374/J XXIII. GP

Eingelangt am 27.02.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Scheibner
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend unverständliche Vorgänge rund um einen angekündigte Überfall auf eine Tiroler
Schülerin

Eine 13-jährige österreichische Schülerin war in Innsbruck mit einem türkischstämmigen
Jungen befreundet und beendete diese Beziehung Anfang Dezember 2006. Daraufhin wurde
sie von ihm und einem seiner Freunde mehrfach mit einer schweren Verunstaltung und dem
Tod bedroht. Am 13. Dezember bedrohte der Ex-Freund die Schülerin konkret nochmals für
denselben Nachmittag („Heute bist du dran, heute machen wir dich alle, heute wirst du ster-
ben."). Die Schülerin wendete sich an die Schulleitung, die Polizei wurde von der konkreten
Drohung informiert und postierte vor Schulende Beamte vor der Schule.

Die Schülerin wurde dennoch praktisch vor den Augen der Polizei auf dem Weg von der
Schule nach Hause von Mitschülern, die ihr direkt aus der Schule nachliefen, abgepasst und in
der Folge von ca. 40 johlenden Burschen und Mädchen türkischer bzw. serbischer Herkunft -
darunter seinem Ex-Freund - gedemütigt, misshandelt und unter weiteren Drohungen („Wenn
du zurückschlägst und dich wehrst, gehen wir alle auf dich los und legen dich um.“) in Anwe-
senheit ihrer wehrlosen besten Freundin krankenhausreif geprügelt. Die Prügelei wurde von
den Tätern mit Handies fotografiert und gefilmt. Eine am Tatort mehrfach vorbeifahrende
Polizeistreife leistete dem Mädchen keine Hilfe. Das Mädchen wurde schließlich nur gerettet,
weil ein ebenfalls vorbeifahrender Sanitäter des Roten Kreuzes ihm geschickt und umsichtig
zu Hilfe kam.

Die Drohungen hatten damit nicht ihr Ende: Schulfreunde des Mädchens erfuhren - die Kom-
munikation der Täter erfolgte vor und nach der Tat via e-Mail -, dass schon für wenige Tage
später eine weitere Attacke auf die Schülerin geplant wurde. Die Schülerin hielt sich darauf-
hin verständlicherweise längere Zeit versteckt und wechselte in der Folge die Schule.

Leider wurden die Ermittlungen in dieser Straftat entgegen dem Ersuchen der BZÖ-Bürger-
anwältin Dr. Partik-Pabl
é nicht einer anderen Polizeiinspektion übertragen als der, die den
Schutz der Schülerin verabsäumt hatte. Damit hätte man jeden Verdacht, das eigene Fehlver-
halten der Polizei könnte ihre weitere Tätigkeit beeinflussen, vermeiden können. Die Ermitt-
lungen laufen - soweit bekannt - dementsprechend wenig erfreulich:

               Die Einvernahme des Opfers erfolgte ausgerechnet durch den Polizeibeamten, der mehr-
fach im Streifenwagen am Tatort vorbeifuhr; sie dauerte fünf Stunden; eine psychologi-
sche Betreuung war von der Polizei nicht vorgesehen.

               Die Täter (zumindest 15 von ihnen sollen namentlich bekannt gewesen sein) wurden -
obwohl der Vater des Opfers die Polizei noch am selben Nachmittag informierte - erst
Tage später erstmals einvernommen, eine rechtzeitige Sicherstellung der elektronischen
Post bzw. der Handyfotos erfolgte nicht.

                Dem körperlich und psychisch schwer geschädigten Opfer wurden seitens der Polizei
keine Opferhilfemaßnahmen und insbesondere keine psychologische Hilfe zuteil.

                Die Schülerin musste sich in der Folge verstecken und die Schule wechseln, ein Perso-
nenschutz seitens der Polizei erfolgte nicht.

                Der Vater des Opfers (Rechtsanwalt) fragte in der Schule in Anwesenheit der Schuldi-
rektorin den Ex-Freund der Tochter lediglich (unter Vorzeigen der Geste), ob er dem
Mädchen tatsächlich mit dem Finger quer über die Kehle fahrend mit dem Tod gedroht
habe. Daraufhin wurde er vom Ex-Freund der Tochter wegen gefährlicher Drohung an-
gezeigt. Obwohl schon die Direktorin die Anschuldigungen schon bei der Entgegen-
nahme der Anzeige in der Schule bestritt, hatte diese sofortige Ermittlungen der Polizei
gegen den Vater zur Folge. Ermittlungen wegen der viel wahrscheinlicheren Verleum-
dung des Vaters erfolgten bislang nicht.

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundes-
minister für Inneres folgende

Anfrage:

1.   Wieviele Personen waren nach derzeitigem Stand der Ermittlungen in den Überfalls auf
die Schülerin L. Z. am 13. Dezember 2006 in Innsbruck verwickelt?

