3905/J XXIII. GP

Eingelangt am 14.03.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend Immobilien der Pensionsversicherungsträger (I)

 

In den letzten Jahren  haben – bedingt durch politische Vorgaben, Zusammenlegungen, aber auch die finanzielle Situation mancher Sozialversicherungsträger -  einzelne Träger in ihrem Immobilienbestand bedeutende Veränderungen vorgenommen.

Der bedeutendste Zusammenschluss in Ihrem Aufsichtsbereich war die Fusion der Pensionsversicherung der Arbeiter mit jener der Angestellten zur neuen Pensionsversicherungsanstalt. Die Fusion, die auch in einem Bericht des Rechnungshofes untersucht wurde, zeitigte einige erstaunliche bzw. verwunderliche Ergebnisse bezüglich der Immobilien:

 

·        Einige der von der PVA als künftige Standorte festgelegten Objekte erwiesen sich als ungeeignet, was zur Folge hatte, dass binnen kurzer Zeit neue Objekte besiedelt werden mussten.

·        Der Flächenbedarf der fusionierten PVA war 2005 beträchtlich höher (114.300 m2) als vor der Fusion (98.170 m2). Nach Darstellung des Rechnungshofes werden es im Endeffekt allerdings nicht 16.000 m2, sondern rund 5.000 m2 Unterschied sein.

·        Die meisten der neuen Standorte wurden teuer und mit langfristigen Verbindlichkeiten (Kündigungsverzicht) angemietet, obwohl in der Regel der Erwerb von Eigentum oder der Ausbau von bestehenden Standorten kostengünstiger gewesen wäre. Die PVA erklärte, dass sie mit der Anmietung einem ausdrücklichen Wunsch der Aufsichtsbehörden entsprochen hätte, was für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar war.

·        Die Tiroler Landesstelle in Innsbruck wurde zunächst (ab 1.11.2002) an einem Standort („Innova-Park“) am Stadtrand von Innsbruck mit hohen Mietkosten eingemietet  und für Röntgen und  Labor  umgebaut  (Kosten von € 621.051), obwohl sich sehr rasch herausstellte, dass der Standort ungeeignet  war. 2008 übersiedelt die PVA Tirol deshalb an einen Standort ins Zentrum, für den  – mangels Bedarf – weder Röntgen noch Labor  vorgesehen ist. Allerdings kommt es am neuen Standort, der neben der GKK liegt, zu einer Zusammenarbeit  hinsichtlich Labor und Röntgen mit der GKK. Auch eine Verlegung von AUVA und weiteren SV- Trägern an diesen Standort ist möglich.

·        In Kärnten wurde bei der Auswahl des Standortes ein Angebot der Kärntner GKK  auf einen Zubau offensichtlich bewusst übergangen und stattdessen ein sehr teures eigenes Objekt angemietet und mit eigener Röntgenstraße und Labor ausgestattet, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt kaum Röntgen- und Laboruntersuchungen durchgeführt worden waren.

·        Für Niederösterreich  wurde hingegen unter Berufung auf wesentliche Synergien mit der NÖ GKK die Anmietung eines Objekts zu einem Zeitpunkt (19.11.2002) beschlossen, wo weder „eine Bau- und Aus-stattungsbeschreibung noch eine Baugenehmigung vorlag“.

·        In Salzburg  spielten die möglichen Synergieeffekte  wiederum höchstens eine negative Rolle. Obwohl es schon im März 2002 eine Empfehlung des Hauptverbandes bzw. des Baumeisters der PVAng für eine Kooperation mit der Salzburger GKK (Bau eines neuen Verwaltungszentrums beim Hauptbahnhof) gegeben hatte, entschied sich der Überleitungsausschuss der PVA zunächst für den Standort der ehemaligen Landesstelle der PVArb und ein Jahr später für die Anmietung eines neuen Objekts. Die möglichen Synergieeffekte waren für die PVA geradezu ein Ausschließungsgrund!

