38/J XXIII. GP
Eingelangt am 02.11.2006
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Mag. Werner Kogler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Teilnahme von Vertretern der Bauindustrie an bilateralen Verkehrsministertreffen
Offenbar ist es in letzter Zeit üblich geworden, dass bei bilateralen Ministertreffen des Verkehrsministers mit seinen – insbesondere "östlichen" – Amtskollegen VertreterInnen von Baukonzernen, insbesondere solche der im Raiffeisen-Teilbesitz stehenden Strabag, direkt mit am Tisch sitzen.
Bereits in den letzten Tagen gab es mehrfach Medienberichte über Verbindungen zwischen BZÖ und Bauindustrie, über die Tatsache hinaus, dass der nunmehrige Strabag-Konzernsprecher zuvor Kabinettchef bei Verkehrsminister Vizekanzler Gorbach war. So wurde über einen extrem branchenunüblich hoch dotierten Auftrag der Strabag für ein "PR-Konzept zur Vorbereitung: Einführung der LKW-Maut in Tschechien, Slowakei und Ungarn" an die diesbezüglich bisher nicht fachlich ausgewiesene BZÖ-PR-Agentur "orange werbeagentur gmbH" berichtet. Geschäftsführer der Agentur ist BZÖ-Bundesgeschäftsführer Arno Eccher. In den Medienberichten war vom Verdacht auf BZÖ-Parteienfinanzierung die Rede.
Die Mitwirkung von Strabag-Vertretern bei Ministertreffen wirft nun ein zusätzliches Licht auf diese Querverbindungen zwischen BZÖ und höchsten BZÖ-Vertretern einerseits und einzelnen Unternehmen in Nutznießerfunktion gegenüber dem BMVIT, sei es direkt oder - zB über die ASFINAG - indirekt. So könnte die ASFINAG, wo mittlerweile Gorbach-Vorgänger Reichhold einen üppig dotierten Vorstandsvertrag genießt, künftig bei Infrastrukturneubauten als Consulter Ausschreibungen für Aufträge schneidern, um die sich Baukonzerne wie die Strabag nachher bewerben.
Bislang wurden derart offenkundige Interessenskonflikte wie etwa in Italien, wo Tunnelbauunternehmer als Verkehrsminister für gewinnbringende Großprojekte und Großaufträge für die eigene Branche und das eigene in der Zwischenzeit im Familienbesitz übergebene Unternehmen sorgten, in Österreich doch überwiegend negativ bewertet. Allerdings hat sich der nunmehrige ASFINAG-Vorstand Mathias Reichhold in seiner Zeit als Verkehrminister bereits in diese Kreise begeben und u.a. mit halbprivaten Unternehmungen mit dem damaligen italienischen Verkehrsminister und nunmehrigen Wiedereinsteiger ins Tunnelbaugeschäft sowie Gesprächsrunden mit italienischen Interessenvertretern – sozusagen "auf Augenhöhe" - die österreichische Anti-Transit-Politik mehrfach schwer geschädigt und sich mehr für die Interessen der Frächter- und der Baulobby engagiert.
Es ist jedoch mit Sicherheit nicht im Interesse der österreichischen AutofahrerInnen und der steuerzahlenden Allgemeinheit, wenn derartige preissteigernde und jeder ernsthaften "Corporate Social Responsibility" zuwiderlaufende Praktiken im Zusammenhang mit öffentlichen bzw. aus Mauteinnahmen zu bedeckenden Bauvorhaben auch in Österreich Einzug halten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Bei welchen seit 2000 abgeführten bilateralen Treffen der jeweiligen Verkehrsminister und/oder ihrer Staatssekretäre mit Verkehrsministern und/oder Staatssekretären anderer Staaten - in Österreich und in den entsprechenden Staaten - waren VertreterInnen a) der Strabag, b) anderer Tiefbauunternehmen anwesend? Wir ersuchen um Beantwortung im einzelnen je Treffen unter Angabe von Datum und Ort des Treffens, Nennung der anwesenden PolitikerInnen sowie Nennung der VertreterInnen der Bauwirtschaft.
2. Welchen Zweck hatte die Mitwirkung der VertreterInnen der Bauwirtschaft an Ministertreffen?
3. Welche Rolle spielte Ihr früherer, nun bei der Strabag tätiger Kabinettschef in diesem Zusammenhang?
4. Wie können Sie die neuerliche einseitige Begünstigung eines Unternehmens im Rahmen der Ausübung Ihrer Amtsgeschäfte rechtfertigen?
5. Sind Ihnen Pläne bekannt, die ASFINAG als Ausschreibungs-Consulter für Infrastrukturvorhaben zu positionieren, an denen die Strabag Interesse hat?
6. Können Sie hier Interessenskonflikte ausschließen, die sich zB aus der Tätigkeit von BZÖ-Parteigängern an mehreren Schlüsselstellen dieser Konstruktion ergeben könnten?
7. Was hat Ihr Vertreter im ASFINAG-Aufsichtsrat in dieser Angelegenheit wann im einzelnen unternommen?
8. Welche Konsequenzen haben Sie aus Berichten gezogen, wonach seitens der Strabag etwa in Ungarn im Umfeld eines Autobahnprojekts über eine Beraterfirma beträchtliche Zahlungen an parteinahe Einrichtungen erfolgt sind, gemäß "internationalem Usus" und auf Wunsch von Strabag-Boss Haselsteiner?
9. Was a) haben Sie dazu beigetragen, b) werden Sie dazu beitragen, dass im Zusammenhang mit Aufträgen, die von Unternehmen in Ihrem Einflussbereich wie konkret ASFINAG oder ÖBB an Bauunternehmen vergeben werden, die in zivilisierten Branchen üblichen Grundsätze der Corporate Social Responsibility eingehalten werden?
10. Können Sie ausschließen, dass es im Zusammenhang mit dem in krass marktunüblicher Höhe dotierten Auftrag der Strabag für ein "PR-Konzept zur Vorbereitung: Einführung der LKW-Maut in Tschechien, Slowakei und Ungarn" an die diesbezüglich bisher nicht fachlich ausgewiesene BZÖ-PR-Agentur "orange werbeagentur gmbH" zu Geldflüssen an das BZÖ gekommen ist?