355/J XXIII. GP

Eingelangt am 21.02.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Maria Fekter, Ridi Steibl
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Familientragödie in Linz

Eine Familientragödie in Linz bewegt zur Zeit die Öffentlichkeit und macht sehr betroffen.
Medienberichten zufolge hat eine 53jährige Akademikerin nach ihrer Scheidung ihre drei
Töchter komplett von der Außenwelt abgeschottet, von der Schule abgemeldet, isoliert und
verwahrlosen lassen. Die Verhältnisse, unter denen die drei Mädchen die letzten sieben Jahre
im Haus ihrer Mutter leben bzw. dahinvegetieren mussten, sind erschütternd und schier
unfassbar. Man fragt sich, wie es soweit kommen konnte und warum die Behörden nicht viel
früher eingeschritten sind. Obwohl besorgte Nachbarn immer wieder Anzeigen erstattet
haben, dauerte das Martyrium der drei Mädchen unvorstellbare sieben Jahre, bevor die
Behörden diesem ein Ende setzten und die Kinder der Mutter, die dem Vernehmen nach
psychisch krank sein soll, im Oktober 2005 abgenommen wurden. In einem Therapiezentrum
in Kärnten werden die drei Mädchen seitdem betreut.

Die Widersprüche über den Hergang dieses Falles und über die Verantwortlichkeiten müssen
untersucht und geprüft werden, um für die Zukunft die notwendigen Lehren und
Konsequenzen daraus ziehen zu können. Zu klären ist jedenfalls, ob die zuständigen
Behörden alles in ihrer Macht Stehende unternommen haben, um sich ein eigenes Bild von
den Familienverhältnissen vor Ort zu machen und ob man der Mutter gegenüber mit dem
erforderlichen Nachdruck zum Wohle der Kinder aufgetreten ist. Aber auch die Rolle des
Vaters ist zu hinterfragen, ob er seiner Verantwortung als Elternteil entsprechend
nachgekommen ist und wieso er trotz Besuchsrechts nicht zu seinen Kinder vorgedrungen ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher in diesem Zusammenhang an die
Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage

1) Obwohl die zuständigen Behörden und auch Gerichte über einen Zeitraum von 5 Jahren
ermittelten, verschlechterte sich die Lebenssituation der drei Mädchen zusehends. Wie konnte
das passieren?

2)        Wie kann es sein, dass ein dem Vater nach der Scheidung eingeräumtes Besuchsrecht
jahrelang von der Mutter desavouiert wird? Welche rechtliche Handhabe gibt es für einen
Elternteil in solch einem Fall?

3)        Wie intensiv hat sich der Vater bemüht, das der Mutter eingeräumte Sorgerecht über die
drei Mädchen gerichtlich übertragen zu bekommen?

4)   Wieviele Tagsatzungen wurden in diesem Zusammenhang abgehalten? Welche Gutachten
welchen Inhalts wurden erstellt?


5)      Wurde dem Vater jemals die Vormundschaft in Bezug auf seine Töchter eingeräumt?
Wenn ja, wann und über welchen Zeitraum? Wenn nein, warum nicht?

6)      Welche Anträge wurden von der Jugendwohlfahrt im Laufe der Zeit an das
Pflegschaftsgericht gestellt?

7)  Auf Grund welcher Vorfälle wurden diese Anträge seitens der Jugendwohlfahrt gestellt?
Welche Gutachten wurden daraufhin in Auftrag gegeben? Welche Entscheidungen wurden
auf Grund dieser Gutachten gefällt?

8)      Gab es - abgesehen von der Jugendwohlfahrt - weitere Hinweise auf Missstände?

9)      Funktionierte der Informationsfluss zwischen dem Gericht und der Jugendwohlfahrt?

 

10)       Welche Konsequenzen sind aus Ihrer Sicht aus diesem Fall zu ziehen?

11)       Wurde das Instrument der Familienmediation angeordnet, versucht oder in Anspruch
genommen?

12)       Wenn ja, wie oft und mit welchem Ergebnis, wenn nein warum nicht?

13)       Wurde Besuchsbegleitung für das Besuchsrecht des Vaters durch das Gericht angeordnet?

14)       Wenn ja, wie häufig?

15)       Hat die Begleitperson Auffälligkeiten dem Gericht gemeldet, wenn ja welche?

16)       Wenn keine Besuchsbegleitung angeordnet wurde, warum nicht, angesichts der Tatsache,
dass der Vater die Kinder über Monate, Jahre nicht sehen durfte?