·        Für das Burgenland wurde von der PVA ebenfalls gegen eine angebotene Zusammenarbeit mit der GKK entschieden und dies im  Oktober 2002 der GKK mitgeteilt, „obwohl die Pensionsversicherungsanstalt (wie von ihr behauptet) kein Angebot erhalten“ (Einschau BMSG) haben will!  Stattdessen wurde einem anderen Projektanten im  Mai 2002 von der PVA zunächst eine Zusage erteilt, ein Jahr später aber ein neues, sehr teures Objekt  ausgewählt, für das ein Kündigungsverzicht von 15 Jahren vereinbart wurde. Der abgelehnte Projektant klagte daraufhin auf Schadensersatz von € 444.000. Das Verfahren war Ende April 2007 noch nicht abgeschlossen.

·        Für Wien hat die PVA  Aufträge im Wert von 3,8 Mio € zur Modernisierung von Großraumbüros ohne Ausschreibung vergeben. Aufträge über Umbauten und eine Machbarkeitsstudie für eine Aufstockung des PVA- Standortes in der Hillegeist-Strasse wurden ebenfalls ohne Ausschreibung an jenes Architektenbüro vergeben, das bereits Ende der 70er Jahre  bei der Errichtung des Gebäudes tätig war. Die PVA gestand die „irrtümliche Unterlassung“ der Ausschreibungen ein, stellte der Rechnungshof ernüchtert fest. Und weiter? Obwohl das Gebäude damals größer als notwendig geplant und gebaut worden war, beschloss die PVA 2005 den Ankauf eines Bürogebäudes am Nachbargrundstück. Die Kosten liegen mit 40 Mio € und 2.6 Mio € für die Adaptierung angeblich weit unter den mit 65 Mio € geschätzten Kosten für die Aufstockung des bestehenden Gebäudes. Von  weiterem Interesse ist der Verkauf  des Gebäudes der (alten) PVArb im Jahr 2006: in einem bemerkenswerten Bieterverfahren  wurde trotz  eines Bestangebots  von B  nach  Ende der Anbotsfrist (12.5.06) ein nachgebessertes Angebot  von R  zugelassen  und dieser Bieter zu einem Versteigerungsverfahren eingeladen, bei dem nur dieser Bieter ein Angebot legte. Obwohl  die Einladung zu dieser Versteigerung, die eigentlich keine war, „mit der unabdingbaren Aufforderung verbunden“ war, „eine Schad- und Klagloserklärung hinsichtlich sämtlicher Ansprüche – aus welchem Rechtsgrund auch immer – abzugeben, die gegenüber der PVA aufgrund der Zulassung dieses Bieters zum Versteigerungsverfahren geltend gemacht werden“ (Bericht der PVA),  hat letztlich    die  PVA  die Kosten  einer  Abschlagszahlung   in  der  Höhe   von € 100.000 übernommen, die dem unterlegenen Bestbieter B gegen Klagsverzicht bezahlt wurden. In einem Schreiben der PVA wird dazu angemerkt, dass Bieter R bereit (!) sei, die Abschlagszahlung zu übernehmen, wobei die Zahlung offiziell durch die PVA erfolgen soll und ein Ausgleich im Innenverhältnis stattfindet!  Noch skurriler ist die Begründung für das Angebot durch R: „In diesem Angebot hat der Bieter darauf hingewiesen, dass ein Erwerb durch ihn in einem hohen Ausmaß dem öffentlichen Interesse der Stadt Wien entsprechen dürfte, da geplant ist, das Gebäude nach Auszug der PVA an das österreichische Bundesheer zu vermieten“. Eine öffentliche Körperschaft verkauft einen Immobilie an einen Privaten, der erklärt, dies sei im öffentlichen Interesse, weil er diese Immobilie an eine öffentliche Körperschaft weiterverkaufen wolle!