2.                           Wieviele mutmaßliche Täter waren schon aus der Information des Vaters des Opfers,
aus ersten Einvernahme des Opfers bzw. aus der seiner Freundin als Zeugin jeweils ab
welchem Zeitpunkt namentlich bekannt?

3.                           Wann erfolgte der Überfall genau und wann wurden das Opfer, seine Freundin als Zeu-
gin und die mutmaßlichen Täter jeweils erstmals einvernommen?

4.                           Ist es richtig, dass sich die mutmaßlichen Täter — soweit sie schon namentlich bekannt
sind - aus mehreren Stadtteilen Innsbrucks zur Tat zusammengerottet haben und die
Verabredung dazu mittels e-Mail trafen?

5.                           Seit wann war dieses Faktum der Polizei bekannt?

6.                           Wann wurden welche Maßnahmen gesetzt, um den e-Mail-Verkehr der mutmaßlichen
Täter bzw. die Fotos der Tat sicherzustellen?

7.                           Waren die Maßnahmen erfolgreich?

8.                           Ist es richtig, dass das hohe Gewaltpotential in der vom Opfer besuchten Hauptschule
amtsbekannt ist?

9.                           Ist es richtig, dass mehrere der mutmaßlichen Täter bereits als Gewalttäter amtsbekannt
sind?

10.                    Wegen welcher Delikte wurden sie bisher rechtskräftig verurteilt?

11.                    Welchen Nationalitäten gehören die mutmaßlichen Täter jeweils an?

12.                    Wenn sie Ausländer sind: Wie ist ihr aufenthaltsrechtlicher Status jeweils? Welche
fremdenpolizeilichen Maßnahmen wurden bisher gesetzt bzw. eingeleitet?

13.                    Sind die zum Schutz der Schülerin zur Schule abkommandierten Polizeibeamten ident
mit denen, die im Streifenwagen am Tatort vorbeifuhren ohne einzugreifen?

14.                    Sind die vor der Schule postierten Polizeibeamten bzw. die im Streifenwagen den Tatort
passierenden ident mit den in dieser Straftat ermittelnden Beamten?

15.                     Ist es insbesondere richtig, dass der Polizist, der im Streifenwagen mehrfach den Tatort
passierte ohne einzugreifen, das von ihm im Stich gelassene Opfer einvernommen hat?

16.                     Ist die Polizeiinspektion, die in dieser Straftat ermittelt, mit der ident, deren Beamte
zum Schutz der Schülerin zur Schule geschickt wurden bzw. im Streifenwagen den Tat-
ort passierten?

17.                     Welche Erklärung gibt es dafür, dass die vor der Schule postierten Polizisten nicht ver-
hinderten, dass einige der mutmaßlichen Täter der Schülerin folgten?

18.                     Warum sind sie nicht selbst der Schülerin nach Hause gefolgt?

19.                     Welche Erklärung gibt es dafür, dass zwar ein Sanitäter der Roten Kreuzes die Gefahr
offenbar deutlich erkennen konnte, die in derartigen Situationen wohl versierteren Poli-
zeibeamten im Streifenwagen aber nicht?

20.                     Wäre es nicht sowohl zur besseren Aufklärung dieses Fehlverhaltens, sondern auch weil
ein „Herunterspielen" der Tat aus Eigeninteresse nicht auszuschließen ist besser, eine
andere Dienststelle mit den Ermittlungen zu betrauen?

21.                     In welcher Weise wird intern geprüft, ob es ein Fehlverhalten der bei der Tat anwesen-
den bzw. davon informierten Polizisten gab?

22.                     Welche Angebote wurden dem Opfer seitens der Polizei zu seiner psychologischen
Betreuung und zu seinem Schutz nach der Tat gemacht?

23.                     Welche Maßnahmen des Personenschutzes werden dem Opfer seit der Tat gewährt?

24.                     Wieviele derartige Übergriffe von Gruppen ausländischer bzw. ausländischstämmiger
Täter gab es in den letzten Jahren im Schulbereich jeweils?

25.                     Ist eine steigende Tendenz derartiger Gewalttaten erkennbar?

26.                     Ist es richtig, dass in der Folge weitere gleichartige Straftaten in Tirol geschehen sind?

27.                     Wie wird verhindert, dass ein derart fehlgeschlagener Schutz durch die Polizei in ande-
ren Fällen künftig nochmals passiert?

28.                     Wie würde die Polizei in einem gleichartigen Fall in Zukunft richtig vorgehen?

29.                     Ist es richtig, dass eine Anzeige des Ex-Freundes des Opfers gegen den Vater des Mäd-
chens wegen einer angeblichen Bedrohung nicht nur aufgenommen, sondern sogar wei-
terverfolgt wurde, obwohl die bei der angeblichen Drohung wie auch bei der Anzeigen-
aufnahme anwesende Schuldirektorin die Drohung vehement bestritt?

30.                     Ist es richtig, dass hingegen die Polizei wegen des sich aufdrängenden Verleumdungs-
verdachts nicht von sich aus gegen den Ex-Freund des Opfers ermittelt?