3639/J XXIII. GP

Eingelangt am 28.02.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

Des Abgeordneten Harald Vilimsky

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend GIS - Gebühren Info Service GmbH und Möglichkeiten sich der ORF- und Rundfunkgebühren zu entziehen

Durch die derzeit im Gang befindliche Bürger-Petition Weg mit den ORF-Gebühren" melden sich sehr viele Bürger auf der dafür eingerichteten Internetseite www.weg-mit-den-orf-gebuehren.at. Im Gästebuch dieser Seite gibt es immer wieder Anregun- gen von Bürgern, wie man die Gebührenpflicht minimieren bzw. ihr entgehen kann. Da diese vorgeschlagenen Vorgangsweisen durchaus das Potential haben, der GIS bzw. dem ORF massiven finanziellen Schaden zuzufügen, möchten die Unterfertig- ten die Rechtslage im Zusammenhang mit Rundfunkgebühren, GIS, ORF und Be-zirksverwaltungsbehörden sowie die Gebarung der GIS mittels dieser parlamentari- schen Anfrage konkretisiert wissen.

Vorgehen der GIS Gebühren Info Service GmbH:

Die GIS Gebühren Info Service GmbH erkennt unseres Wissens weiße Flecken" über den Abgleich ihrer Kundenkartei" mit den Meldedaten der Gemeinden. Gibt es also eine Meldeadresse, an der es keine ORF-Gebühren-Meldung gibt, wird eine Person an dieser Adresse angeschrieben und aufgefordert, eine Meldung abzugeben oder andernfalls bekannt zu geben ob keine Radio- oder Fernsehgeräte im Haushalt verwendet werden. Meldet sich der Angeschriebene daraufhin nicht, so kommen Mi-tarbeiter der GIS persönlich zu der Wohnung und versuchen gemeinsam mit dem dort Ansässigen eine Anmeldung durchzuführen.


Betreterecht:

Die Mitarbeiter der GIS selbst haben kein Recht zur Betretung der Wohnräumlichkei-ten der Anzumeldenden". Die GIS kann sich jedoch zur Betretung der Wohnräume gemäß § 6 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) eines Organs der Bezirksverwal-tungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) bedienen. Und zwar dann, wenn der be-gründete Verdacht besteht, dass die Angaben des Gebührenpflichtigen unrichtig sind oder diese verweigert wurden.

 


Diese Organe haben gemäß § 6 Abs. 5 RGG ein im Telekommunikationsgesetz (TKG), analog zu den Fernmeldebehörden, geregeltes Recht zur Betretung der Wohnräumlichkeiten. (Der Verweis auf § 83 Abs. 6 und 7 TKG im § 6 Abs. 5 RGG ist mittlerweile falsch. Im Zuge der Neufassung des TKG im Jahre 2003 (BGBl. I Nr. 70/2003) dürfte der Gesetzgeber vergessen haben den Verweis im RGG an das ak-tuelle TKG anzupassen. Im TKG 2003 befinden sich die entsprechenden Regelun-gen in § 86 Abs. 4 und 5. Richtig müsste also auf § 86 Abs. 4 und 5 verwiesen wer-den.)

Strafen im Zusammenhang mit der Gebührenpflicht:

Gemäß § 7 Abs. 1 RGG ist mit einer Strafe von bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer die Anmeldung nicht oder unrichtig (z.B. nur Radiomeldung obwohl Fernsehgerät vorhanden) durchführt, oder eine unrichtige Mitteilung nach Anfrage durch die GIS abgibt oder diese verweigert. Nicht bestraft wird jedoch, wer zwar eine Anmeldung unterlassen hat, nach Anfrage durch die GIS aber wahrheitsgemäße Angaben macht. Die Verwaltungsstrafen werden durch die Bezirksverwaltungsbehörden (Be-zirkshauptmannschaften) verhängt.

Die Unterfertigten wurden mit folgender Möglichkeit der Umgehung der Gebühren-pflicht konfrontiert:

Mögliches Vermeiden der Gebührenpflicht:

Vorgangsweise: Bei bestehender Meldung nimmt der Rundfunkgebühren-Teilnehmer mit der GIS Service-Hotline unter 0810 00 10 80 Kontakt auf und gibt an, sich abmel- den zu wollen. Die Begründung hierfür wäre, dass er keine Empfangsgeräte mehr im Haushalt in Gebrauch hätte. Damit werden keine weiteren Zahlscheine mehr von der GIS versandt bzw. keine weiteren Einziehungen vom Konto des Teilnehmers mehr durchgeführt.

