3613/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.02.2008
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Laura Rudas

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

betreffend „Förderung des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ)"

Außer Frage steht das Recht - auch von politischen Jugendorganisationen - Förderungen zu bekommen, um unabhängig und kritisch agieren zu können. Außer Frage steht auch, dass dieses Recht nicht durch politische Mehrheiten im Parlament außer Kraft gesetzt werden darf. Jedoch muss festgehalten werden, dass auch diese Jugendorgansationen bestimmten Richtlinien unterstehen.

Die Richtlinien im Bundes-Jugendförderungsgesetz besagen unter anderem, dass die Förderung der Jugendarbeit nach folgenden Grundsätzen gewährt wird: „§ 3. Als förderungswürdig im Rahmen dieses Bundesgesetzes gelten

in erster Linie Angebote der Jugendarbeit, die sich insbesondere an folgenden Grundsätzen orientieren: (§3 Z 3) Mündigkeit, Eigenständigkeit und Demokratieförderung; (§ 3 Z 6) Förderung der Bereitschaft junger Menschen zu Toleranz, Verständigung und friedlichem Zusammenleben sowie Förderung des gegenseitigen Verständnisses im innerstaatlichen wie auch im internationalen Bereich; (§ 3 Z 7) Förderung gemeinschaftsstiftender und menschenrechtsbezogener Bildung; (§ 3 Z 8) politische und staatsbürgerliche Bildung sowie religions- und ethikbezogene Bildung junger Menschen".

§ 4. Abs 1 besagt weiters, dass Förderungen für Angebote der Jugendarbeit auf Antrag gewährt werden können, § 4 Abs 1 Z la wenn die „verbandlichen Jugendorganisationen, Jugendinitiativen und nicht verbandlich organisierten Jugendgruppen sowie Einrichtungen der offenen Jugendarbeit, sofern sie als Verein konstituiert sind und deren Organisationsstatuten mit dem Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich, mit den Grundwerten des Friedens, der Freiheit und der parlamentarischen Demokratie sowie der Menschenrechte und des Rechtsstaates in Einklang stehen."

Jüngste Vorwürfe, die gegen den RFJ in einem Dossier des „Dokumentationsarchiv österreichischen Widerstands" zusammengefasst wurden, umfassen nur im Jahr 2007 folgende Punkte:

•    Im Jänner 2007 protestierten Patrick Haslwanter und Paul Pilgermair, beide vom RFJ Tirol, gegen die Schließung des Neonazi-Treffs „Triple Seven 21", und qualifizierten diese als „dumm", da damit der „rechten Szene der einzige Treffpunkt genommen wurde". Die Schließung des Naziskinlokals sei „nichts anderes als ein weiterer Schlag gegen die rechte Szene in Innsbruck" und „nichts anderes als Gesinnungsterror". Er bestreitet nicht seine Zweifel am Holocaust in einem Interview: „Ich bin mit den Geschichts-Professoren nicht immer einer Meinung und wehre mich gegen die Meinungsdiktatur, die hier vorherrscht."1


        RFJ-Linz-Land-Bezirksobmann Andreas Retschitzegger ist Anfang 2007 auf einer Homepage als Teilnehmer bei Veranstaltungen des neonazistischen „Bundes freier Jugend" zu sehen, sowie bei einer Neonazi-Demonstration gegen die „Wehrmachtsausstellung". RFJ-Oberösterreich-Landesobmann Detlev Wimmer bezeichnet die Teilnahme an solchen Veranstaltungen nicht als Problem, vielmehr an jenen Veranstaltungen, die „unserer Ausrichtung widerprechen".2 Detlev Wimmer bezeichnet die Neonazigruppe, die nach dem Vereinsrecht nicht existiert und von sich behauptet, keine Organisation zu sein, als „erlaubte Jugendorganisation".3

        Der steirische RFJ-Obmann Michael Winter legt im RFJ-Blatt dem Grazer Bürgermeister nach einer Vergewaltigung an einem 17-jährigen Mädchen nahe, „als Sofortmaßnahme gegen muslimisch-türkische Vergewaltigungen eine Schafherde im Stadtpark grasen" zu lassen, da „Geschlechtsverkehr mit Tieren im Islam eine gewisse Tradition zu scheinen haben".4

