4128/J XXIII. GP
Eingelangt am 22.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Alexander Zach, Kollegen und Kolleginnen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend § 50a Abs 5 DSG (inF) als Gesetzesgrundlage für die automatisierte Erfassung und Auswertung von KFZ-Kennzeichen
Im „95-Punkte" Arbeitsplan 2008 der Regierung ist der Punkt „Verkehrsüberwachung" aufgelistet. Die Auseinandersetzung bzw. Umsetzung dieses Punktes ist für Juni geplant. Als Abstimmungsressort ist das Bundesministerium für Inneres vorgesehen.
Laut Aussage des Bundeskriminalamtes läuft seit einem Jahr ein Testbetrieb auf Autobahnen in Nieder-, Oberösterreich und Tirol. Die Kennzeichen werden von einer mobilen Kamera im Vorbeifahren digital erfasst und mit einer Datei verglichen, welche gestohlene Autos auflistet. Bei einem Treffer werde die Polizei benachrichtigt (http://futurezone.orf.at/it/stories/246312/).
Im Februar 2008 gab der niederösterreichische Sicherheitsdirektor Franz Prucher gegenüber ORFonline an, die von der ASFINAG zur Verkehrsüberwachung und Mautüberprüfung eingesetzten Kameras einschließlich der Section Control nun auch für die Jagd auf Verbrecher nutzen (http://noe.orf.at/stories/259138/).
Anfang April ging die Novelle zum Datenschutzgesetz in Begutachtung. Diese sieht in §50a Abs 5 DSG (inF) folgende Herausgabepflicht für private Inhaber von Videoaufzeichnungen an die Sicherheitsbehörden vor:
„9a. Abschnitt Videoüberwachung
Allgemeines
§ 50a. (1) Videoüberwachung bezeichnet die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes Objekt („überwachtes Objekt") betreffen, durch technische Bildaufnahmegeräte. Für derartige Überwachungen gelten die folgenden Absätze, sofern nicht durch andere Gesetze Besonderes bestimmt ist.
...
(5) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen Betroffener sind auch dann nicht verletzt, wenn durch Videoüberwachung aufgezeichnete Daten über eine Verwendung entsprechend den Abs. 2 und 3 hinaus an die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht übermittelt werden, weil beim Auftraggeber der begründete Verdacht entstanden ist, die Daten könnten
1. eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung dokumentieren, oder
2. der Abwehr oder Beendigung eines gefährlichen Angriffs dienen,
auch wenn sich die Handlung oder der Angriff nicht gegen das überwachte Objekt richtet. Die Befugnisse von Behörden und Gerichten zur Durchsetzung der Herausgabe von Beweismaterial und zur Beweismittelsicherung sowie damit korrespondierende Verpflichtungen des Auftraggebers bleiben unberührt.
In einer APA-Meldung vom 17.4.2008 sprach sich Innenminister Platter für sicherheitsbehördliche Ermittlungen Radarfotos und Daten der Section Control verwenden zu wollen: „Es wäre doch absurd diese Daten für Verwaltungsverfahren zu verwenden, nicht aber zur Fahndung und Aufklärung".
Mit der automatisierten Erfassung und Speicherung von KFZ-Kennzeichen wird eine systematische, räumlich weit reichende Sammlung von Informationen über das Bewegungsverhalten von Fahrzeugen und damit auch von Personen technisch und mit relativ geringem Aufwand möglich gemacht. Ein massiver Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen, insbesondere auf informationelle Selbstbestimmung ist die logische Folge.
Aber auch hinsichtlich der Kosteneffizienz ist die neue Maßnahme zu hinterfragen. Der Testbetrieb hat gezeigt, dass lediglich 0,4 Prozent der im vergangenen Jahr gestohlenen Autos dadurch gefunden worden seien. Dies steht zweifellos nicht im Verhältnis zum Grundrechtseingriff und lässt die Kennzeichenspeicherung und den automatischen Abgleich mit Fahndungslisten bereits am zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit scheitern.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Plant das Innenministerium den vom Bundeskriminalamt durchgeführten Testbetrieb, sprich die automatisierte Erfassung und Auswertung von KFZ- Kennzeichen und den Abgleich dieser Daten mit Fahndungslisten, flächendeckend, sprich auf allen Autobahnen in Österreich, einzusetzen?
