366/J XXIII. GP

Eingelangt am 22.02.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Darmann, Bucher
Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend parteipolitisch motivierte Äußerungen in der Ortstafelfrage

Laut OTS-Meldung vom 12. Jänner 2007 antwortete die neue Justizministerin Dr. Berger im
Zusammenhang mit den zweisprachigen Ortstafeln die Frage „Muss man auf Haiders Pensio-
nierung warten, damit sich etwas ändert?“ mit dem Vorschlag „Oder ein Amtsenthebungsver-
fahren einleiten.“ Weiters behauptete sie: „Haider versucht unter Berufung auf die Volksmei-
nung den Verfassungsgerichtshof zu ignorieren. Das ist nicht Demokratie.“

Mit dem Vorschlag, den Landeshauptmann von Kärnten des Amtes zu entheben, hat die Jus-
tizministerin ihm - da dies Voraussetzung einer Amtsenthebung wäre - öffentlich eine
schuldhafte Rechtsverletzung unterstellt.

Wenn derart schwergewichtige Vorwürfe ausgerechnet von einer Justizministerin erhoben
werden erhalten sie für die Öffentlichkeit ein besonderes Gewicht. Man würde daher anneh-
men, dass solche Äußerungen nur nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage erfol-
gen. Dass dem nicht so war wurde für die Öffentlichkeit spätestens bei der ORF-Pressestunde
am 21. Jänner 2007 erkennbar, in der die neue Justizministerin auf die Frage nach der weite-
ren Vorgangsweise bei der von ihr angedachten Amtsenthebung des Landeshauptmannes von
Kärnten wörtlich sagte: „Wie Sie wissen wird jetzt ein Gutachten des Verfassungsdienstes
erstellt, dieses Gutachten liegt noch nicht vor, aber ich finde es gut, dass diese Frage geprüft
wird.“

Andererseits hat die Justizministerin durch die Aussagen „das heißt ja nicht, dass man von
den Möglichkeiten, die theoretisch bestehen, auch tatsächlich Gebrauch macht“ und „oberstes
Ziel muss natürlich sein, inhaltlich zu einer Lösung der Volksgruppenfrage zu kommen in
Zusammenarbeit mit den Volksgruppenvertretern“ sowie die Feststellung, der Herr Landes-
hauptmann von Kärnten habe „gestern in einem Kommentar durchaus sehr konstruktive Töne
angeschlagen“ ihre Ankündigung einer Amtsenthebung deutlich relativiert und Interesse an
einer Konsenslösung erkennen lassen.

Gleichzeitig signalisierte sie aber mit den Worten „ich selbst als Justizministerin sehe mich
natürlich in der Rolle, dass ich den Rechtsstaat verteidige“ weiterhin, dass dem Landeshaupt-
mann von Kärnten irgendein Fehlverhalten vorwerfbar wäre.

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesmi-
nisterin für Justiz folgende

Anfrage:

1. Sie haben dem Landeshauptmann von Kärnten im Zusammenhang mit den zweisprachi-
gen Ortstafeln durch den öffentlichen Hinweis auf die Möglichkeit eines Amtsenthe-
bungsverfahrens eine (für eine Amtsenthebung zwingend erforderliche) schuldhafte
Rechtsverletzung vorgeworfen; dies wirft folgende Fragen auf:


a.       Ist diese Äußerung unüberlegt gefallen?

b.       Wenn dies nicht der Fall ist: In welchen (damals bereits gesetzten) konkreten
Handlungen oder Unterlassungen des Kärntner Landeshauptmannes Dr. Jörg Hai-
der sehen Sie eine derartige Rechtsverletzung, zumal das Land Kärnten alle laut
Topographieverordnung vorgesehenen zweisprachigen Ortstafeln aufgestellt hat
und die Aufstellung von Ortschaftsbezeichnungen nicht in die Zuständigkeit des
Landes, sondern in die der jeweiligen Gemeinde fällt?

c.       Oder haben Sie - ebenso wie der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Dr.
Jabloner - in Form einer Vorverurteilung, die einer Justizministerin nicht würdig
ist, unterstellt, dass der Kärntner Landeshauptmann eine ihm möglicherweise
künftig erteilte Weisung nicht befolgen werde?

2.                            Wenn Sie dem Landeshauptmann von Kärnten keine konkreten Rechtsverletzungen
vorwerfen können: Wie rechtfertigen Sie, dass Sie als Justizministerin und (mit Ihren
Worten) Verteidigerin des Rechtsstaates derart schwerwiegende, aber nicht auf konkrete
Fakten gestützte Vorverurteilungen öffentlich und ohne substantielle Prüfung der Sach-
und Rechtslage (die ja offenbar erst später erfolgte) gegen einen demokratisch legiti-
mierten Landeshauptmann erheben?

3.                            Welche neuen Erkenntnisse führten in der Folge zur Relativierung Ihrer Ankündigung
im Rahmen der ORF-Pressestunde?

4.             Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das nun vorliegende Gutachten des Ver-
fassungsdienstes, das ja eine Weisungserteilung des Bundes an den Landeshauptmann
im Zusammenhang mit der Ortstafelfrage nur für den Fall überhaupt für allenfalls
denkmöglich erachtet, dass in einer in der Topographieverordnung genannte Ortschaft
überhaupt keine Ortstafel verordnet wird, obwohl dies auf Grund der Straßenverkehrs-
ordnung geboten wäre - vor allem im Hinblick darauf, dass das Land Kärnten die Ver-
pflichtung zur Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln ohnehin zur Gänze erfüllt hat?

5.                            Fürchten Sie nicht negative Auswirkung auf das Vertrauen in den Rechtsstaat, wenn Sie
als Justizministerin öffentlich derart zweifelhafte und unterschiedliche Aussagen täti-
gen?