        Auf der RFJ-Linz-Land Homepage wurde am 21. 1. 2007 eine Rede des Obmanns des RFJ Traun, Sebastian Aigner, veröffentlicht. Beklagt wird die „Umerziehung", der sogar die „volkstreue Jugend" zum „Opfer" gefallen sei. Es geht dabei um die Musikrichtung Hip-Hop, die ein geplanter Feldzug der USA sei, um die Kulturen in Europa systematisch auszurotten; eine Musikrichtung wie auch der Jazz, die „negroiden Ursprungs" seien. Weiters heißt es, dass „das Tragen von Jeans ein Zeichen der allgemeinen Gleichheit ist. Der überzeugte Jeansträger akzeptiert somit seine völlige Gleichstellung in allen Lebensbereichen mit einem Schwarzen, Asiaten oder sonst einem."5

        Im Februar 2007 wurde bekannt, dass N.N., RFJ-Vorstandsmitglied in Wien 15., beim neonazistischen „Aufruhr-Versand" u. a. Kampfschriften wie „White Power", T-Shirts mit einschlägigen Motiven und NS-Literatur bestellt habe. Der Wiener RFJ- Landesobmannstellvertreter und Mitglied im RFJ Bundesvorstand, soll mehrere CDs von Bands wie „Weiße Wölfe" („Unsere Antwort ist Zyklon B") bestellt haben.6

        Im März 2007 wurde gegen sieben Tiroler Neonazis seitens der Sicherheitsbehörde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingebracht. Im November wurde die Anklage gegen einen der Anführer der NS-Skinheads, Sebastian F., fertig gestellt. Er hatte beim Überfall auf das linke Szene-Lokal „pmk" den Hitlergruß gezeigt und „Sieg Heil!" gerufen. Er ist Aktivist im RFJ und in der FPÖ. Bei einem der Mitangeklagten fand die Polizei eine Spraydose mit der Aufschrift „Doitsch-Spray - neutralisiert Knoblauch, Zwiebel, Kümmel und Ausländergerüche - für angenehmen inländischen Duft", den dieser laut eigenen Angaben 2006 von Sebastian F. bekommen habe.7

        Christoph Töfferl, Obmann des RFJ-Kärnten, veröffentlichte im April 2007 einen Kommentar in der neonazistischen „Deutschen Stimme", wo er die österreichische Polizei und Justiz „Bluthunde des Staates" nannte. Im Februar des selben Jahres hatte er - als Privatperson, wie er betont - an einem Treffen der Europäischen Nationalen Front, einem Zusammenschluss von Neonazis und Neofaschisten unter der Leitung der NPD teilgenommen.8

1 Tageszeitung „Die Neue", 3. 10. 2007, siehe auch DÖW Dossier

Oberösterreichisch Nachrichten, 7. 2. 2007, siehe auch DÖW Dossier

Oberösterreichisch Nachrichten, 8. 2. 2007, siehe auch DÖW Dossier

derstandard.at, 17. 1. 2008, http://derstandard,at/?url=/?id=3012760%26 seite=4%26sap=2. siehe auch DÖW Dossier

5 siehe DÖW Dossier

Profil 6/07, siehe auch DÖW Dossier

Kurier, 10. 11. 2007, siehe auch DÖW Dossier

siehe DÖW Dossier


         Bis Mitte Mai 2007 war auf der Homepage des RFJ Linz-Land ein Werbebanner und Link zur neonazistischen Seite „gesinnungsterror".9

         Im Oktober meinte der niederösterreichische RFJ-Landesobmann Udo Landbauer in einer Aussendung, „Barbaren sind nun auch schon im südlichen Niederösterreich umtriebig", weil Täter und Opfer eines Eifersuchtsmordes aus der Türkei stammten. Zudem sei der „Süden Niederösterreichs mit Asylantenheimen und ähnlichen Sicherheitsrisikos verseucht".10