 

Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei der Suche nach  bzw. dem Verkauf von Immobilien im Zusammenhang mit der Einrichtung von neuen Landesstellen der PVA etliche Merkwürdigkeiten festzustellen sind, die von den verschiedenen Kontrollinstanzen (Rechnungshof, Kontrollausschuss der PVA bzw. des Überleitungskontrollausschusses), Sonderprüfung bzw. Einschau des BM) wegen der unterschiedlichen Kontrollzeiträume und wahrheitswidriger Aussagen auch nur teilweise bemerkt bzw. entdeckt werden konnten. Chancen auf räumliche Konzentration von Sozialversicherungsträgern wurden in mehreren Fällen abgelehnt bzw. geradezu  vorsätzlich verhindert.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

1). Haben Sie seit Ihrem Amtsantritt eine Prüfung bei einem Sozialversicherungsträger, der Ihrer Aufsicht unterliegt, veranlasst? Wenn ja, bei welchem und mit welchen Ergebnissen (bitte im Detail)?

 

2). Wann wurden von Ihren Amtsvorgängern Sonderprüfungen bzw. Einschauberichte bei der PVA (seit dem Fusionsbeschluss) veranlasst und mit welchen Ergebnissen (bitte im Detail)?

 

3). Bei welchen Anmietungen  von Immobilien durch die PVA ist es seit dem Jahr 2002 zu

a) Rechtsstreitigkeiten und /oder

b) Abschlagszahlungen gekommen?

 

4).  Welche Kosten sind der PVA daraus entstanden (bitte inkl. Anwaltskosten)?

 

5). Bei welchen Immobilienerwerben oder –verkäufen der PVA ist es seit dem Jahr 2002 zu

a)     Rechtsstreitigkeiten und /oder

b)     Abschlagszahlungen / Schadenersatzleistungen o. ähnlichem gekommen?

 

6). Bei welchen Anmietungen von Immobilien durch die PVA  seit dem Jahr 2002 wurden langfristige  Verbindlichkeiten bezügl. Kündigungsfrist (mehr als 10 Jahre) eingegangen (bitte um detaillierte Aufgliederung)?

 

7). Bei welchen An- oder Abmietungen von Immobilien durch die PVA seit dem Jahr 2002 ist es zu

a)     Rechtsstreitigkeiten und /oder

b)     Abschlagszahlungen / Schadenersatzleistungen o. ähnlichem gekommen?

 

8). Wurden tatsächlich schon am 22. April 2002 die Standorte für Burgenland, Kärnten, Tirol und Vorarlberg rechtsverbindlich beschlossen und mit Schreiben vom 3. Mai 2002 die Angebotsleger verständigt, dass deren Angebot angenommen wird?

 

9). Hat die  PVA tatsächlich erst am 5. September 2002  vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger, der in solchen Fällen den Bedarf überprüfen bzw. zustimmen muss, eine Prüfung beantragt?

 

10). Wann wurde von der PVA (bzw. dem Überleitungsausschuss) die Entscheidung getroffen, für diese Standorte (exkl. Vorarlberg)  bzw. Niederösterreich Objekte anzumieten und nicht selbst zu errichten bzw. kaufen?

 

11).  Gab es vonseiten der Aufsichtsbehörden tatsächlich den deklarierten Wunsch, dass die neuen Standorte angemietet werden?

 

12). Bei welchen neu anzumietenden Standorten fand  eine öffentliche Ausschreibung bzw. ein Wettbewerbsverfahren statt und welche Bieter beteiligten sich jeweils?

 

13).  Wurde tatsächlich der Raumbedarf für die neuen Standorte am 22. April 2002 beschlossen, also zu dem Zeitpunkt, wo bereits die gleichen Gremien die Zielobjekte beschlossen haben?

 

14). Wann wurde der (vorläufig) endgültige Raumbedarf ermittelt bzw. fixiert und inwiefern unterschied er sich von dem am 22. April 2002 beschlossenen?

 

15). Wann und warum wurde für Vorarlberg  der Ankauf eines Objekts beschlossen?

 

16). Wurden für Vorarlberg (Dornbirn) auch geeignete Mietobjekte gesucht bzw. angeboten?

 

17).  Bekannt ist, dass an einzelnen Standorten  andere Sozialversicherungsträger (namentlich Gebietskrankenkassen) der PVA Zusammenarbeit bzw. konkrete räumliche Vorschläge angeboten haben: für Kärnten, Burgenland und Salzburg lagen derartige Anbote vor. Wann wurden diese Angebote an die PVA gerichtet und wann wurden diese Angebote von der PVA beantwortet resp. abgelehnt?

