4131/J XXIII. GP
Eingelangt am 23.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Lunacek, Brosz, Weinzinger, Freundinnen und Freunde
betreffend „Das Reizwort Tibet wird gestrichen“ - Abstimmungsverhalten und Positionierung des ÖOC bei Versammlung der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) in Beijing
Am 9. April berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Web-Ausgabe unter dem Titel „Das Reizwort Tibet wird gestrichen“, dass es dem „mexikanischen Chef der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) gerade mit einem Handstreich gelungen [sei], ein Wort aus einer Deklaration der 205 Mitglieder zu streichen, das China zur Zeit gar nicht gern hört: das Wort „Tibet“ nämlich.“
Und weiter: „Demokratie nach Art des Hauses: Kurz vor Schluss der dreitägigen Versammlung der Nationalen Olympischen Komitees (NOK) [in Beijing, Anm.] zog Vázquez Raña eine Erklärung noch einmal hervor, welche die Versammlung am Montag per Akklamation verabschiedet hatte. Sie hatte schon auf Papier die Runde gemacht und sollte in dieser Form an diesem Donnerstag in ein Treffen mit der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) eingebracht werden: Der Beitrag des nationalen Unterbaus zu einer gemeinsamen Deklaration mit dem Spitzengremium. Thema: Olympische Spiele, Absage an einen Boykott und an politische Instrumentalisierung.
Anlass: Der Tibet-Konflikt, der nun in der Vorlage der NOK nicht mehr vorkommt. Der umstrittene Passus: ‚Die Versammlung vertraut darauf, dass die Regierung der Volksrepublik China eine faire und vernünftige Lösung der internen Konflikte finden wird, zum Wohle der Spiele und der Athleten.’ Vorher hatte es geheißen: ‚... eine faire und vernünftige Lösung des internen Konflikts, der die Region Tibet betrifft.’ ‚Es war mein Fehler’, räumte der Vorsitzende ein. ‚Der Text enthielt eine Einmischung in interne Angelegenheit eines Landes. Wir mussten Tibet herausnehmen.’ “
In einem Interview im Kurier am 4.4.d.J. hat indes der Vorsitzende des Österreichischen Olympischen Komitees, Leo Wallner, erklärt, dass „Tibet nichts mit Sport zu tun“ habe. Im selben Interview hielt er aber fest, dass es „damals eine politisch motivierte Entscheidung (war), die Spiele an China zu vergeben.“
Aus gegebenem Anlass stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende
ANFRAGE:
1) Ist Ihnen die Entscheidung des ANOC bekannt, den Verweis auf Tibet aus der Erklärung der ANOC zu streichen?
2) Ist Ihnen bekannt, wie das ÖOC sich bei dieser Abstimmung verhalten hat?
3) Wenn das ÖOC der Streichung des Verweises auf Tibet zugestimmt hat: Halten Sie diese Entscheidung für richtig, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ÖOC-Präsident Wallner selbst am 4.4.2008 festgehalten hat, dass es eine „politisch motivierte Entscheidung war, die Spiele an China zu vergeben“?
4) Teilen Sie die Meinung des ANOC-Vorsitzenden, dass die Erwähnung von Tibet in der ANOC-Erklärung „eine Einmischung in die internen Angelegenheiten“ von China war?
5) Planen Sie in Ihren – oder Staatssekretär Lopatka in seinen - Gesprächen mit dem IOC, das Thema Tibet im besondern und Menschenrechte sowie Medien- und Meinungsfreiheit in China im allgemeinen in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder einzubringen?
6) Was halten Sie von der Idee, dass das ÖOC und die österreichischen Sportverbände für die SportlerInnen und FunktionärInnen im Vorfeld der Olympischen Spiele und in Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen ein Informations-Angebot über die Menschenrechtssituation in China anbieten, etwa in Form von Workshops?
7) Wenn Sie diese Idee für sinnvoll erachten: Was haben Sie getan oder werden Sie tun, um diese Idee durchzusetzen?