2. Werden von diesem Plan zusätzlich Bundesstraßen betroffen sein?
3. Wenn ja, welche sind es und nach welchen Kriterien werden sie ausgewählt?
4. Wenn keine flächendeckende Überwachung geplant ist, auf welchen Autobahnen und sonstigen Straßen soll diese Überwachungsmaßnahme von den Sicherheitsbehörden eingesetzt werden?
5. Werden für diese Maßnahmen die ASFINAG-Kameras der Section Control, der Schnellfahrüberwachung (Radarboxen), der Mautüberwachung, der Verkehrssicherheitsüberwachung (etwa Tunnel-Kameras) benützt oder sollen zusätzliche Geräte angeschafft werden?
6. Mit welchen Straftatbeständen werden die so erfassten Daten abgeglichen?
7. Welches Gesetz bzw. welche Kombination von Bestimmungen dient als Grundlage für die automatisierte Erfassung und Speicherung von KFZ- Kennzeichen sowie den Abgleich dieser so erfassten Daten mit Fahndungslisten?
8. Dient die StPO (zB. § 149i StPO) als Rechtsgrundlage?
9. Dient das SPG (zB. § 54 Abs. 4b SPG) als Rechtsgrundlage?
10. Dient das DSG (zB. § 50a Abs 5 DSG (inF)) als Rechtsgrundlage?
11. Wie viele Autodiebstähle wurden von den Sicherheitsbehörden im Jahr 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland) registriert?
12. Wie viele Fahrzeuge wurden von den Sicherheitsbehörden im Jahr 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland) wieder aufgefunden?
13. In wie vielen Fällen waren die gestohlenen Autos mit elektronischen Wegfahrsperren ausgestattet, in wie vielen Fällen mit mechanischen (z.B. Lenkerbügel), in wie vielen Fällen mit Alarmanlagen, in wie vielen Fällen mit sonstigen Sicherheitseinrichtungen gegen unbefugte Inbetriebnahme? Aufgeschlüsselt für die Jahre 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland)?
14. Wenn als "Gelegenheitsnutzung" die unbefugte Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs verstanden wird, ohne erkennbare Absicht das Fahrzeug weiter zu verkaufen, ins Ausland zu bringen oder sonst wie wirtschaftlich zu verwerten. In wie vielen Fällen wurden die Fahrzeuge nach einer derartigen Nutzung mit leerem Tank bzw. einem sonstigen nicht mehr fahrbereiten Zustand wieder aufgefunden? Aufgeschlüsselt für die Jahre 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland)?
15. Wie viele Fälle wurden von den Sicherheitsbehörden im Jahr 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland) aufgeklärt (d.h. Täter ausgeforscht)?
16. In wie vielen Fällen handelte es sich um Täter, die die Fahrzeuge nur unbefugt in Betrieb nahmen, ohne Absicht das Fahrzeug durch Verkauf oder Transfer ins Ausland weiter zu verwerten? Aufgeschlüsselt für die Jahre 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland)?
17. In wie vielen Fällen handelte es sich um Täter, die die Fahrzeuge nur unbefugt in Betrieb nahmen, ohne Absicht das Fahrzeug durch Verkauf oder Transfer ins Ausland weiter zu verwerten? Aufgeschlüsselt für die Jahre 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Bundesland)?
18. Wie ist die Verteilung der Fahrzeugmarken bei den aufgefundenen und den nicht aufgefundenen Fahrzeugen? Anteile der jeweiligen Marken aufgeschlüsselt für die Jahre 2004/2005/2006/2007 (Fälle pro Jahr und Marken)
19. Wie viele Überwachungsanlagen waren im Rahmen des Testbetriebs in Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol in Betrieb? Aufgeschlüsselt nach Jahre des Testbetriebs und Bundesland.
