3994/J XXIII. GP

Eingelangt am 02.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Werner Neubauer, und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Schlepperskandal in Oberösterreich"

Oberösterreich wird aktuell von einer skandalösen Schlepperaffäre rund um den bekannten VP-Politiker Otto GUMPINGER erschüttert. In diese Affäre ist auch der berüchtigte Fremdenanwalt Helmut BLUM verwickelt. Das dieser Affäre zugrunde liegende Tatsachensubstrat ist den Strafverfolgungsbehörden bekannt und betrifft somit in diesem Rahmen das Ressort der Bundesministerin für Justiz.

Die "Kronen Zeitung" berichtete zur erwähnten Affäre am 7.2.2008 in ihrer oberösterreichischen Morgenausgabe auf Seite 12 unter dem Titel Linzer VP- Politiker soll auch ein "Opfer" des BKA-Direktors sein", dass das Bundeskriminalamt nicht nur die Schlepperaffäre geklärt habe, infolge derer der Linzer Ex-VP- Landtagsabgeordneten Otto Gumpinger in erster Instanz zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ist, sondern den Hauptverdächtigen gestoppt haben solle, als er - laut dem genannten Zeitungsbericht - Zeugen im Gefängnis besuchen und vermutlich zum Widerruf von Aussagen bewegen wollte.

Die Kronen Zeitung" schrieb dazu überdies in der genannten Ausgabe:

Der damals immune Politiker entging einer Verhaftung wegen Verdunkelungsgefahr, sorgte aber für Aufregung unter Polizeijuristen: Er besuchte die erwischte moldawische Reisegruppe in der Linzer Schubhaft. Er werde sich ja noch um seine Schäflein kümmern dürfen, wies er den Verdacht der Zeugenbeeinflussung zurück. Und präsentierte einen vorformulierten Widerruf, den seine verurteilte Reiseleiterin Tatjana S. (27) in der Zelle unterschrieben hatte: Sie hätte Gumpingers "Landlerhilfe" nie Geld gegeben. Beim Prozess stellte sie klar, wies gemeint war: Der Politiker hätte für jede illegale Ausreise 450 Euro kassiert und natürlich nicht einer seiner fünf Vereine, die in drei Jahren mit 5,3 Millionen Landeseuro gefördert worden waren. Diese Bombe platzte mitten in den Landtags-Wahlkampf 06: Laut Insidern sollte deshalb das Innenministerium dem Parteifreund angeblich helfen, dass Gumpinger mit seiner Hauptbelastungszeugin Tatjana S. in der Zelle reden darf. Doch das ermittelnde Bundeskriminalamt soll dazwischengefunkt haben. Auch das wird nun dementiert: Weder Innenminister noch BKA-Direktor hätten bei Justizgefangenen etwas zu sagen. Gumpinger gestand nur, die geschleppte Reisegruppe im Linzer Polizeigefängnis besucht zu haben."

Laut der "Kronen Zeitung" vom 14.09.2006 (Seite: 16, O.Ö., Morgenausgabe) - unter dem Titel Politiker im Gefängnis - aber nur auf Besuch" gestand Otto Gumpinger sogar ein, dass er einen Besuch bei Inhaftierten gemacht habe. In dem Bericht heißt es wörtlich:

"Ich hab die verurteilte Frau nie besucht", sagt dazu der VP-Politiker, leugnet aber nicht, Tatianas moldawische Reisegruppe in der Linzer Schubhaft besucht zu haben. Und damit für einige Aufregung gesorgt zu haben: Das ermittelnde Bundeskriminalamt wurde alarmiert, die Rechtsfrage erörtert, ob auch ein immuner


Landtagsabgeordneter als verdächtigter Drahtzieher aus dem Polizeigefängnis hinauskomplimentiert werden dürfte."

Die Tageszeitung "Österreich" vom 11.9.2007 (Seite: RO4, RO5, Ressort: Oberöster- reich) berichtete, dass Gumpinger die Schlepperei von 27 Moldawiern und die Verun- treuung von rund 18.000 Euro vorgeworfen wurde und dass im Strafverfahren acht Zeugen einvernommen wurden, darunter auch der Rechtsanwalt Helmut Blum, der Gumpingers Hauptbelastungszeugin Tatiana S. vertreten hat.

