechender Ansatz?