Wenn Monate später ein Mitarbeiter der GIS persönlich bei der Meldeadresse er- scheint, um zu erheben, ob wieder Geräte Verwendung finden, wird das Anmelde- formular ausgefüllt und damit eine neuerliche Meldung bei der GIS-Gebühren Info Service GmbH durchgeführt. Nach etwa einer Woche nimmt der neue" Teilnehmer abermals Kontakt mit der GIS Service-Hotline auf und meldet sich wieder mit der oben angegebenen Begründung ab. So unterläge man pro Jahr nur etwa für 1 bis 2 Monate der ORF-Gebührenpflicht.


Nach Recherchen der Anfragesteller und Analyse der derzeitigen rechtlichen Gege-benheiten, stellt sich dieses Vorgehen durchaus als möglich heraus. Im RGG sind zwar Strafen bis zu 2.180 Euro vorgesehen, jedoch nur dann, wenn der Gebühren-pflichtige nach aktiver Anfrage durch die GIS fälschlich angibt er hätte keine Rund-funkempfangseinrichtungen in Verwendung. Der Beweis, dass der Teilnehmer im Zeitpunkt der telefonischen Abmeldung über Rundfunkempfangseinrichtungen ver-fügt hat ist von der GIS oder den Bezirksverwaltungsbehörden nur sehr schwer zu erbringen. Die möglichen ausgesprochenen Strafen werden sich vermutlich nicht hö-her belaufen als die sonst ohnehin zu zahlende Rundfunkgebühr.

Obwohl sich sehr viele angeregte Diskussionen im Gästebuch der Petitions-Homepage www.weg-mit-den-orf-gebuehren.at abspielen und auch viele persönliche E-Mails an den Betreiber der Petition gerichtet wurden, gibt es dem Vernehmen nach keinen Hinweis, dass je ein Organ der Bezirksverwaltungsbehörden für die GIS in Erscheinung getreten wäre. Auch hat sich bis jetzt noch niemand gemeldet, der ei-nen Strafbescheid gemäß § 7 RGG von einer Bezirksverwaltungsbehörde zugestellt bekommen hätte.

Die Unterfertigten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.  Wie viele Mitarbeiter hat die GIS (aufgeschlüsselt nach Tätigkeitsfeldern)?

2.            Wie erlangt die GIS ihre Daten über nicht rundfunkgemeldete Wohnsitze?

3.            Wie viele Haushalte sind derzeit bei der GIS als Teilnehmer gemeldet?

4.            Wie hoch wird das Schwarzseherpotenzial von der GIS in etwa eingeschätzt (in Prozent)?

5.            Wie hoch wird das Schwarzseherpotenzial von der GIS in etwa eingeschätzt (absolut)?

6.            Wie beurteilt die GIS das Schwarzseherpotential im Bereich der Zweitwohnsit-ze und im Bereich von Unternehmensstandorten?

7.            Wie viele Haushalte sind derzeit von der Rundfunkgebühr befreit?


8.            Welchem Prozentsatz entsprechen diese befreiten Haushalte im Bezug auf al-le Rundfunkteilnehmer?

9.            Wie viele ausländische Teilnehmer sind derzeit bei der GIS gemeldet?

10.Wie viele ausländische Teilnehmer kommen derzeit in den Genuss einer Ge-bührenbefreiung?


11 .Welchem Prozentsatz entsprechen diese befreiten ausländischen Teilnehmer im Bezug auf alle gemeldeten ausländischen Teilnehmer?

12.Gebühren in welcher Höhe wurden in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS von den Rundfunkteilnehmern eingehoben?

13.Auf die Einbringung von Mitteln in welcher Höhe musste die GIS aufgrund von Befreiungen in den einzelnen Jahren seit ihrem Bestehen verzichten?

14. Mittel in welcher Höhe wurden in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS von dieser an den ORF weitergeleitet?

15.Mittel in welcher Höhe wurden in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS von dieser an die Länder weitergeleitet?

16.Mittel in welcher Höhe wurden in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS von dieser an das BMF weitergeleitet?

17.Mittel in welcher Höhe wurden davon in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS für die Kosten der Verfahren der Berufungsbehörden dem BMF (§ 5 Abs. 4 erster Satz RGG) weitergeleitet?

18.Ist die Kann-Bestimmung des § 5 Abs. 4 RGG (3,25% der eingehobenen Be-träge) für die Abwicklung der durch Gesetz vorgegebenen Aufgaben der GIS ausreichend?