Die "Oberösterreichischen Nachrichten" berichteten in ihrer Ausgabe vom 15.9.2007 (Seite: 37, Ressort: Regional) unter dem Titel Schlepper-Affäre bringt auch Asyl- Anwalt in Schwierigkeiten" folgendes:

Die Menschenschieber-Affäre um Otto Gumpingers Verein "Landlerhilfe" bringt auch den bekannten Linzer Anwalt Helmut Blum in Schwierigkeiten. Er soll Gumpinger vertrauliche Aussage-Protokolle ausgehändigt haben.

In die Schlepper-Affäre schlitterte der Jurist im Sommer 2006. Die Polizei hatte einen jener von der "Landlerhilfe" organisierten "Reisebusse" angehalten und die Insassen wegen des Verdachts der Menschenschlepperei festgenommen.

Darunter auch die nunmehr rechtskräftig verurteilte moldawische Schlepperin Tatiana S., die vor Gericht Gumpinger schwer belastete. In ihrer U-Haft übernahm Blum die Verteidigung der Moldawierin und besprach mit ihr jene eidesstattliche Erklärung, mit der die Frau Gumpinger zunächst entlastete. "Es schien für mich so: Ich bekomme einen guten Anwalt, wenn ich gegen Gumpinger nichts Schlechtes sage und die Erklärung unterschreibe", sagte Tatiana im Gumpinger-Prozess aus. Als Verteidiger hatte Blum Einsicht in alle Akten. Der Staatsanwalt warf dem Juristen im Gumpinger- Prozess vor, vertrauliche Aussagen von S. dem Politiker "gesteckt" zu haben. Die Rechtsanwaltskammer hat wegen des Verdachts des Verstoßes gegen die anwältliche Verschwiegenheitspflicht ein Disziplinarverfahren eingeleitet. "Ich gehe davon aus, keine Standespflichten verletzt zu haben und ich werde die Vorwürfe entkräften", sagt Blum."

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage:

1.) Wurde jemals am Landesgericht Linz dem genannten VP-Politiker Otto GUMPIN- GER gestattet, Strafgefangene oder Untersuchungshäftlinge in der Zelle zu besuchen?

2.) Wurden dem Genannten andere Besuche von Strafgefangenen oder Untersuchungshäftlingen gestattet?


3.) Auf welcher Rechtsgrundlage?

4.) Wann hat der Genannte welche Besuche von Strafgefangenen oder Untersuchungshäftlingen in österreichischen Gefängnissen absolviert?

5.) In welcher Funktion?

6.) Hat Otto Gumpinger im Polizeigefängnis Besuche absolviert?

7.) Falls Sie sich dafür nicht unmittelbar ressortzuständig erachten: Ist den Strafverfolgungsbehörden etwas über einen Besuch Otto Gumpingers in einem Polizeigefängnis bekannt?

8.) Was genau?

9.) Was haben die Strafverfolgungsbehörden daraufhin unternommen?

10.) Wie ist der aktuelle Stand des Strafverfahrens gegen Otto Gumpinger?

11.) Welche Stellungnahme wird die Ihnen unterstehende Oberstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Linz gegenüber dem Rechtsmittel Otto Gumpingers abgeben?

12.) Wie lautet der Inhalt jener Stellungnahme?

13.) Ist diese Sache seitens der Oberstaatsanwaltschaft Ihnen gegenüber berichts- pflichtig?

14.) Wenn ja, ist in Ihrem Ressort ein diesbezüglicher Bericht (bis zum Stichtag Ihrer Anfragebeantwortung) eingelangt?

15.) Mit welchem Inhalt?

16.) Was hat Ihr Ressort daraufhin getan?

17.) Was genau hatte bzw. hat der genannte Rechtsanwalt Helmut BLUM mit dem Strafverfahren zu tun?

18.) Welche Beziehungen von Rechtsanwalt Helmut Blum mit dem mittlerweile verur- teilten Otto Gumpinger sind der Justiz bekannt?

