3780/J XXIII. GP
Eingelangt am 07.03.2008
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Franz Riepl und GenossInnen
an den Bundesminister für Inneres
Günther Platter
betreffend das drohende Sicherheitsvakuum in Ottakring und Hernals während der Zeit der Fußball-EM 2008
„Mehr Schutz für Ihr Eigentum!" Das forciert Bundesminister Hahn in einem Inserat der Wiener ÖVP. Weiters ist dort zu lesen: Zu viele Kriminalitätsdelikte in Wien - das muss sich ändern! Hahns Lösungsvorschlag: Die Einführung einer Stadtwache. Hahns Vertrauen in seinen Parteifreund - Innenminister Günther Platter - dürfte (wohl auch wegen der jüngsten Skandale im BMI) gegen Null tendieren. Anders ist der verzweifelte Ruf nach einem zusätzlichen Wachkörper für die Bundeshauptstadt wohl nicht zu interpretieren.
Doch nicht nur ÖVP-Minister Hahn scheint sein Vertrauen in die Arbeit des Innenministers verloren zu haben, auch der überwiegende Teil der Wiener Bevölkerung fühlt sich nicht mehr ausreichend beschützt. So ergab eine jüngst in Zusammenarbeit von Polizei und der Hernalser Bezirksvorstehung durchgeführte Umfrage, dass 56 Prozent der Hernalser die Polizeipräsenz in ihrem Bezirk als nicht bzw. kaum ausreichend empfinden. Dieses subjektive Unsicherheitsgefühl hat allerdings objektive Gründe: Durch die Reduktion von rund 700 Polizei-Planstellen in Wien seit dem Jahr 2000 wurde die Präsenz der Sicherheitskräfte auf der Straße mit Sicherheit nicht gesteigert. Zunehmende Kriminalität, Einsparungen beim Personal und negative Auswirkungen der letzten Reform (Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie) sorgen für eine massive Demotivation innerhalb der Exekutive, insbesondere beim Kriminaldienst.
Besonders Besorgnis erregend ist diese Entwicklung nun im Lichte der bevorstehenden Fußball-EM. Weil zu befürchten ist, dass die ohnehin chronisch unterbesetzten Polizeikräfte in Wien für die Zeit der EM auf die sog. „Hot Spots" wie Innenstadt, Public viewing und Happel-Stadion konzentriert werden, droht den von der EM nicht unmittelbar betroffenen Stadtteilen Wiens ein gefährliches Sicherheitsvakuum. Ganz besonders prekär könnte die Lage in den Bezirken Ottakring und Hernals werden. In Ottakring leben derzeit rund 11.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien - viele davon betreiben entlang der Ottakringer Straße (sowohl auf der Seite des 17. als auch auf der Seite des 16. Bezirks) Cafehäuser und Gaststätten. Aus ethnischer Sicht handelt es sich - bedingt durch das Aufeinandertreffen von mehreren (sich oft nicht gerade freundschaftlich gegenüber stehenden) Nationalitäten - also um eine höchst sensible Zone. Zuletzt hat man bei den großen Serben-Demonstrationen gegen die Abspaltung des Kosovo gesehen, dass diese Gegend binnen Minuten zu einem „Schlachtfeld" mutieren kann. Für die dort und in der Umgebung lebende Bevölkerung ein absolut unhaltbarer Zustand. Leider ist zu befürchten, dass die Fußball-EM die Lage in der Ottakringer Straße einerseits weiter verschärfen wird, andererseits die Polizeipräsenz aus oben genannten Gründen für einige Wochen weiter sinken wird.
Ein erstes Indiz dafür ist die Entwicklung im Wilhelminenspital (ein Schwerpunkt- Krankenhaus der EM), das für die Zeit der Großveranstaltung einen eigenen (zivilen) Wachdienst engagieren muss, weil sich die vor Ort befindliche Polizeiinspektion (wie die Verantwortlichen des Spitals berichten) während der EM nicht in der Lage sieht, bei Bedarf zusätzliches Personal für die Aufrechterhaltung der Sicherheit im Spital zur Verfügung zu stellen. Ottakring und Hernals droht also während der EM ein gefährliches Sicherheitsvakuum. Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an den Innenminister nachfolgende
Anfrage:
1.) Wie viele systemisierte Polizei-Planstellen gibt es derzeit für die Wiener Bezirke Ottakring, Hernals, Währing und Döbling (aufgegliedert nach Bezirken)?
2.) Wie viele dieser systemisierten Planstellen sind derzeit auch tatsächlich besetzt (aufgegliedert nach Bezirken)?
3.) Gibt es für die Zeit der Fußball-EM für die sensible Gegend der Ottakringer Straße ein spezielles Sicherheitskonzept?
4.) Wenn ja, sieht dieses eine signifikante Aufstockung der Polizeikräfte vor?
5.) Wenn nein, warum nicht?
6.) Durch welche Maßnahmen seitens Ihres Ministeriums wird sichergestellt, dass der Regeldienst im Kriminalkommissariat West und den Polizeiinspektionen in den Bezirken Ottakring, Hernals, Währing und Döbling vollumfänglich aufrecht erhalten werden kann?
7.) Sind für den Einsatz während der Fußball-EM für die Einsatzeinheiten der Sicherheitswache aus den Bundesländern, die nach Wien kommen, ausreichend geeignete Schlafstellen vorhanden?
8.) Sind für den Einsatz während der Fußball-EM für die Ordnungsdiensteinheiten der Sicherheitswache aus den Bundesländern, die nach Wien kommen, ausreichend geeignete Schlafstellen vorhanden?
9.) Ist es richtig, dass das Wilhelminenspital (als Schwerpunkt-Krankenhaus während der EM täglich mit unzähligen alkoholisierten Fans beschäftigt) für die Zeit der Fußball-EM einen privaten (zivilen) Wachdienst engagieren muss, weil die vor Ort befindliche Polizeiinspektion während dieser Zeit kein zusätzliches Personal für die Aufrechterhaltung der Sicherheit im Spital bereit stellen kann?
10.) Teilen Sie die Einschätzung Ihres ÖVP-Parteifreundes, Bundesminister Hahn, wonach aufgrund des Anstiegs von Kriminalitätsdelikten in Wien eine eigene Stadtwache eingeführt werden sollte?