3714/J XXIII. GP

Eingelangt am 04.03.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Zinggl, Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

 

betreffend die Vertragsgestaltung mit den Wiener Sängerknaben hinsichtlich des Augarten-Konzertkristalls

 

 

Auf dem von der Burghauptmannschaft verwalteten Parkareal des Augartens in Wien-Leopoldstadt soll ein umstrittenes Bauvorhaben realisiert werden. Es handelt sich dabei um eine Konzerthalle fur die Wiener Sängerknaben an der Ecke Castellezgasse/Obere Augartenstraße. Bisher wurde das Areal vom Wiener Filmarchiv genutzt und war im Rahmen von Veranstaltungen des Filmarchivs öffentlich zugänglich. Am 21. November 2006 fasste der Wiener Gemeinderat folgenden einstimmigen Beschluss: „Der Wiener Gemeinderat ersucht daher die Gebietsbetreuung Karmeliterviertel und Brigittenau, gemeinsam mit der MA 21 A Stadtteilplanung und Flachennutzung alle bisherigen erstellten Leitbilder, Bürgerbeteiligungen, Ergebnisse von Arbeitskreisen und dergleichen für das Parkschutzgebiet Augarten in ein gemeinsames Leitbild ‚Augarten‘ zusammenzustellen bzw. auszuarbeiten. Dieses Leitbild soll als Grundlage für weitere Umsetzungsprozesse (Bürgerbeteiligung) dienen. Davor muss jedoch eine Valorisierung unter Einbeziehung von AnrainerInnen, Interessensgruppen, den am Areal ansässigen Institutionen inklusive Grundeigentümer und deren Verwaltungen usw. erfolgen. Als ergänzende Grundlage ist die Erarbeitung eines Verkehrskonzeptes durchzuführen.“ Seit Sommer 2007 wird an diesem Leitbild für die zukünftige Entwicklung des stark genutzten Naherholungsraumes Augarten gearbeitet. Als am 10. Dezember 2007 bekannt wurde, dass sich Ihr Ministerium für die Unterzeichnung des Vertrages mit den Wiener Sängerknaben entschieden hatte, wurde die Entscheidung aus „wirtschaftlichen Gründen“ gerechtfertigt, obwohl der Leitbildprozess noch nicht abgeschlossen war und ein zweites kulturpolitisch interessantes, ausfinanziertes Projekt des Wiener Filmarchivs vorlag.

 

Diese Düpierung engagierter BürgerInnen, denen basisdemokratische Prozesse vorgegaukelt werden, während hinter den Kulissen autokratische Entscheidungen getroffen werden, wirft ein trübes Licht nicht nur auf die Kulturpolitik, sondern vor allem auf die politische Kultur im Land.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

1.      Welche „wirtschaftlichen Gründe“ waren ausschlaggebend dafür, den Augartenspitz den Wiener Sängerknaben zu überlassen?

 

2.      Welche wirtschaftlichen Vorteile, welchen wirtschaftlichen Nutzen versprechen Sie sich durch Ihren Vertragsabschluss mit den Wiener Sängerknaben?

 

3.      Inwieweit konnen Sie es politisch verantworten, dass über die Nutzung eines vorwiegend der Bevölkerung dienenden Erholungs- und Naturraumes allein auf der Basis wirtschaftlicher Kriterien entschieden wird?

 

4.      Ist der Verein Wiener Sängerknaben dazu verpflichtet, für die Nutzung des Augarten-Areals einen dieser umstrittenen, aber exquisiten Lage angemessenen Pachtzins zu entrichten?

 

5.      Wenn nein, warum nicht?

 

6.      Bleibt das vertragsgegenstandliche Grundstück im Eigentum des Bundes?

 

7.      Sollte sich das Grundstück noch im Eigentum des Bundes befinden, wird es dann jederzeit und auf immer öffentlich zugänglich sein?

 

8.      Wenn nein, warum nicht?

 

9.      Wie hoch sind die Einnahmen für die Bundesverwaltung, die sich aus dem Nutzungsvertrag mit dem Verein Wiener Sängerknaben ergeben?

 

10.    Aufgrund welcher Faktoren haben Sie Ihre Entscheidung, mit den Sängerknaben einen Vertrag abzuschließen, schon vor dem Ende des Leitbildprozesses getroffen?

 

11.    Wie stehen Sie zu BürgerInnenbeteiligungsverfahren allgemein?

 

12.    Vor kurzem wurde das sogenannte Gesindehaus, an dessen Stelle die Konzerthalle entstehen soll, renoviert, da es unter Denkmalschutz steht. Halten Sie es für wirtschaftlich vernünftig, zuerst Steuergelder in die Sanierung von denkmalgeschützten Objekten fließen und sie nach kurzer Zeit abreißen zu lassen?