19.) Hat der Rechtsanwalt Helmut Blum Unterlagen in dieser Causa bei Ihrem Ressort angefordert?

20.) Wenn ja, wann und welche?

21.) Ist Ihnen bzw. den Strafverfolgungsbehörden bekannt, ob der Rechtsanwalt Helmut Blum Unterlagen in dieser Causa bei einem anderen Ressort (z.B. BM.I oder Polizei) angefordert hat?


22.) Wenn ja, wann und welche?

23.) Hat der Rechtsanwalt Helmut Blum Unterlagen im Gerichtsverfahren Otto Gumpingers vorgelegt?

24.) Wenn ja, wann und welche?

25.) Vertritt oder vertrat der Rechtsanwalt Helmut Blum auch Arigona Zogaj in justiziellen oder justiziell aktenkundigen Verfahren?

26.) Gibt es oder gab es jemals Ermittlungen betreffend den Rechtsanwalt Helmut Blum?

27.) Wenn ja, wegen welcher Tatbestände und mit welchen (bisherigen) Ergebnissen?

28.) Ist Ihnen - als gesetzliches Aufsichtsorgan auch die Aufsicht auch über die Rechtsanwaltskammern bzw. deren Disziplinarbehörden führendes Organ - bekannt, ob ein Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt Helmut Blum anhängig ist?

29.) Wenn ja, wegen welchem disziplinarrechtlichen Tatbestand?

30.) Wie ist der aktuelle Stand dieses Disziplinarverfahrens?

31.) Wurde eine einstweilige Berufssperre während der Dauer der Disziplinarverfahrens verfügt oder übt Helmut Blum weiter die Rechtsanwaltschaft aus?

32.) Falls Ihnen nichts über ein derartiges Disziplinarverfahren bekannt ist, werden Sie sich darüber bei der betreffenden Rechtsanwaltskammer informieren und im Rahmen Ihrer Aufsichtsmöglichkeiten einschreiten, um dafür zu sorgen, dass die rechtssuchende Bevölkerung vor einem in derartige Machenschaften verstrickten Anwalt geschützt wird?

33.) Schritt der Rechtsanwalt Helmut Blum im Strafverfahren wegen der eingangs referierten Schlepperaffäre als Verteidiger der "Kronzeugin" Tatiana S. ein?

34.) Ist er in er Berufung als kostenloser Verfahrenshelfer tätig?

35.) Auf welchen Tatsachen beruht die Entscheidung der Beistellung einer kostenlosen Verfahrenshilfe?

36.) Wie wurden diese Tatsachen erhoben?

37.) Übergab laut der den Strafverfolgungsbehörden vorliegenden Aktenlage der Rechtsanwalt Helmut Blum im Zusammenhang mit dem Strafverfahren Otto Gumpingers seinem Kollegen Mittendorfer schon am 21. August den überraschenden Widerruf der Kronzeugin?

38.) Wie hat sich die Staatsanwaltschaft zu dieser Widerrufserklärung geäußert?


39.) Wurde von der Staatsanwaltschaft der Verdacht der Zeugenbeeinflussung geprüft?

40.) Gegen wen wurde diesbezüglich ermittelt?

41.) Ist es bei den Strafverfolgungsbehörden bekannt, dass die von Otto Gumpinger geleiteten Vereine öffentliche Mittel erhalten haben?

42.) Ist aus den Strafverfolgungsbehörden vorliegenden Unterlagen ersichtlich, in welcher Höhe (dem Vernehmen nach im Jahr 2004 rund 132.000 Euro, 2005 fast 200.000 Euro, 2006 145.000 Euro)?

43.) Sehen Sie diesbezüglich einen rechtlichen Aufklärungsbedarf für Finanzreferent Josef Pühringer?

44.) Sehen Sie diesbezüglich einen politischen Aufklärungsbedarf für Finanzreferent Josef Pühringer?

45.) Können Sie den Verdacht des strafbaren Tatbestandes des Subventionsmissbrauches in diesem Zusammenhang ausschließen?

46.) Wurde dieser Verdacht bisher von den Strafverfolgungsbehörden geprüft?

47.) Wenn ja, was wurde daraufhin veranlasst?