3552/J XXIII. GP

Eingelangt am 07.02.2008
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Drin Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Atomstromimporte aus Tschechien mittels Kompensationsgeschäften

 

Die österreichische Firma Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge hat Anfang 2006 den Großauftrag der tschechischen Armee zur Lieferung von 199 Radpanzern "Pandur II"  erhalten. Als Grund für die in Folge vorgenommene Stornierung des Auftrags im Dezember 2007 waren seitens Tschechien die verspätete Lieferung sowie die Nicht-Erfüllung mehrerer technischer Parameter der ersten getesteten Fahrzeuge angeführt worden.

 

Derzeit laufen jedoch neuerliche Verhandlungen, mit dem Ziel, den Vertrag doch noch unter Dach und Fach zu bringen.

 

Die tschechischen Wirtschaftszeitschrift „Euro“ berichtete am 27.3.2006, dass die Firma CEZ (Anm.: der tschechische Stromversorger und Betreiber des AKW Temelin) die Chance erhalten werde, Strom im Wert von ca. 8 Mrd. Kronen nach Österreich zu exportieren. Dies entspricht einer Dauerleistung von ca. 1000 MW, also genau der Leistung eines Blocks des AKW Temelin. Die Stromlieferungen, so die Zeitung, seien Teil eines Offset-Programms, welches der Tschechischen Republik von der Firma Steyr im Tausch gegen einen 23 Milliarden Kronen-Auftrag für die Lieferung von Transportern für die tschechische Armee angeboten würde. CEZ habe mit Steyr bereits einen Rahmenvertrag unterzeichnet.Österreich habe sich gegen Stromimporte wegen dem AKW Temelin gewehrt. Jetzt sehe man jedoch, dass dem Alpenland zur Überwindung der Aversion gegen die tschechische Kernenergie anstatt wissenschaftlicher Studien über nukleare Sicherheit die Unterzeichnung eines Milliarden-Vertrages geholfen habe, kommentiert die tschechische Zeitung.

 

Diese in den tschechischen Medien kolportierten Umstände sind höchst aufklärungsbedürftig.

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.      Wird im Zuge der Verhandlungen über die Lieferung von Radpanzern an die Tschechische Republik über Kompensationsgeschäfte verhandelt? Falls ja, welche Kompensationsgeschäfte werden seitens Österreich angeboten? Welche Details der Kompensationsgeschäfte sind Ihnen bekannt?

 

2.      Sind Stromlieferungen des Temelin-Betreibers CEZ von Tschechien nach Österreich Bestandteil dieser Kompensationsgeschäfte? Wenn ja, wie hoch sind die vereinbarten Stromimporte in MW?

 

3.      Wurden von tschechischen Verhandlungspartnern auf politischer Ebene Andeutungen über mögliche Verbindungen zwischen der Entscheidung über die Panzer-Lieferung und dem Verhalten Österreichs bei der Bewertung der Sicherheitsziele des Melk-Abkommens gemacht?

 

4.      Was wurde seitens des Bundeskanzleramtes und des Wirtschaftsministeriums getan bzw. der tschechischen Republik angeboten, um die Stornierung des Panzerauftrages rückgängig zu machen?

 

5.      Ist das Schweigen des Bundeskanzlers auf die Aussage des tschechischen Premier Topolanek, wonach für Tschechien das Melker Abkommen völkerrechtlich nicht verbindlich sei, darauf zurück zu führen, dass Tschechien bezüglich der Panzerlieferungen freundlich gestimmt sein soll?

 

6.      Können Sie ausschließen, dass Österreich als „Gegengeschäft“ für den Auftrag zur Lieferung der Panzer an Tschechien Stromlieferungen aus Tschechien bzw. ein Stillhalten der österreichischen Bundesregierung in Sachen AKW Temelin angeboten hat?

 

7.      Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung, um Atomstromimporte nach Österreich zu reduzieren und mittelfristig gänzlich zu stoppen?