 

18). Ist es richtig, dass auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger großes Interesse an einer engen, räumlichen Kooperation der PVA mit anderen Sozialversicherungsträgern hatte und wodurch hat der HV sein Interesse gegenüber der PVA erklärt?

 

19).  Wann und warum wurde für Salzburg der Ausbau bzw. die Renovierung der ehemaligen Landesstelle der PVArb beschlossen?

 

20).  Wann  und warum beschloss die PVA den Verzicht auf die Renovierung bzw. die Anmietung von neuen Räumlichkeiten in Salzburg?

 

21). Welche Planungs- bzw. Renovierungskosten für den Standort der PVArb Salzburg waren bis zu diesem Zeitpunkt angefallen?

 

22).  Wann, zu welchem Preis  und an wen wurden die alten Räumlicheiten von PVAng und PVArb in Salzburg verkauft?

 

23). Welche Immobilien insgesamt wurden von der PVA seit dem Fusionsbeschluss verkauft:

a)     zu welchem Preis (gesamt bzw. per m2),

b)     an wen und

c)      wann?

 

24). Welche Immobilien wurden seit dem Fusionsbeschluss von der PVA angekauft:

a)     zu welchem Preis ( gesamt bzw. per m2),

b)     von wem und

c)      wann?

 

25). Welche Immobilien wurden seit dem Fusionsbeschluss von der PVA angemietet:

a)     zu welchem Preis (gesamt bzw. per m2  Netto-Hauptmietzins)

b)     von wem und

c)      wann?

 

26).  Bei welchen Immobilien wurde seit dem Fusionsbeschluss das Mietverhältnis beendet und sind aus der Beendigung Kosten erwachsen? Wenn ja, welche?

 

27). An welchen Standorten der PVA wurden seit der Einschau des Rechnungshofes (vgl. RH-Bericht 2007/8) neue Immobilien angemietet bzw. ist Übersiedlung geplant?

 

28). Der Generaldirektor der PVA, Dr. Ewald Wetscherek, ist auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats des privaten Versicherungskonzerns UNIQA, der stellvertretende Generaldirektor der PVA, Robert Freitag, ist Treuhänder des privaten Versicherungskonzerns Wiener Städtische. Beide Versicherungsgesellschaften vertreiben auch Lebensversicherungen und private Pensionsvorsorgeprodukte und sind direkt oder über Beteiligungen im Immobiliengeschäft tätig.

Welche Immobilien  der PVA wurden seit dem Fusionsbeschluss

a)     von der UNIQA oder einer ihr zuzurechnenden Gesellschaft angemietet oder gekauft?

b)     von der Wiener Städtischen oder einer ihr zuzurechnenden Gesellschaft angemietet oder gekauft?

c)      an die UNIQA oder die Wiener Städtische oder eine ihnen zuzurechnende Gesellschaft verkauft?

 

29). Zu den merkwürdigen Ereignissen rund um den Verkauf der Liegenschaft Rossauer Lände:

a)     Waren Sie bzw. Ihr Ministerium informiert  vom Bieterverfahren bzw. haben Sie dazu eine Stellungnahme abgegeben? Wenn ja welche?

b)     War der Hauptverband informiert vom Bieterverfahren bzw. hat er dazu eine Stellungnahme abgegeben? Wenn ja, welche?

c)      Waren Sie bzw. der Hauptverband informiert von der Entscheidung, ein Versteigerungsverfahren durchzuführen und haben Sie bzw. der HV dazu eine Stellungnahme abgegeben?

d)     Wie beurteilen Sie bzw. der HV die Entscheidung, dem Bieter R zu verkaufen?

e)     Wie beurteilen Sie bzw. der HV die Entscheidung der PVA, sich mit dem Bieter B zu vergleichen und dafür die Kosten  von € 100.000 zu übernehmen, obwohl  vorher eine unabdingbare  Schad- und Klagloserklärung hinsichtlich sämtlicher Ansprüche durch den Bieter R abgegeben wurde?

f)        Durch welche Maßnahmen hat sich die PVA die Abschlagzahlung „im Innenverhältnis“ vom Käufer R zurückgeholt?