19.Welchen Beträgen entsprechen diese 3,25% in den einzelnen Jahren seit Be-stehen der GIS?

20.Musste die GIS in den einzelnen Jahren seit ihrem Bestehen diese Kann-Bestimmung ausschöpfen?

21. Wenn nein, in welchen Jahren wurde diese Bestimmung um welche Beträge unterschritten?


22.Wenn ja, auf welchen Prozentsatz müsste die Kann-Bestimmung des § 5 Abs. 4 RGG erhöht werden, um mit den Mitteln ein Auslangen zu finden?

23.§ 5 Abs. 5 RGG regelt unter anderem die Gewinnverteilung. In welchen Jah- ren wurde seit Bestehen der GIS durch diese ein Gewinn erwirtschaftet?

24.Wie hoch fielen diese Gewinne jeweils aus?

25.Mittel in welcher Höhe wurden als Gewinnausschüttung an welche Rechtsträ-ger rückerstattet?


26.§ 5 Abs. 5 RGG regelt unter anderem die Verlusttragung. In welchen Jahren wurde seit Bestehen der GIS durch diese ein Verlust erwirtschaftet?

27.     Wie hoch fielen dieser Verluste jeweils aus?

28.     Mittel in welcher Höhe wurden als Verlustabdeckung vom ORF getragen?

29.     Mittel in welcher Höhe sind in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS in-sgesamt bei dieser verblieben?

30.Mittel in welcher Höhe konnte die GIS in den einzelnen Jahren seit ihrem Be-stehen durch andere Geschäftsfelder als die durch Gesetz vorgegebenen Tä-tigkeitsfelder erwirtschaften?

31.Welche anderen Geschäftsfelder trugen zu diesen zusätzlichen Einnahmen bei?

32.Mittel in welcher Höhe wurden in den einzelnen Jahren seit Bestehen der GIS für Werbung bzw. Information verwendet?

33. Welche Kosten entstehen der GIS bei einer Anmeldung mittels Anmeldefor-mular?

34.Welche Kosten entstehen der GIS bei einer Online-Anmeldung?

35. Welche Kosten entstehen der GIS bei einer telefonischen Anmeldung?

36.Welche Kosten entstehen der GIS bei einer Anmeldung mittels Aufforderungs- schreiben und Antwort durch den Gebührenpflichtigen?

37. Welche Kosten entstehen der GIS bei einer Anmeldung durch einen Mitarbei-ter der GIS vor Ort?


38.Welche Kosten entstehen der GIS bei einer Befreiung von der Rundfunkge-ühr?

39.Wodurch werden diese Kosten abgedeckt?

40.Ist diese Kostenabdeckung ausreichend?

41.Wie oft wurden Bezirksverwaltungsbehörden von der GIS Gebühren Info Ser-vice GmbH seit deren Bestehen bei der Sachverhaltserhebung im Zusam-menhang mit Wohnungsbetretungen in Anspruch genommen?


a. Welche Bezirksverwaltungsbehörden wurden dabei in welchem Jahr wie oft herangezogen?

42.Wie oft wurden Strafbescheide nach § 7 RGG von Bezirksverwaltungsbehör-den seit Bestehen der GIS erlassen?

a. Welche Bezirksverwaltungsbehörden waren dabei wie oft in den einzel-nen Jahren tätig?

43.Ist Ihnen bewusst, dass das im RGG geregelte Betreterecht im Zuge der Amtshilfe durch die Bezirksverwaltungsbehörden auf einen falschen § im TKG verweist?

a. Was werden Sie dagegen tun?

44.Welche möglichen Maßnahmen umfasst das im § 86 Abs. 4 und 5 TKG gere-gelte Betreterecht durch die Bezirksverwaltungsbehörden:

a.   Öffnen von Schränken und Kästen?

b.   Wegziehen einer Abdeckung von einem fernsehähnlichen Gegenstand?

45.Besteht die Gefahr, dass die Bezirksverwaltungsbehörden bei Inanspruch-nahme durch die GIS in Anbetracht der vielen Rundfunkgebühren-verpflichteten Bürger in Österreich überfordert werden?

46. Wie schätzen Sie die oben aufgezeigte Gebührenumgehungsmöglichkeit ein? 47.Gibt es eine rechtliche Handhabe gegen ein solches Vorgehen?

48.Gibt es eine faktische Handhabe für die GIS ein solches Vorgehen zu verhin-dern?