3612/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.02.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Mag. Wurm, Gerhard Reheis und
GenossInnen an die Bundesministerin f
ür Bundesministerium für europäische und
internationale Angelegenheiten
betreffend Rückübernahme von StraftäterInnen marokkanischer Herkunft"

In einem Artikel der Tiroler Tageszeitung" (TT) konnte man in der
Wochenendausgabe vom 9./10. 2. 2008 lesen, dass Personen aus Nordafrika,
vornehmlich aus Marokko, die haupts
ächlich wegen Drogenhandels und
Körperverletzung rechtskräftig verurteilt sind und deren Asylverfahren negativ
abgeschlossen sind, aus verschiedenen Gründen nicht in ihr Heimatland abgeschoben
werden können.

Peter Öhm, Jurist in der Bundespolizeidirektion: In den Jahren 2004 und 2005 hat
uns die Botschaft genau neun so genannte Heimreisezertifikate erteilt, ohne die eine
Abschiebung nicht möglich ist. Fünf Personen wurden tatsächlich abgeschoben, die
anderen sind untergetaucht. Meist aber weigert sich Marokko, die eigenen
Landsleute zur
ückzunehmen. Grund: Deren Identität sei unklar." (TT)

Zwar habe es dank internationaler Vernetzung über Interpol in letzter Zeit Erfolge bei
der einwandfreien Identifizierung gegeben, aber das bedeute noch keine erfolgreiche
Abschiebung, denn Marokko ist s
äumig in der Übermittlung der für eine Abschiebung
n
ötigen Ausreisepapiere. Auch die Möglichkeit, die Personen in Schubhaft zu
nehmen, taugt wenig. Öhm: In Schubhaft halten wir diese Personen maximal zehn
Tage, danach treten sie entweder in Hungerstreik oder z
ünden ihre Zelle an, damit
wir sie wegen Haftunfähigkeit entlassen müssen." Die Aufklärungsquote der Polizei
hat sich also in den letzten Jahren sehr verbessert, aber die Situation bei den
durchzuf
ührenden rechtskräftigen Abschiebungen ist äußerst mangelhaft.

In seiner Stellungnahme zu einer parteiübergreifenden Petition (13/PET (XXIII. GP)
"F
ür rasche und wirksame Maßnahmen gegen die Drogenszene und für die


Sicherheit"), die von Innsbrucker Umlandgemeinden wegen der beunruhigenden
Sicherheitssituation in der Landeshauptstadt eingebracht wurde, teilte das
Innenministerium im November 2007 unter anderem mit:
Das Problem verdeckter
beziehungsweise verfälschter Identitäten zur Verhinderung der Vollziehung
fremdenpolizeilicher Ma
ßnahmen ist bekannt. Entsprechende Maßnahmen wurden
bereits gesetzt. Eine falsche Identität schützt den Betroffenen jedoch weder vor
strafrechtlichen Sanktionen noch vor fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen.
Bez
üglich Abschiebungen ist zu erwähnen, dass mit den meisten Staaten eine gute
Zusammenarbeit herrscht und eine fehlende Kooperation eine Ausnahme darstellt.
Solche Abkommen werden entweder von Österreich als bilaterale
R
ückübernahmeabkommen oder von der EU als

Gemeinschaftsrückübernahmeabkommen abgeschlossen. Festzuhalten ist, dass mit
jenen Ländern, für die die EU über Verhandlungsmandate verfügt, bilaterale
Verhandlungen infolge des Anwendungsvorranges des EU-Rechtes nicht möglich
sind. Auf dem afrikanischen Kontinent verhandelt Österreich aktuell mit Nigeria.
Gespräche haben ebenfalls mit Gambia begonnen. Österreich engagiert sich aber
auch innerhalb der Europ
äischen Union bei der Erörterung neuer Mandate und bei
der Bewertung des Verhandlungsverlaufes bei EU-Abkommensverhandlungen wie
auch bei Fact-Finding-Missions nach West- und Ostafrika mit der Absicht, entweder
zum forcierten Abschluss von EU-Abkommen beizutragen oder zumindest neue
Möglichkeiten für bilaterale Abkommen zu erschließen."

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1.             Ist Ihrem Ministerium diese Problematik der schwierigen Rückübernahme
marokkanischer Straffälliger bekannt?

2.             Sind Ihnen von Seiten des Bundesministeriums für Inneres in den
vergangenen Jahren Informationen
über die bedenkliche Sicherheitssituation
in Innsbruck in oben angesprochenem Zusammenhang übermittelt worden?
Wenn ja, durch wen und in welcher Form?


3.             Haben sich die lokalen Behörden in Tirol in dieser Sache an Ihr Ministerium
gewandt?

4.      Hat das Bundesministerium für Inneres von Ihrem Ministerium Unterstützung
in dieser Angelegenheit angefordert? In welcher Hinsicht?

5.             Mit welchen afrikanischen Staaten hat Österreich bilaterale Abkommen über
justizielle Zusammenarbeit zur Rückübernahme Straffälliger abgeschlossen?

6.             Besteht ein solches bilaterales Abkommen über justizielle Zusammenarbeit zur
R
ückübernahme Straffälliger zwischen Österreich und Marokko?

7.             Wenn nein, sind Verhandlungen zu dessen baldiger Verwirklichung im Gange?

8.             Welche Aktivitäten haben Sie darüber hinaus in den vergangenen fünf Jahren
im Detail gesetzt, um die offensichtlich schwierige Zusammenarbeit mit den
marokkanischen Behörden zu verbessern?

9.             Mit welchen afrikanischen Staaten hat die Europäische Union
Gemeinschaftsr
ückübernahmeabkommen abgeschlossen?

10.     Besteht ein Abkommen über justizielle Zusammenarbeit zur Rückübernahme
Straffälliger zwischen der Europäischen Union und Marokko?

11.Sollten derzeit erst diesbezügliche Verhandlungen geführt werden: Wie ist der
aktuelle Stand dieser Verhandlungen?

12. Ist die justizielle Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten Gegenstand der
Er
örterungen auf EU-AußenministerInnen-Ebene?


13.    War das Thema Rückübernahme" auch Thema der Konferenz für Frieden
und Sicherheit" in Westafrika, die Sie im November 2007 in Ouagadougou
organisiert haben?

14.    Sind den Behörden aus der Zusammenarbeit mit Marokko bzw. den
europ
äischen Stellen Hinweise bekannt, wonach die meist sehr jungen
marokkanischen Straft
äterInnen von kriminellen Organisationen rekrutiert,
nach Europa gebracht und hier (auch in Innsbruck) als Drogenverk
äufer
eingesetzt werden?

15. Im März 2007 wurde zwischen Belgien und Marokko ein Abkommen
geschlossen, das unter anderem erm
öglicht, dass marokkanische
StraftäterInnen ihre Haftstrafe im Land ihrer Herkunft aussitzen können.
Zudem wird dadurch auch eine nicht-freiwillige Überführung der Häftlinge in
ein Gef
ängnis ihres Heimatlandes ermöglicht. Gibt es seitens Ihres
Ministeriums ebenfalls
Überlegungen zu einem derartigen bilateralen
Abkommen?