3960/J XXIII. GP
Eingelangt am 27.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend diplomatische Immunität von Vladimir Vozhzhov
In der zur
Zahl 3369/AB (XXIII. GP) ergangenen Anfragebeantwortung durch die
Bundesministerin
für Justiz Dr. Maria Berger zu der schriftlichen Anfrage (3493/J) der
Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner,
Kolleginnen und Kollegen an die
Bundesministerin für Justiz betreffend diplomatische Immunität von
Vladimir
Vozhzhov hat die Bundesministerin für Justiz bestätigt, dass gegen
Vladimir
Vozhzhov ein Strafverfahren wegen des Verdachts des militärischen
Nachrichen-
dienstes für einen fremden Staat nach § 319 StGB in Österreich
anhängig war.
Dennoch wurde er - wegen
angeblicher (nachträglich von russischer Seite behaupteter)
diplomatischer Immunität - aus der
Untersuchungshaft entlassen und der
österreichischen Strafverfolgung entzogen.
Auf dem Boden
der österreichischen Strafrechts-Judikatur wäre aber in
Österreich
selbst aus einem (in casu ohnehin fraglichen) Nachweis einer wie auch immer
gearteten diplomatischen Akkreditierung (sei es in Österreich oder bei der
UNO)
rechtlich nichts zu gewinnen, sofern er Vladimir Vozhzhov der Spionage verdächtig
war, was die
Bundesministerin für Justiz ja in ihrer Anfragebeantwortung bestätigt
hat.
Denn das Oberlandesgericht Wien hat bereits
in anderen Fällen judiziert: "Eine
Akkreditierung gilt nur für die völkerrechtlich anerkannten Agenden. Dazu
sind
Spionagetätigkeiten nicht zu zählen. Es ist daher zwischen
offiziellen diplomatischen
Tätigkeiten und den neben diesen vom Beschuldigten entwickelten
nachrichten-
dienstlichen Tätigkeiten zu unterscheiden." (Entscheidung des OLG
Wien vom 25.
August 1998 zum Aktenzeichen 24 Bs 221/98; ebenso:
Mayerhofer/Hollaender, StPO,
Verlag Österreich, 5. Auflage, Entscheidung Nr. 6 zu § 61 StPO).
Damit erweist sich - soweit es um
den Verdacht von Spionagetätigkeit geht - jegliche
Berufung auf (angebliche) diplomatische Immunität
von Vladimir Vozhzhov als
rechtlich irrelevant. Denn selbst wenn er (was im gegenständlichen Fall
ohnehin
fraglich ist) ein akkreditierter Diplomat gewesen wäre, würde
ihn dies nach der bisher
herrschenden Judikatur nicht vor einer
Strafverfolgung wegen Spionage schützen.
Daher ergeht hiermit an die Frau Bundesministerin für Justiz die
ANFRAGE:
1.) Wenn Vladimir Vozhzhov
nachrichtendienstlicher Tätigkeiten verdächtig war und
nachrichtendienstliche Tätigkeiten nach
der zitierten Judikatur (OLG Wien, 25.
August 1998, 24 Bs 221/98,
Mayerhofer/Hollaender, StPO, Verlag Österreich, 5.
Auflage, Entscheidung
Nr. 6 zu § 61 StPO) nicht durch diplomatische Immunität von
der Strafverfolgung in Österreich
ausgenommen sind, wieso wurde der Genannte
dennoch enthaftet und der Strafverfolgung in Österreich entzogen?
2.) Welche Richter,
Staatsanwälte und Beamten Ihres Ministeriums waren mit der
Causa Vozhzhov befasst?
3.) Welche Beamten im
Bundesministerium für europäische und internationale
Angelegenheiten waren mit der Causa Vozhzhov
befasst?
4.) Werden Sie im Interesse einer
objektiven Überprüfung die Generalprokuratur beim
Obersten Gerichtshof mit der Prüfung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur
Wahrung des
Gesetzes gegen die solcherart rechtlich
fragwürdige Enthaltung und Verfahrens-
einstellung betreffend den Genannten befassen?
5.) Ist es zutreffend, dass auch
in diesem Zusammenhang mit dem gegen Vozhzhov
geführten Strafverfahren
sichergestelltes Beweismaterial freigegeben wurde?
6.) Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
7.) Welche Personen waren im
Zusammenhang mit Vladimir Vozhzhov noch der
nachrichtendienstlicher Tätigkeiten
verdächtig?
8.) Zu welchen
Aktenzahlen sind gegen diese Personen geführte Strafverfahren noch
anhängig?
9.) Wurde Vladimir Vozhzhov nach
der ihn treffenden Verdachtslage in Österreich auf
österreichischem Territorium (und nicht
etwa im Bereich der Wiener UNO-Niederlas-
sung) aktiv?
10.) Wurde Vladimir Vozhzhov in
Österreich auf österreichischem Territorium (und
nicht etwa im Bereich der Wiener
UNO-Niederlassung) festgenommen?
11.) Genoss Vladimir Vozhzhov in Österreich diplomatische Immunität?
12.) Wie konnte Vladimir Vozhzhov in
Österreich diplomatische Immunität genießen,
wenn dies der Republik Österreich
vorher gar nicht bekannt war?
13.) Ist
Ihnen die in JBl 1999, 677 sowie bei Mayerhofer/Hollaender,
Strafprozessordnung,
Verlag Österreich, 5. Auflage, Entscheidung Nr. 7 zu § 61 StPO,
veröffentlichte Entscheidung des
österreichischen Obersten Gerichtshofes bekannt,
derzufolge ohne vorherige Zustimmung des Empfangsstaates oder der betreffenden
Organisation eine diplomatische
Mission nicht rechtswirksam Zustandekommen kann?
14.) Haben
die Vereinten Nationen die (nachträglich von Russland behauptete)
angebliche
diplomatische Mission von Vladimir Vozhzhov vorher angenommen?
15.) Wenn ja, wann und mit welchem Rechtsakt?
16.) Wurde dies der
Republik Österreich - vor dem Strafverfahren gegen Vladimir
Vozhzhov — notifiziert?
17.) Ist eine Akkreditierung von
Vladimir Vozhzhov in Österreich erfolgt?
18.) Wenn ja, wann und durch wen?
19.) Kann
sich künftig jeder mutmaßliche Delinquent mit der
nachträglichen
Behauptung
diplomatischer Immunität einem Strafverfahren in Österreich
entziehen,
sofern er einen Entsendestaat findet, der
eine solche Behauptung mitträgt?
20.) Halten Sie es für dem
Rechtsstaat zuträglich, dass sich ausländische Verdächtige
mit fadenscheinigen nachträglich
vorgebrachten Behauptungen der Strafverfolgung
entziehen?
21.) Werden
Sie sich für die Fortführung bzw. Wiederaufnahme des Strafverfahrens
gegen
Vladimir Vozhzhov in Österreich einsetzen?