20. Wo und in welchen Zeitabschnitten waren die Anlagen tatsächlich in Betrieb?
21. Wie viele gestohlene Autos wurden durch den Testbetrieb in Nieder- Oberösterreich und Tirol gefunden? Aufgeschlüsselt für die Jahre des Testbetriebs (Fälle pro Jahr und Bundesland)
22. Wie viele Fahrzeuge bzw. Fahrzeugkennzeichen wurden während dieses Testbetriebs registriert. Aufgeschlüsselt für die Jahre des Testbetriebs (Fälle pro Jahr und Bundesland)
23. Wie viele Fahrzeuge bzw. Fahrzeugkennzeichen wurden während dieses Testbetriebs identifiziert? Aufgeschlüsselt für die Jahre des Testbetriebs (Fälle pro Jahr und Bundesland)
24. Mit welchen Dateien und Datenbanken erfolgte der Abgleich der KFZ- Kennzeichen?
25. Abgesehen von gestohlenen Kraftfahrzeugen, welche sonstige Straftaten konnten durch den Testbetrieb aufgeklärt werden bzw. erbrachte die Überwachung entscheidende Hinweise zur Aufklärung? Aufgeschlüsselt nach Art der Straftaten, nach Art des Beitrags, pro Jahr und Bundesland.
26. Welche Verwaltungsübertretungen wurden im Zuge des Testbetriebes festgestellt und geahndet. Aufgeschlüsselt nach Art der Straftaten, nach Art des Beitrags, pro Jahr und Bundesland?
27. Welche sonstigen Delikte, etwa nicht bezahlte KFZ-Versicherungsbeiträge wurden durch die Überwachungen des Testbetriebs festgestellt und geahndet? Aufgeschlüsselt nach Art der Straftaten, nach Art des Beitrags, pro Jahr und Bundesland.
28. In wie viel Fällen kam es zu Anhaltungen von Kraftfahrzeugen, in wie viel Fällen zu Anzeigen und in wie viel Fällen wurden Kraftfahrzeuge sofort an Ort und Stelle an der Weiterfahrt gehindert? Aufgeschlüsselt nach Art der Straftat, nach Art des Eingriffs (Anhaltung, Anzeige, Verhinderung der Weiterfahrt, ...) pro Jahr und Bundesland.
29. Wie viele Autodiebstähle wurden durch den Testbetrieb in Nieder- Oberösterreich und Tirol aufgeklärt, sprich der Täter ausfindig gemacht? Aufgeschlüsselt für die Jahre des Testbetriebs (Fälle pro Jahr und Bundesland)
30. In wie vielen dieser Fälle handelte es sich um organisierte Diebstähle mit dem Ziel der Weiterverwertung oder des Weiterverkaufs des Fahrzeugs? Aufgeschlüsselt für die Jahre des Testbetriebs (Fälle pro Jahr und Bundesland)
31. In wie vielen Fällen stand der aufgespürte Fahrzeuglenker in einer Beziehung zum Fahrzeughalter des gestohlenen Fahrzeugs? Aufgeschlüsselt nach Bundesland und Art der Beziehung (Verwandter, Bekannter, Arbeitskollege, ...)?
32. Wie lang dauert es im Falle einer Alarmfahndung, dass Sicherheitsbeamte an bekannten Ausfallsstraßen (Autobahnen und hochrangige Bundesstraßen) der größeren Städte (Wien, Landeshauptstädte und Städte mit mehr als 35.000 Einwohner) Sicherheitsbeamte mit geeigneter Ausrüstung zur Identifikation und falls erforderlich auch zwangsweisen Anhaltung von Personen positioniert werden können. Aufgeschlüsselt nach Städte und Ausfallsstraßen. Sofern keine eindeutigen Werte angegeben werden können, Angaben von Minimal- und typischen Maximalzeiten und von bisherigen durchschnittlichen Erfahrungswerten, inklusive der Begründung der Voraussetzungen zum Erreichen der Minimal- und Maximalzeiten.