361/J XXIII. GP
Eingelangt am 22.02.2007
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ANFRAGE
der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend Prozess für ein internationales Verbot und Verhängung eines österreichischen Moratoriums für Streumunition und Streubomben
Bereits im Dezember 2004 wurde ein gemeinsamer Entschließungsantrag von Grünen und SPÖ zum Verbot von Streubomben und Streumunition – einer heimtückischen Waffengattung, der zum überwiegenden Teil ZivilistInnen und hier wiederum vor allem Kinder zum Opfer fallen – eingebracht. Dieser Antrag wurde viermal im außenpolitischen Ausschuss vertagt. Denn leider konnte kein Konsens in der Frage gefunden werden, ob es sich nur um ein Verbot von Streumunition mit angeblich niedriger Blindgängerrate handeln oder ob ein Totalverbot, so wie im Antrag der Grünen und der SPÖ gefordert, erreicht werden solle. Aus dem selben Grund wurde von ÖVP, BZÖ und FPÖ die Forderung nach einem österreichischen Moratorium – also ein totales Verbot von Einsatz, Produktion, Entwicklung, Lagerung und Handel jeglicher Streumunition – abgelehnt.
Auch eine Veranstaltung von Grünen und SP am 11. Juli 2007 im Parlament, bei der NGO-ExpertInnen über Auswirkungen von Streumunition berichteten und zu der auch VertreterInnen der BM für Landesverteidigung sowie für auswärtige Angelegenheiten eingeladen waren, brachte keine Annäherung der Standpunkte.
Das österreichische Bundesheer lagert Streumunition vom Typ M85/155 mm, ein Typ, der ebenfalls im Libanonkrieg von Israel abgeschossen wurde. Die M85 verfügt über einen Selbstzerstörungsmechanismus, der verhindern soll, dass Munitionen zu Blindgängern werden, wenn sie nicht schon beim Aufprall explodieren. Die M85 hat angeblich eine Fehlerrate von nur 1%, was von Österreich als akzeptabel angesehen wird. Laut jüngsten Tests des Norwegian Defence Research Establishment funktioniert einer von vier Selbstzerstörungsmechanismen nicht. Daher ist eine derart niedrige Fehlerrate der M85 von 1% zweifelhaft.
Inzwischen hat sich Österreich international und national positiv engagiert:
Bei der Überprüfungskonferenz der Konvention über Konventionelle Waffen in Genf im November 2006 war es nicht möglich, ein konkretes Verhandlungsmandat über einen spezifischen völkerrechtlichen Vertrag zu Streumunitionen zu beschließen. Österreich und 31 weitere Staaten sprachen sich aber für ein solches Verhandlungsmandat aus. Daher beginnt am 21.-23. Februar 2007 der so genannte „Osloprozess“ mit einer Konferenz in Norwegen. Etwa 40 Staaten (darunter auch Österreich), die UNO, das Internationale Rote Kreuz und Nichtregierungsorganisationen werden daran teilnehmen.
Nach einer Pressekonferenz, die zum Thema Streubomben und Streumunition am 7. Februar 2007 von den Grünen gemeinsam mit der österreichischen Sektion der Cluster Munition Coalition durchgeführt wurde, versicherten Sie laut einer APA-Meldung, sich des Themas annehmen zu wollen.
Am 19. Februar 2007 gaben Sie und Außenministerin Ursula Plassnik in einem Fernseh-Interview bekannt, dass Österreich ein Moratorium für den Einsatz der Bestände an Streumunition verhängen wird. Diese Entscheidung soll am 21.2. im Ministerrat beschlossen werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie in Folge des von Ihnen angekündigten österreichischen Moratoriums eine gesetzliche Regelung über das Totalverbot (also Einsatz, Lagerung, Entwicklung und Produktion) von Streubomben und Streumunition ins Auge fassen?
2. Werden Sie die Vernichtung der in den Beständen des österreichischen Bundesheers gelagerten Streumunition (speziell vom Typ M85/155mm) anordnen? Wenn nein, wofür sollen die Bestände verwendet werden? Wird etwa ein Verkauf der Bestände von Ihnen ins Auge gefasst?