         Im September behauptet der RFJ-Bundesobmann John Gudenus, das NS-Verbotsgesetz sei „kritisch zu hinterfragen, weil es mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht im Einklang" stünde.11 Am 26. 2. 2007 forderte der RFJ Linz-Land die Abschaffung des Verbotsgesetzes, am 25. 4. 2007 der RFJ Deutschlandsberg, der in einer Presseaussendung in diesem Zusammenhang die Freilassung von drei als „volkstreu" bezeichneten Aktivisten des neonazistischen „Bundes Freier Jugend", da sie „politische Gefangene" seien, die ihre Meinung nur „frei und demokratiebewusst" geäußert hätten.12

Bei der Diskussion über diese Missstände durch ein Dossier des „Dokumentationsarchivs österreichischen Widerstands", einer anerkannten Forschungsinstitution im Bereich des Rechtsradikalismus, stellt sich auch die Frage, inwieweit diese Institution Förderungen von öffentlicher Hand, die durch das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend ausbezahlt werden, bekommen sollte.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend nachstehende

Anfrage:

1.  Inwiefern erfüllt - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - der RFJ die Kriterien, die nötig sind, um eine Förderung zu erhalten?

2.            Welche Aktivitäten wurden - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - vom RFJ getätigt, die eine Förderung rechtfertigen?

3.             Inwiefern entspricht - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - die Förderung des RFJ dem Grundsatz der Demokratieförderung?

4.             Welche Aktivitäten wurden - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - vom RFJ getätigt, die dem Grundsatz der Demokratieförderung entsprechen?

5.             Inwiefern entspricht - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - die Förderung des RFJ dem Grundsatz der Förderung der Bereitschaft junger Menschen zu Toleranz, Verständigung und friedlichem Zusammenleben sowie Förderung des gegenseitigen Verständnisses im innerstaatlichen wie auch im internationalen Bereich?

6.            Welche Aktivitäten wurden - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - vom RFJ getätigt, die die Bereitschaft junger Menschen zu Toleranz,


Verständigung und friedlichem Zusammenleben sowie Förderung des gegenseitigen Verständnisses im innerstaatlichen wie auch im internationalen Bereich fördern?

7.     Inwiefern entspricht - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - die Förderung des RFJ dem Grundsatz der Förderung gemeinschaftsstiftender und menschenrechtsbezogener Bildung?

siehe DÖW Dossier

10 http://www.rfi.at/presse/index.php7icN100348. siehe auch DÖW-Dossier

11  Österreich, 21.9. 2007

12 siehe DÖW Dossier


 

8.     Welche Aktivitäten wurden - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - vom RFJ getätigt, die dem Grundsatz der Förderung gemeinschaftsstiftender und menschenrechtsbezogener Bildung entsprechen?

9.            Inwiefern entspricht - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - die Förderung des RFJ dem Grundsatz der Förderung politische und staatsbürgerliche Bildung sowie religions- und ethikbezogene Bildung junger Menschen aus dem Aspekt, dass zahlreiche leitende Mitglieder des RFJ durch rechtsextremes Gedankengut auffallen?

10.     Welche Aktivitäten wurden - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - vom RFJ getätigt, die dem Grundsatz der Förderung politische und staatsbürgerliche Bildung sowie religions- und ethikbezogene Bildung junger Menschen entsprechen?

11.      Inwiefern entspricht - aus Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend - die Förderung des RFJ dem Grundsatz der Förderung jener Gruppierungen, die mit der demokratischen Republik Österreich, mit den Grundwerten des Friedens, der Freiheit und der parlamentarischen Demokratie sowie der Menschenrechte und des Rechtsstaates in Einklang stehen?

12.      Wurde bereits geprüft, inwiefern Verbindungen des RFJ zu neonazistischen Gruppierungen bestehen?

13.      Inwiefern beeinflusst die Interessenvertretung der Jugendorganisationen - die BJV - mit ihrer Stellungnahme ihre Entscheidung?